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# taz.de -- Partnerschaft im Koma: Istanbul war gestern
> Die Städtepartnerschaft Berlin–Istanbul wird in diesem Jahr 25 Jahre alt.
> Gefeiert wird eher nicht. Immerhin reist jetzt eine Grupper Abgeordneter
> in die Türkei.
Bild: Bei den Protesten am 1. Gezi-Jahrestag brannte in Istanbul die Luft.
In einer 120-seitigen Broschüre sind die Feierlichkeiten zum 20. Jubiläum
der Städtepartnerschaft von Berlin und Istanbul dokumentiert. Und gefeiert
wurde das ganze Jahr über. Das war 2009. Sucht man jetzt, fünf Jahre
später, nach zum diesjährigen 25. Jahrestag geplanten Festakten, findet
man: nichts.
Die Website der für Städtepartnerschaften zuständigen Senatskanzlei
vermeldet noch mitten im Jubiläumsjahr verschämt: „Programm folgt“ und
verweist nur auf eine Ausstellung des August-Bebel-Instituts (ABI). Die
dokumentiert die Bürgerbewegung gegen die Bebauung des Istanbuler
Gezi-Parks, die vor einem Jahr in landesweiten Protesten gegen die
türkische Regierung mündete – und auch in Berlin zu Solidaritätsdemos
führte.
Dass es die brutale Niederschlagung dieser Proteste durch die türkischen
Behörden auch in der Partnerstadt Istanbul ist, die die Feierlaune dämpft,
sagt zwar niemand laut. Doch es liegt auf der Hand. „Andere Schwerpunkte“
hätten sich mittlerweile viele der OrganisatorInnen der Feierlichkeiten von
2009 gesetzt, sagt etwa Ingo Siebert, Leiter des August-Bebel-Instituts,
der als Mitbegründer des zum 20. Jubiläums gegründeten Vereins „Forum
Berlin Istanbul“ dazugehörte.
Auch die aktuelle Gezi-Ausstellung des ABI sei „keine offizielle
Veranstaltung im Sinne der Städtepartnerschaft“, so Siebert. Man wolle das
Thema aber „wach halten“, vor allem durch Veranstaltungen mit AktivistInnen
und UnterstützerInnen der Gezi-Proteste: „Wir sehen unsere Aufgabe in der
Förderung des Austausches mit der Zivilgesellschaft.“ Schön wäre es,
wünscht sich der Institutsleiter, „wenn auch von offizieller Ebene ein
deutliches Zeichen käme, dass Berlin die Demokratiebewegung in Istanbul und
der Türkei unterstützt“.
## Treffen in Istanbul
Dieses Zeichen zu setzen, hat Ralf Wieland ab Montag Gelegenheit. Der
Sozialdemokrat reist als Präsident des Abgeordnetenhauses mit dem Präsidium
in die Partnerstadt. Auch den Istanbuler Oberbürgermeister Kadir Topbas,
der zur regierenden AK-Partei gehört, werden die BerlinerInnen dort
treffen.
Er halte die aktuelle politische Situation in der Türkei nicht für eine,
die eine solche Reise unmöglich mache, sagt Wieland der taz: „Kommunizieren
kann man nur, wenn man sich trifft.“ Kritik werde er „so deutlich äußern,
wie man das im Rahmen einer Städtepartnerschaft machen kann und muss“.
„Eine Politik, die etwa politische Demonstrationen mit Terrorismus
gleichsetzt, ist hanebüchen“, so Wieland weiter. „Doch wir sollten nicht
vergessen, dass Menschen wie der spätere Berliner Bürgermeister Ernst
Reuter einst in der Türkei Schutz gefunden haben.“ Die gewachsenen
Verbindungen zwischen Istanbul und Berlin könne man nicht leichtfertig
kappen. Das Berliner Parlamentspräsidium will sich auch mit VertreterInnen
der Zivilgesellschaft treffen.
Ein Präsidiumsmitglied wird allerdings nicht dabei sein: Evrim Sommer. Die
Linke ist Tochter aus der Türkei geflüchteter Kurden, seit Generationen
werde ihre Familie in der Türkei verfolgt, sagt sie. Angesichts der
jetzigen politischen Situation dort sei eine Reise in die Türkei für sie
derzeit „inakzeptabel.“
6 Jun 2014
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Istanbul
Berlin
Gezi
Jubiläum
Istanbul
Städte
Gezipark
Schwerpunkt Türkei
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