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# taz.de -- Gedenken an den D-Day 1944: Tête-à-Tête in der Normandie
> Mit großem Pomp wird an die Offensive der Alliierten erinnert. Die
> Regierungschefs nutzen die Gelegenheit. Und die Bevölkerung schaut von
> Weitem zu.
Bild: Leonard Bloomfield, 93-jähriger britischer Veteran, besucht den Soldaten…
PARIS taz | An diesen Tag werden sich die Leute in Ouistreham und mehr als
100 anderen Orten an der normannischen Atlantikküste noch lange erinnern.
Fast wie an den historischen 6. Juni 1944, als die alliierten Soldaten dort
landeten, um die Deutschen zu vertreiben. 70 Jahre später war es eine ganze
Armada von Ehrengästen, Veteranen, Journalisten und Neugierigen, die in die
mit Fahnen der Siegermächte geschmückten Straßen einzogen.
Eine Million Besucher wurden zu der mit enormem Aufwand inszenierten
Kriegsfeier erwartet, die dem Völkerfrieden und der Versöhnung dienen
sollte. Denn auch deswegen waren die zahlreichen Regierungschefs aus
Großbritannien, Deutschland, den USA, aber auch aus der Ukraine und
Russland angereist.
Der Bedeutung der hoch prominenten Jubiläumsteilnehmer entsprach das
Aufgebot von 12.000 Vertretern der Polizei und Gendarmerie, des Militärs
und der Feuerwehr, die für die Sicherheit sorgten. Ohne speziellen
Passierschein gab es weiträumig um die Gedenkfeiern kein Durchkommen. Ein
Bewohner von Ouistreham, wo am Nachmittag die Hauptfeier stattfand, meinte
ironisch zu den Sicherheitsvorkehrungen: „Eigentlich feiern wir unsere
Befreier von 1944, heute aber fühlen wir uns wie in einer besetzten Zone.“
Auch ein Nachbar verpackt seinen Unmut in einen Witz: „Es ist für uns, wie
wenn eine Party bei uns zu Hause organisiert wird und wir selber nicht
eingeladen sind.“
Viele hätten nur zu gern wenigstens die für den Anlass leuchtend grün
gekleidete Queen von Nahem gesehen. Die britische Königin war unbestritten
Publikumsliebling beim Jubiläumsfestival in der Normandie. Sie konnte es
sich erlauben, sich zu zieren. Schon am Vormittag herrschte helle Aufregung
im Pressezentrum, weil sie angeblich keine Fotografen in ihrer Nähe dulden
wollte, die nicht im Anzug „korrekt“ gekleidet waren.
## Blutzoll der Zivilisten
François Hollande, der französische Gastgeber und Zeremonienmeister, gab
sich hingegen wie immer sehr bürgernah und zugänglich auf der ersten Feier
am Vormittag in Caen. Dort wurde der oft aus der D-Day-Chronik verschämt
ausgeklammerten Opfer der Zivilbevölkerung gedacht. 20.000 Menschen waren
vor allem bei alliierten Luftangriffen als „kollaterale Opfer“ der Schlacht
um die Normandie ums Leben gekommen.
Während die Gefallenen beider Seiten ihre Denkmäler und Ehrengräber auf
Soldatenfriedhöfen haben, wurde dieser Blutzoll der Zivilisten verdrängt.
Mit der Einweihung einer Gedenktafel im Memorial von Caen wollte Hollande
das wiedergutmachen. Er würdigte den Heldenmut der unbekannten zivilen
HelferInnen und Rettungsmannschaften und sprach vom Zwiespalt der „Tränen
der Freude und der Trauer“ bei der Landung.
Für Hollande selber war der ganze Rummel unübersehbar eine Offensive.
Seinen Mitarbeitern zufolge soll der Anlass zum „Markstein“ seiner
fünfjährigen Präsidentschaft werden. Über diesen mit dem Juliläumsmarathon
eingeleiteten Rückeroberungsversuch der verlorenen Gunst seiner Wähler
hatte die Zeitung Le Monde bereits gespottet: In Anspielung auf Steven
Spielbergs Kriegsfilm „Saving Private Ryan“ laute jetzt in der Normandie
das Motto: „Ein D-Day zur Rettung des Soldaten Hollande“. Und wie im Film
endete diese Geschichte mit einem Happy End.
## Putins Diplomatie
Zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vermittelte Hollande ein erstes
Zusammentreffen des russischen Präsidenten Russlands mit dem der Ukraine.
Wladimir Putin und Petro Poroschenko reichten sich nicht nur die Hand zur
Begrüßung. Sie sprachen auch fast eine Viertelstunde miteinander, als alle
am Mittag im Schloss Benouville auf den verspäteten Obama warteten.
Putin und der frisch gewählte Präsident der Ukraine sollen vereinbart
haben, in den nächsten Tagen die Diskussion über eine Feuerpause in der
Ostukraine fortzusetzen. „Im Zuge eines kurzen Gesprächs haben sich Putin
und Poroschenko für ein Ende des Blutvergießens im Südosten der Ukraine und
auch für ein Ende der Kampfhandlungen auf beiden Seiten ausgesprochen“,
sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Das war
mehr, als Hollande in seinen optimistischen Erwartungen erhoffen durfte.
Auch für Putin war die Reise ein Erfolg. Bereits am Donnerstagabend hatte
er in Paris den britischen Ministerpräsidenten David Cameron getroffen. Am
Freitag folgte ein einstündiges Gespräch mit Angela Merkel. Es war das
erste Treffen der beiden seit Beginn der Ukrainekrise. Während der
Unterhaltung habe Merkel an Putin appelliert, sich für eine „Stabilisierung
der Lage insbesondere in der Ostukraine“ einzusetzen, wie
Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte.
Nur zwischen US-Präsident Barack Obama und Putin lief es nicht ganz so
locker. In der Öffentlichkeit gingen die beiden demonstrativ auf Abstand.
Bei einem Gruppenfoto aller Staatschefs waren sie jeweils von Adligen
eingerahmt. Beim Auseinandergehen redete Obama intensiv mit Queen
Elizabeth, während Putin mit Hollande parlierte. Allerdings, so teilte das
Weiße Haus mit, habe es ein „informelles Treffen“ der beiden gegeben,
hinter verschlossenen Türen. So weit, dass sie sich vor Publikum die Hände
schütteln, sind Putin und Obama noch nicht.
6 Jun 2014
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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