# taz.de -- WM-Kolumne Ordem e Progresso: So werden wie Dante | |
> In Salvador, dem schwarzen Herzen Brasiliens, lebt die Begeisterung für | |
> den Fußball. Hier will man sich zeigen auf der Bühne des Weltfußballs. | |
Bild: Die Romantik des Straßenfußballs lebt. | |
SALVADOR taz | Der Straßenfußball lebt, jedenfalls in Salvador, das auch | |
den schönen Namen São Salvador de Todos os Santos trägt, heiliger Erlöser | |
von der Bucht der Allerheiligen. Nicht mal in Sichtweite von der einstmals | |
sehr katholischen Bucht spielen sie, Halbwüchsige in Flipflops, | |
ausgelatschten Fußballschuhen oder barfuß. Die Asche, auf der sie den | |
speckigen Ball treiben, ist rot, und die Tore sind windschief aus ein paar | |
Latten zusammengezimmert. | |
Die Plätze liegen neben der Schnellstraße, die vom Flughafen in die | |
Altstadt führt, sie sind Teil der Favelas in Salvadors Peripherie. Die | |
Fußballer sind alle schwarz, kein Weißer kickt hier in der tropischen | |
Schwüle der nordöstlichen Atlantikküste mit. Ihr Vorbild, das ist ja klar: | |
Dante, der den schönen Namen Dante Bonfim Costa Santos trägt. Er ist in | |
Salvador geboren und hat in seiner Heimat für Klubs wie Catuense Futebol, | |
Galicia EC, Capivariano FC und den EC Juventude gespielt. | |
Dante hat es geschafft – erst nach Europa und dann auf die ganz große Bühne | |
des Weltfußballs. Er ist Champions-League-Sieger und Mitstreiter in der | |
Seleção, die, so wollen es auch die Soteropolitanos, die Einwohner von | |
Salvador, Weltmeister werden soll. Nein: muss. Viele tragen das gelbe | |
Trikot der Seleção auf ihren Grillfesten und auch sonst. Wir schaffen es, | |
sagen sie. Es ist kaum vorstellbar, dass sie sich gegen die Copa stellen | |
werden; dass sie Zufahrten blockieren oder vorm Stadion, der neuen Arena | |
Fonte Nova, Rabatz machen. | |
Salvador ist anders als die Metropolen São Paulo oder Rio, wo die | |
Intellektuellen und der Mittelstand das Protestpotenzial ausloten und gegen | |
die WM mobil machen. Im schwarzen Herzen Brasiliens, wie es in Reiseführern | |
heißt, wird die WM bestimmt so ausgelassen gefeiert werden wie der berühmte | |
bahianische Karneval. | |
Im Stadtbild zeigt sich das Großereignis eher am Rande. An Flaggen und | |
Tafeln hat man ein bisschen gespart. Und an der Großleinwand, die sie an | |
der Uferpromenade im Stadtteil Barra aufgestellt haben, muss noch | |
geschraubt werden; der Charme des Unfertigen umweht das Eventgelände. | |
Aber die Idee ist großartig: Von einem alten Fort aus, das wie eine | |
Pfeilspitze in den Atlantik hineinragt, kann man die Spiele sehen. Die | |
Uferpromenade, die man rechtzeitig zum Höhepunkt aufgerissen hat, wird | |
freilich nicht mehr fertig, auch wenn Dutzende Blaumänner jeden Morgen | |
gegen acht losziehen, um die Wunde mit einer Betondecke zu schließen. | |
Das schlechte Timing nervt Rodrigo, der in meiner Pension Dienst schiebt am | |
Tresen. Das sei eben Dritte Welt, schimpft er, und beglückwünscht mich, sei | |
froh, dass du in so einem tollen Land wie Deutschland leben darfst. Hier, | |
in Brasilien, sei alles anders. Ein Blick über die Straße bestätigt das. | |
Eine Mutter und ihr etwa dreijähriger Sohn wühlen in einem blauen Müllsack | |
auf der Suche nach Essbarem. | |
11 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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