| # taz.de -- Nationalstolz in Rot-Weiß: Oh, wie schön ist Kroatien | |
| > Kaum ein Land ist so stolz auf sich wie die Republik an der Adria. Unter | |
| > dem Coach Niko Kovac dürfen im Nationalteam jetzt auch Migranten | |
| > mitspielen. | |
| Bild: Eduardo, erst verschmäht, nun die Hoffnung Kroatiens. | |
| Die Adria ist so blau wie sonst nirgends, die Häuser sind älter als in | |
| Griechenland und Italien, das Olivenöl ist güldener als das Gold der Inkas, | |
| der Rosmarin intensiver als die Rose von Gertrude Stein, die Lämmer zarter, | |
| als es das alte Testament zu beschreiben vermag, die Literatur und der Film | |
| so avantgardistisch, dass Beckett und Godard verblassen, und das | |
| Wasserballspiel wird noch vom hinterländischsten Bauer so elegant | |
| ausgeführt wie die Cabriole einer russischen Ballerina. | |
| Und so weiter und so weiter. Wer nicht in derartigen Superlativen über das | |
| Land spricht, das nur ein paar Kilometer breit ist und im Wesentlichen aus | |
| Kurven, Klüften, Kriegern und Kleinunternehmern besteht, ist | |
| Vaterlandsverräter. | |
| Es reicht auch nicht, zuzugeben, dass es durchaus erstaunlich ist, wer und | |
| was dort so alles herkommt: der Erfinder von allem (Nikola Tesla), das | |
| überflüssigste Kleidungsstück (Krawatte), der Entdecker Chinas (Marco | |
| Polo), die Mag-Lite (Ante Maglica), eine Hunderasse (Dalmatiner), das | |
| Brandenburger Tor und die Vereinten Nationen (Steine von der Insel Brac), | |
| Winnetou, Willi Millowitsch und Marusha. | |
| Die Liste bedeutender Persönlichkeiten, Sehenswürdigkeiten und | |
| Errungenschaften ist allerdings nie vollständig, immer geht noch | |
| irgendeiner oder irgendetwas. Reagiert man als Zuhörer irgendwann nicht | |
| mehr mit „ah“ und „oh“, wird man der westeuropäischen Arroganz geziehe… | |
| die die Leistungen der Kroaten bewusst verschweigt. | |
| Dass aber allein der Name „Hrvatska“ wegen des doppelten Konsonantenstaus | |
| für Westeuropäer unaussprechbar und die Bewohner wegen der „ic“-Endung | |
| ununterscheidbar sind, ist in Kroatien kein Argument. Denn sie haben sich | |
| in der Welt schon einen Namen im Kampf gegen die ganz Großen gemacht: Krieg | |
| gegen Slobodan Milosevic geführt, Bob Dylan wegen Volksverhetzung angeklagt | |
| und die Türken jahrhundertelang vom Grenzübertritt nach Westeuropa | |
| abgehalten. | |
| ## Jetzt auch mit Brasilianern | |
| Im Fußball bietet Kroatien die weltweit idiotischsten Fans (Michel | |
| Platini), einen Verteidiger, der wegen Singens faschistischer Lieder von | |
| der WM ausgeschlossen wurde (Josip Simunic), und das hässlichste Trikot der | |
| Welt (Schachbrett). Es bietet aber auch ein 3:0 gegen Staatsmitgründer | |
| Deutschland (WM 1998), die irrste Nachspielzeit gegen den Erbfeind Türkei | |
| (EM 2008) und etliche Spieler, die besser Deutsch als Kroatisch sprechen | |
| (der Österreicher Mateo Kovacic, der Schweizer Ivan Rakitic oder der | |
| Berliner Niko Kovac). | |
| Der eingebürgerte Brasilianer Eduardo war 2006 bester Spieler der | |
| kroatischen Liga und von allen großen Vereinen Europas umworben. Für die WM | |
| in Deutschland wurde er trotzdem nicht nominiert. Der Grund: seine | |
| Hautfarbe. Nun ist Kroatien EU-Mitglied und Eduardo und auch der ebenfalls | |
| eingebürgerte schwarze Brasilianer Sammir dürfen mit. Der Grund: der | |
| Trainer Niko Kovac. Der war bei der WM 2006 in Berlin gegen Brasilien Man | |
| of the Match. Verloren haben die Kroaten damals sehr knapp. | |
| Mit einem Eduardo geht das Spiel diesmal vielleicht anders aus. | |
| 12 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Doris Akrap | |
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