| # taz.de -- Politiker meets Babyboomer: Fröhlich sein mit de Maizière | |
| > Wie werden die heute Fünfzigjährigen später leben? Arbeiten, obwohl die | |
| > Hüfte kracht? Ein Innenminister muss das wissen. Und lädt zum Gespräch. | |
| Bild: Auch ein Babyboomer. Aber Jürgen Klinsmann hat grad besseres zu tun, als… | |
| BERLIN taz | Die einen haben Rücken, andere kriegen noch ein Kind. Manche | |
| haben beides zusammen. Egal, 50 ist ja heute kein Alter mehr. Fühlt sich an | |
| wie 40. Sagen zumindest viele von denen, die ein ganz besonderes Label | |
| verpasst bekommen haben: die Babyboomer. | |
| Nie zuvor und nie wieder danach wurden so viele Mädchen und Jungen in | |
| Deutschland geboren wie 1964, nämlich 1,4 Millionen. Heute macht die Gruppe | |
| derer, die zwischen 1957 und 1965 auf die Welt kamen, fast zehn Millionen | |
| Menschen aus. | |
| Die meisten von ihnen werden in etwa 15 Jahren in Rente gehen. Wie werden | |
| sie dann leben? Auf einem Niveau, das sie aus ihrem Erwerbsleben gewohnt | |
| sind? Oder mit schmaler Rente auf Hartz-IV-Niveau? Wollen sie zu Hause alt | |
| werden oder geht das auch im Pflegeheim? | |
| Solche Fragen stellen sich nicht nur die Babyboomer selbst. Solche Fragen | |
| stellt sich auch Thomas de Maizière (CDU). Als Innenminister muss der Mann | |
| wissen, wie das ist mit dem demografischen Wandel und den Ansprüchen der | |
| Betroffenen. Sind die bereit für ein Leben, das nicht mit 65 endet? Werden | |
| die noch weiter rackern, auch wenn die Hüfte kracht und der Tinnitus im Ohr | |
| in Dauerschleife pfeift? Oder schröpfen die gnadenlos die Rentenkasse? | |
| Darauf muss das Land vorbereitet sein. | |
| ## Eine Polizistin ist dabei und ein Gerontologe | |
| Wie erfährt man so was? Indem man mit den Leuten redet. Das hat sich auch | |
| de Maizière gedacht und am Dienstag neun Babyboomer in sein Ministerium | |
| nach Berlin eingeladen. Eine gute Stunde hat der CDU-Politiker mit ihnen | |
| gesprochen. Eine Polizistin war dabei, ein Handwerksmeister, eine Ökonomin, | |
| ein Geschäftsführer eines großen Unternehmens. Auch ein Gerontologe und | |
| eine „Türkin“ (de Maizière) sind nach Moabit gekommen. Menschen im Job, | |
| erfolgreich, abgesichert. | |
| De Maizière, der zehn Jahre älter ist als seine Gesprächpartnerinnen und | |
| -partner, hat von ihnen Erstaunliches gelernt. Die Babyboomer, sagt er | |
| später vor der Presse, seien so gut ausgebildet wie keine andere Generation | |
| zuvor. Und sie seien leistungsbereit und mobil. Das ist auch gut so. Denn | |
| die heute 50-jährigen Frauen werden durchschnittlich noch 37 Jahre leben, | |
| die heute 50-jährigen Männer noch etwa 33 Jahre, erklärt de Maizière. | |
| Es muss eine schöne Stunde gewesen sein, der Innenminister sagt, es sei | |
| „fröhlich“ zugegangen, die Babyboomer seien eine „zuversichtliche | |
| Generation“. Es ging um Ost und West, um Kitaplätze in der DDR und die | |
| Ein-Verdiener-Ehe in der Bundesrepublik. Um alte und junge Eltern und um | |
| Konfortzonen. | |
| ## Kabinen-Selfie mit Khedira | |
| Über die Zukunft und die Rente jedoch, über Wirtschaftsfragen und den | |
| Wohlstand in ein paar Jahren „haben wir nicht diskutiert“, sagt der | |
| Minister. Die Journalistenfrage nach der Rente mit 67 muss schließlich die | |
| eingeladene Ökonomin beantworten. Die Rückkehr zur Rente mit 63, sagt sie, | |
| habe sie überrascht: „Die wenigsten von uns werden mit 60 aufhören zu | |
| arbeiten.“ De Maizière steht am Pult, er ist fahl im Gesicht und sieht ein | |
| wenig gelangweilt aus. Er sagt Sätze wie: „In Sachen Rente ist Deutschland | |
| im internationalen Vergleich gut aufgestellt.“ | |
| Seine Gäste lehnen an der Wand des Presseareals und wirken wie bestellt und | |
| nicht abgeholt. Die frühere Hochsprung-Weltmeisterin und Olympiasiegerin | |
| Heike Henkel, auch eine Babyboomerin, sagt, dass „konkret kein Ergebnis | |
| rausgekommen“ sei. Und dass sie sich für ihre Kinder „eine gute Zukunft“ | |
| wünsche. | |
| De Maizière schaut sie an. Dann sagt er, dass er zum Achtelfinale der | |
| Fußball-WM nach Brasilien fährt. Und sich ein Kabinen-Selfie mit | |
| Nationalspieler Sami Khedira vorstellen kann. „Wenn er mich da ranlässt.“ | |
| 17 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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