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# taz.de -- Lukas Podolski abseits des Platzes: Prinz Scherzkeks
> Lukas Podolski gibt in Brasilien den Gute-Laune-Bär. Er scherzt, blödelt
> und albert, wo es nur geht. Poldi will Spaß haben – und wieder richtig
> jung sein.
Bild: Clown auf Jetski: Manche meinen, Lukas Podolski sei nicht als Spieler, so…
SALVADOR DA BAHIA taz | Prinz Peng ist gut drauf. Er ist im DFB der
Außenbeauftragte für gute Laune. Lukas Podolski, der Kölsche Jung, war ja
noch nie ein Miesepeter, aber derzeit läuft in der extrem durchgeplanten
und viel zu glatten Welt der Nationalmannschaft eine Poldi-Show mit hohem
Unterhaltungswert.
Der Prinz postet, er twittert, er stellt Selfies ins Netz. Und vor allem:
Er verbreitet gute Stimmung. Für Poldi ist Carnaval do Brasil. Der
29-Jährige ist abseits des Platzes sicherlich das Beste, was dem
Verwaltungsapparat des Deutschen Fußball-Bunds und seiner auf Kontrolle
getrimmten Presseabteilung passieren konnte, denn Poldi macht das Team, nun
ja, menschlich. Manche meinen, er sei nicht als Spieler, sondern als
PR-Experte berufen worden.
„Lukas Podolski sprüht vor Energie“, hat auch Jogi Löw erkannt. „Er hat…
geschafft, der Mannschaft neue Impulse zu geben.“ Klar, Poldi steht auch
als Spieler jederzeit bereit. Er sei immer in „Alarmbereitschaft“, auch auf
der Bank. In den WM-Vorbereitungsspielen wirkte Poldi wie aufgedreht, als
wolle er mit aller Macht auf den Fußballolymp stürmen. Seine Körpersprache
auf dem Platz verriet: Hey Jungs, auf geht’s, lasst euch hier mal bloß
nicht den Schneid abkaufen von irgendwelchen Rumpelfüßlern! Wir holen den
Pott, und sonst niemand!
„Wenn man keinen Bock hat, kann man direkt zu Hause bleiben“, sagt er. Ist
klar: Poldi hat Bock auf WM. Und wie. Die Nationalmannschaft, für die er
seit 2004 kickt, ist eine Ersatzfamilie für ihn. Der in Gliwice, Polen,
geborene Kicker mag diese WG-Atmo. Rumdödeln mit den Kumpels. Infantilen
Scheiß machen. „Man ist immer froh, wenn man hierhin kommt, weil man viele
Leute kennt und sich hier wohlfühlt.“ Das hat er vor sieben Jahren gesagt.
## Simple und durchschlagende Botschaft
Und heute? Sagt er exakt das Gleiche. Alles Supi in der Nati mit Poldi und
Schweini und Jogi. Das ist die ebenso simple wie durchschlagende Botschaft,
die der Profi des FC Arsenal London verkündet. Auf allen Kanälen. Mit
Grinsegesicht und Trallala. Höhepunkt seines Schaffens in der Welt der
Social Media war natürlich das Kabinenbildchen mit einer beglückten
Kanzlerin nach dem Portugal-Spiel in Salvador. Es war ein Schnappschuss mit
Ansage.
Aber Poldi ist auch in anderen Grinse-Zusammenhängen zu sehen: Wie er mit
einem kleinen Pataxó-Indiokind auf einem Fußballplatz in Santo André steht.
Wie er Schulkinder im selben Ort oder in Santa Cruz Cabralia besucht, und
wie sich die Kleinen beseelt an ihn schmiegen, an den Fußballhelden vom
ganz anderen Stern. Wie er am Strand vorm Quartier der Mannschaft mit
Einheimischen posiert.
Und dann ist da noch der Bilderwettstreit mit Bastian Schweinsteiger. Poldi
knipst den schlafenden Schweini etwas unvorteilhaft im Flieger nach
Brasilien. Schweini revanchiert sich mit einem Foto des schlafenden Poldi
im Quartier. Richtig, das alles ist von herzerweichender Banalität.
Aber Poldi und Schweini liefern damit in erster Linie Reminiszenzen an das
Sommermärchen von 2006 und den Confed Cup ein Jahr zuvor, als Poldi und
Schweini ihre mediales Coming-out hatten und auch diese Zeitung schrieb:
„Poldischweini wirken mit Aussagen wie ’Wenn man Erfolg hat, ist immer
schön‘ possierlich, ein bisschen doof, aber tierisch nett. Der
Intellektuelle ist amüsiert. Der gemeine Fußballkonsument freut sich, dass
er selbst wahrscheinlich viel eloquenter vor der Kamera wirken würde, und
verbucht einen Distinktionsgewinn.“
## Das Neue im deutschen Fußball
Damals standen die beiden für das Neue im deutschen Fußball, der plötzlich
frisch und unterhaltsam war. Jetzt, als Veteranen in der Auswahl, blödeln
sie sich noch mal in die Vergangenheit, auch in der Hoffnung, alles möge
noch ein bisschen besser laufen als damals.
Sie wurden ja beide etwas von der Gegenwart eingeholt. Der Kicker machte
nach der für Podolski enttäuschenden EM 2012 eine Trendwende in seiner
Nationalmannschaftskarriere aus und wollte in Poldi „ein Relikt von
gestern“ erkennen. Die Zeit sah in ihm „das erste innerdeutsche Opfer des
deutschen Fußballbooms“. Aber so weit ist es doch noch nicht gekommen.
Poldi sträubt sich mit Vehemenz gegen das Unvermeidliche. Bevor er zum
„Opfer“ verkommt, gibt Poldi lieber den Scherzkeks und Alleinunterhalter.
Das gefällt nicht allen. Vor allem seine professionelle Unbedarftheit, mit
der er im Netz unterwegs ist, ist Stein des Anstoßes. Für seine letztlich
ironischen Auftritte mit Rinderherz (Adidas-Werbung) und Militärpolizei (im
Lager) hat er viel mediale Haue bekommen. Und man darf auch fragen, warum
Poldi dem WM-Ball Brazuca, der auf Twitter einen Account unterhält, zum
millionsten Follower gratuliert. Das ist alles ein bisschen gaga. Aber
Prinz Peng kann derzeit nicht anders.
21 Jun 2014
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Lukas Podolski
Pr
Deutscher Fußballbund (DFB)
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