# taz.de -- Geisterhafen an der Jade: Kein Schiff wird kommen | |
> Jade-Weser-Port droht erneuter Rückschlag: Reedereikonsortium, das den | |
> Hafenumschlag verzehnfachen sollte, ist nach Einspruch aus China vom | |
> Tisch. | |
Bild: Hätten sie sich wohl auch sparen können: Chinesische Arbeiter laden Con… | |
WILHELMSHAVEN taz | Es könnte der Todesstoß für den Jade-Weser-Port in | |
Wilhelmshaven sein. Als am Dienstag bekannt wurde, dass das chinesische | |
Handelsministerium als Kartellbehörde die enge Zusammenarbeit der | |
Großreedereien Maersk (Dänemark), CMA CGM (Frankreich) und MSC (Schweiz) zu | |
einem „P3“ genannten Verbund untersagte, zerstoben in Wilhelmshaven alle | |
Hoffnungen darauf, die katastrophale Auslastung des Tiefseewasserhafens in | |
absehbarer Zeit zu verbessern. | |
Denn die nun nicht zustande kommende Allianz hatte im Vorfeld signalisiert, | |
Wilhelmshaven in ihre Fahrpläne aufzunehmen. Wöchentlich sollte der Hafen | |
von zwei P3-Containerschiffen angelaufen werden. Die hätten den bislang | |
katastrophalen Umschlag von nur 76.000 Standardcontainern (TEU) im vorigen | |
Jahr mehr als verzehnfacht: auf rund eine Million Container. Zum Vergleich: | |
Als der Jade-Weser-Port (JWP) 2012 in Betrieb ging, prognostizierte | |
Betreiber Eurogate einen Jahres-Umschlag von 2,7 Millionen Boxen. | |
Das chinesische Ministerium begründete sein Veto in einer Erklärung damit, | |
dass der neue Verbund auf der Asien-Europa-Route einen Marktanteil von 47 | |
Prozent besessen und eine solche Konzentration anderen Reedereien geschadet | |
hätte. Denn auch schon ohne das neue Kartell haben die chinesischen | |
Reedereien Cosco und China Shipping, Nummer fünf und neun der Welt, zuletzt | |
kräftig rote Zahlen geschrieben. | |
Da das Ministeriums-Nein bedeutet hätte, dass Containerfrachter des | |
geplanten P3-Verbundes die chinesischen Häfen nicht hätten anlaufen dürfen, | |
ließen die drei miteinander verlobten Reedereien ihre Elefantenhochzeit | |
sofort platzen – und damit auch die Wilhelmshavener Träume von einem | |
maritimen Aufschwung. | |
Bis zuletzt hatten Eurogate und die zuständigen Ministerien in Bremen und | |
Hannover ganz auf die Karte P3 gesetzt, um den Wilhelmshavener Geisterhafen | |
doch noch zum Erfolgsmodell zu krönen. „Der Zeitpunkt, auf den wir alle | |
hoffen“, nannte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) den für | |
Herbst erhofften Beginn der Kooperation mit P3. Doch diesen Zeitpunkt wird | |
es nun nicht geben. „Wir sind enttäuscht“, räumt Lies zerknirscht ein. | |
„Wir werden jetzt auf die drei Reedereien einzeln zugehen“, sagt | |
Eurogate-Sprecherin Corinna Romke am Tag nach der geplatzten Fusion, | |
während Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) sich in | |
Durchhalteparolen übt: Trotz dieser Entscheidung habe auch der | |
Jade-Weser-Port „gute Perspektiven“. Worauf Günthner seine Zuversicht | |
gründet, bleibt aber sein Geheimnis. | |
Schlechte Perspektiven gibt es erst einmal für knapp 400 Arbeitsplätze, die | |
nur noch für ein Dreivierteljahr gesichert sind. „Für uns ist erneut ein | |
Traum geplatzt“, kommentierte Volker Göhlich, Betriebsratsvorsitzender der | |
Betreibergesellschaft Eurogate die Nachricht aus China. | |
Ende März hatten Eurogate und die Gewerkschaften eine Vereinbarung | |
geschlossen: Die Beschäftigten verzichteten auf Weihnachts- und | |
Urlaubsgeld, Eurogate sicherte im Gegenzug zu, bis März 2015 keine | |
Kündigungsschreiben zu verschicken. Bereits seit März 2013 sind rund 300 | |
Beschäftigte in Kurzarbeit, etwa 50 JWP-Mitarbeiter arbeiten vorübergehend | |
auf den Terminals in Bremerhaven und Hamburg. | |
Dort knallten hingegen die Korken, als das Fusionsverbot bekannt wurde. | |
Nutznießer der geplanten Allianz könnte vor allem die Reederei Hapag-Lloyd | |
sein, die nach der laufenden Fusion mit der chilenischen CSAV die Nummer | |
vier unter den Containerreedereien sein wird. | |
Das Unternehmen wollte sich am Mittwoch „zu Angelegenheiten von | |
Mitbewerbern nicht äußern“. Klar aber ist: Durch die Koordinierung von | |
Schiffen und Fahrplänen und weitere Synergien hätten drei Reederei-Giganten | |
die Frachtraten – also die Preise für den Transport eines Containers – | |
weltweit noch weiter senken können. | |
Auf den von ihnen weitgehend kontrollierten Asienrouten sind diese seit | |
Jahresbeginn um zwölf Prozent auf den historischen Tiefstand von rund 1.500 | |
Euro pro Box gefallen. Maersk hatte mehrfach verkündet, mit Dumpingpreisen | |
Konkurrenten aus dem Asiengeschäft verdrängen zu wollen – ein Plan, dessen | |
Umsetzung im Verbund noch mehr Chancen gehabt und auch Hapag-Lloyd unter | |
Druck gesetzt hätte. | |
18 Jun 2014 | |
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