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# taz.de -- Fête de la Musique in Berlin: Die Gema verdirbt den Spaß
> Vor der diesjährigen Fête de la Musique fordert die Gema rund 4.000 Euro
> mehr Lizenzgebühren ein als kalkuliert – Geld, das die Veranstalter nicht
> haben.
Bild: Von wegen umsonst: So schön kann Musik unter freiem Himmel sein. Auf der…
BERLIN taz | Punk, Klezmer, Posaunenchöre, all das und noch viel mehr wird
es auch auf der diesjährigen Fête de la Musique zu hören geben. Auf
sagenhaften 111 Bühnen wird in Spandau genauso wie in Friedrichshain
musiziert und an Straßenecken und Hauseingängen noch dazu. Sogar bekannte
Acts wie Element of Crime und Caribou wird man heute kostenlos erleben
können. Die Fête de la Musique, die seit 1995 immer am 21. Juni zum
Sommeranfang auch in Berlin stattfindet, ist eine wahre Erfolgsgeschichte
und trotzdem sitzt die Fête-Organisatorin Simone Hofmann in ihrem kleinen
Büro in Mitte und hat, ein paar Tage vor dem Fest, nur mittelprächtige
Laune. Der Grund ist ein, so nennt sie das: „Hickhack mit der Gema“, der
deutschen Verwertungsgesellschaft, die die Urheberrechte von Musikern
vertritt.
Streitereien mit der Gema sind nichts Ungewöhnliches, einige Rechtsanwälte
haben sich sogar auf sie spezialisiert. Jeder Kneipenbesitzer, der sein
Etablissement mit Musik beschallt, hat sich schon mal mit der Organisation
und deren Forderungen auseinandersetzen dürfen, die nur selten
Begeisterungsstürme auslösen. Und als die Gema vor zwei Jahren eine
umfassende Gebührenreform präsentierte, gingen Berliner Clubs auf die
Barrikaden, manche drohten gar ganz zu schließen, weil sie die Erhöhung der
Abgaben, die die Gema für sie ankündigte, unverschämt fanden.
In der Berliner Party- und Nachtlebenszene ist die
Urheberschutzorganisation spätestens seit diesem Zeitpunkt ungefähr so
beliebt wie die Fifa in einer Favela in Rio de Janeiro. Nicht wenige würden
sogar sagen, im Vergleich zur Gema ist die Fifa eine vorbildlich geführte
und transparente Organisation, der es kaum um eigene Interessen geht.
Dass die Gema zumindest aber ein schrecklich unflexibler Beamtenapparat
ist, der einen mit schrecklich gespreiztem Beamtendeutsch traktieren kann,
das lässt sich seit kurzem auf der Homepage der Fête de la Musique
nachlesen. Simone Hofmann hat ihren Briefwechsel und Emailverkehr mit der
Gema aus den vergangenen zwei Jahren, die die Auswirkungen der angedachten
Gema-Gebührenreform auf ihre eigene Veranstaltung zum Inhalt haben,
kurzentschlossen öffentlich gemacht. „Ich nehme das sportlich“, erklärt
Simone Hofmann ihre Initiative, „und ich werde auch weiter mit der Gema
diskutieren.“
Hofmanns wesentliches Problem ist, dass sie bei der Betreuung eines
komplett von öffentlichen Geldern finanzierten Festivals Planungssicherheit
braucht. Der Großteil der 84.000 Euro, über die sie verfügt, kommt vom
Berliner Senat, ein kleinerer Teil von der Klassenlotterie, beantragt
werden muss die Finanzierung lange vorher. Die Abgaben an die Gema wurden
für dieses Jahr mit ungefähr 6.500 Euro bilanziert, der Schriftverkehr, den
Hofmann veröffentlicht hat, lässt nachvollziehen, dass diese Einschätzung
gut begründet ist.
Nun will die Gema aber dieses Jahr kurzfristig ungefähr 4.000 Euro mehr von
der Fête de la Musique haben. Wie sie das begründet, lässt sich auch recht
hübsch in dem Schriftverkehr nachlesen. Da ist dann viel die Rede von
„Lizenzvergütungen“, „Best-Practice-Regelungen“ und ähnlichen
Kauderwelschformulierungen, für die man ein abgeschlossenes Studium im Fach
„Gema“ benötigt. „Sexy finde ich das alles auch nicht, aber wenn ich
mitreden will, muss ich mich mit dem, von was da die Rede ist, auskennen“,
sagt Simone Hofmann. Jedenfalls hat sie dieses geforderte Geld nicht und
nachträglich kann sie beim Senat keine zusätzliche Förderung beantragen.
Das ist die aktuelle Situation.
„Ich habe zur Gema gesagt: Ihr solltet euch doch freuen, wir machen
Nachwuchsförderung“, erzählt Simone Hofmann, auf der Fête treten
schließlich viele junge Talente auf, die später vielleicht einmal
Gema-Mitglieder werden. Außerdem habe sie der Verwertungsgesellschaft
mitgeteilt, dass das französische Pendant zur Gema bei den
Fête-Veranstaltungen im Nachbarland gar keine Gebühren verlangen würde.
Aber auch diese Argumente haben bislang nichts gebracht.
Überhaupt kann man sich nach dem Lesen der Gema-Schreiben nicht vorstellen,
dass da plötzlich doch noch irgendeine unbürokratische Lösung des Konflikts
hervorgezaubert wird. Da wird wahrscheinlich keiner sagen: Ach, herrlich,
da treten Kinderchöre auf und selbst in den traurigsten Berliner Bezirken
fangen sie an diesem einen Tag im Jahr gemeinsam das Musizieren an – also
wollen wir doch einfach mal ein Schlupfloch finden für die Fête de la
Musique.
Jetzt soll es erst mal trotz des Ärgers um das Eigentliche, um die Musik
gehen, so Simone Hofmann, die einem noch schnell eine gerade reingekommene
Presseerklärung des theaterpädagogischen Zentrums Kreativhaus rüberreicht,
das kurzfristig auch noch an der Fête teilnimmt. Das Programm mit einer
Schüler-Brassband und dem Auftritt einer Harfenistin findet Simone Hofmann
ganz rührend.
Das Wetter, das über den Erfolg einer Fête de la Musique mitentscheidet,
soll heute zumindest auch nicht durchgehend schlecht sein.
21 Jun 2014
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Berlin
Musik
Gema
Festival
Straßenmusik
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