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# taz.de -- Fête de la Musique 2009: Lizenzfreies Spiel
> Bei der 15. "Fête de la Musique" kann am Sonntag jedermann öffentlich
> laut musizieren. Leise darf man das immer.
Bild: Lizenzfrei auf der Straße Tanzen geht auch
Changa spielt seit einer Stunde Bob-Marley-Songs. Vom Reggae zeugt auch
sein Outfit: rot-gelb-grüne Schnürsenkel, ein gleichfarbiger Gürtel und
Dreadlocks, doch kein Jamaikaner. Zum frühen Abend hat sich der Simbabwer
mit seiner Gitarre auf dem Hackeschen Markt postiert. Dazu singt er "No
woman, no cry".
Am Sonntag sind Hobby-Musiker aller Couleur wieder ganz offiziell
eingeladen, auf den Straßen Krach zu machen. Denn beim Musikfestival "Fête
de la Musique", das traditionell am 21. Juni veranstaltet wird, gibt es
nicht nur 76 Open-Air-Bühnen (siehe Kasten). Eine Generalgenehmigung
erlaubt von 16 bis 22 Uhr berlinweit Auftritte mit akustischen
Instrumenten.
Doch an normalen Tagen kann Changa einfach losspielen. Eine Genehmigung
braucht er dafür nicht. "Das ist ja eine künstlerische Darstellung", sagt
ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes Mitte. "Solange man kein Klavier dahin
rollt, alle halbe Stunde seinen Standort wechselt und die Anwohner nicht
belästigt werden", sei alles okay.
Für die Gäste des Restaurants "Rocco" ist Changas Gesang alles andere als
eine Ruhestörung. Ein älteres Ehepaar fotografiert den afrikanischen
Troubadour, andere Gäste verleihen ihrer Freude finanzielles Gewicht. Sie
werfen Geld in seine tarnfarbene Mütze, mit der er nach der Darbietung
durch die Reihen geht. Der Kellner spendiert ein Bier.
"Am Wochenende bekommt man viel, da sind die Leute spendierfreudiger", sagt
der 35-Jährige. "Und wenn ich statt meiner traditionellen Lieder Coverhits
spiele, geben sie auch mehr, weil sie die Lieder kennen." Zudem sei es eine
gute Möglichkeit, um sich auszuprobieren, ohne die Nachbarn zu stören.
Andere stellen ihr musikalisches Talent im Untergrund unter Beweis. Einer
von ihnen ist der ukrainische Pensionär Jewgeni. Seit sechs Stunden sitzt
er auf einem kleinen Hocker in der Unterführung am Halleschen Tor und
interpretiert Mozart auf seiner Gitarre. Ein junger Mann in Trainingshose
eilt vorbei und starrt auf die Münzen, die auf Jewgenis Gitarrentasche
liegen. "Wenn ich vier Tage spiele, reicht es für die Miete. An den freien
Tagen gehe ich dann ins Museum", sagt Jewgeni. Früher hat der 55-Jährige in
einer Militärkapelle gespielt, heute verdient er sich das Geld, um Europa
zu bereisen.
Der Auftritt in einer zugigen U-Bahn-Unterführung ist allerdings teurer als
oberirdisch. Denn dafür ist eine Lizenz der BVG notwendig. Die gilt eine
Woche lang für einen der rund 50 ausgewählten Standorte. Die beliebtesten
sind der Alexanderplatz und der Potsdamer Platz. Die Plätze werden im
U-Bahnhof Rathaus Steglitz zugewiesen. Für 6,60 Euro pro Tag -
U-Bahn-Ticket inklusive. "Hauptsache, die Bahnhofsdurchsagen werden von der
Musik nicht beeinträchtigt", sagt Petra Reetz, Sprecherin der BVG. Deshalb
sind auch Dezibel-intensive Instrumente wie das Schlagzeug nicht
zugelassen. Krachmacher müssen halt zur "Fête de la Musique" gehen.
19 Jun 2009
## AUTOREN
Ulrike Dimitz
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