# taz.de -- Kommentar Diätenerhöhung: Gauck hat recht | |
> Die Kritik des Bundespräsidenten an der geplanten Diätenerhöhung ist | |
> berechtigt und notwendig. Die Mehrheit des Parlaments liegt falsch. | |
Bild: Macht gerne mal den Mund auf: Joachim Gauck. | |
Der Verdacht des Populismus liegt nahe, wenn der Bundespräsident | |
verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Diätenerhöhung zu erkennen gibt. | |
Kritik an Bezügen von Politikern kommt ja immer gut an - und Joachim Gauck | |
ist dafür bekannt, öffentlichen Beifall zu schätzen. Dennoch ist in diesem | |
Falle der Vorwurf ungerecht, er heische billigen Applaus. Der Fehler liegt | |
bei der Parlamentsmehrheit – und die Frage ist, ob diese Mehrheit | |
unverzeihlich ignorant oder einfach nur dreist war. | |
Das Bundesverfassungsgericht hat 1975 klar geurteilt: Diäten dürfen nicht | |
an die Beamtenbesoldung gekoppelt werden. Damals haben die Richter | |
besonderen Wert auf Transparenz gelegt und deshalb festgelegt, dass jede | |
Änderung der Diäten öffentlich – also vom Plenum des Bundestags – | |
beschlossen werden muss. | |
Man kann dieses Urteil für falsch halten. Darum geht es aber nicht. Der | |
Richterspruch gilt bis heute. Er steht im Widerspruch zu dem Gesetz, das | |
Bundespräsident Gauck jetzt unterzeichnen soll und das vorsieht, die Diäten | |
ab 2016 an die Entwicklung der Bruttolöhne anzupassen. Den | |
Orientierungsrahmen bildet die Besoldung von Bundesrichtern. | |
Wer sich für das Diätenurteil von 1975 interessiert, muss nicht lange | |
danach suchen. Hinweise finden sich auf Wikipedia, aber pikanterweise sogar | |
auf der Homepage des Deutschen Bundestages. Und kein Büroleiter von | |
Abgeordneten der Großen Koalition, auch keine Fraktionsjuristin hat dort | |
mal nachgeschaut, ob diese nette Erhöhung der Bezüge eigentlich in | |
Übereinstimmung steht mit geltenden Gesetzen? Niemand hat einen | |
entsprechenden Arbeitsauftrag erteilt? Aufschlussreich. So benehmen sich | |
Leute, die davon überzeugt sind, dass ihnen sowieso keiner was kann. | |
Das gilt derzeit für die Parlamentsmehrheit. Unter diesen Umständen fällt | |
es kaum noch ins Gewicht, dass der Bundespräsident immerhin ein Vierteljahr | |
darauf warten musste, dass ihm das vom Bundestag verabschiedete Gesetz | |
endlich zugestellt wurde. Der Bundesrat hat der Vorlage vor zwei Monaten | |
zugestimmt. Dem Staatsoberhaupt sollten fürs Abnicken gerade mal ein paar | |
Tage bleiben. | |
Was für eine Respektlosigkeit. Nicht nur gegenüber Joachim Gauck. Sondern | |
vor allem gegenüber den Institutionen des Rechtsstaates. Die Gegenwehr des | |
Bundespräsidenten ist berechtigt und notwendig. | |
29 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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