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# taz.de -- Propaganda-Alphabet aus Sibirien: P für Putin
> Im sibirischen Irkutsk sollten Kinder mit dem „freundlichen Alphabet“
> Vaterlandsliebe lernen. Die Stadtverwaltung hat es inzwischen als
> „Agitpropaganda“ verboten.
BERLIN taz | Wenn kleine Kinder lesen lernen, assoziieren sie die neu
gelernten Buchstaben mit ihnen vertrauten Gegenständen. A kann dann für
Apfel stehen, B für Bär und C für Computer. Nicht so im sibirischen
Irkutsk. Dort hat eine Gruppe junger Aktivisten des Kreml-nahen Netzwerks
Setj („Netzwerk“) [1][ein alternatives Abc] zur Erlernung des kyrillischen
Alphabets ausgearbeitet und als Lehrmaterial in Schulen vorgeschlagen. Nun
wurde das Projekt von der Stadtadministration Irkutsk zu „Agitpropaganda“
erklärt und Anfang Mai verboten.
Die jungen Aktivisten von Setj bezeichnen das sogenannte Freundliche
Alphabet (Weschliwaja Asbuka) als politisch korrekt. Es umfasst
hauptsächlich Vokabular aus Russlands aktueller Außenpolitik. Politisch
korrekt heißt bei Setj: A wie Antimaidan, B wie Berkut und C wie
Sewastopol. Das Alphabet, das in Schulen als Plakat ausgehängt werden
sollte, ist mit Bildern illustriert. Unter dem kyrillischen Buchstaben W,
der für Höflichkeit (weschliwost) steht, sieht man das Bild eines
maskierten Soldaten, der einem Kind ein Kätzchen überreicht. Schließlich
müssten auch kleine Kinder lernen, höflich zu sein, so wie die netten
Soldaten auf der Krim.
P steht – wie sollte es auch anders sein – für Putin und R für Mütterchen
Russland. Auch „Helden“ der Krim kann man im Abc wiederfinden,
Außenminister Sergei Lawrow unter „Standfestigkeit“ und Natalja
Poklonskaja, Generalstaatsanwältin der Krim, unter „Mut“. Ziel des neuen
Alphabets sei laut Setj, Kinder die Liebe zum Vaterland zu lehren und ihnen
spielerisch den Anschluss der Krim an Russland zu vermitteln.
Bevor das Projekt Anfang Mai gestoppt wurde, fand es in einer Schule (Nr.
11) in Irkutsk bereits Verwendung. Allerdings nicht für lange Zeit. Die
Leiterin der Bildungsabteilung der Stadt Irkutsk, Valentina Peregudowa,
sagte gegenüber der regionalen Nachrichtenagentur Teleinform, dass es keine
weiteren Propagandaaktionen geben werde. Eine Zusammenarbeit zwischen der
städtischen Bildungsabteilung und Setj habe zuvor nur bei der
Drogenprävention unter Jugendlichen bestanden.
„Das Hauptproblem ist aber, dass Setj das Projekt als Bildungsinitiative
reklamierte. Dabei war das mit der Administration nicht abgesprochen“, sagt
Alexei Gordin, stellvertretender Pressesprecher der Stadtverwaltung
Irkutsk, gegenüber Teleinform. Alexandra Poblinkowa, Redakteurin der
Internetzeitung Provinzija, ist empört: „Es gibt Dinge, über die man nicht
scherzt und mit denen man lieber nicht spekulieren sollte. Die jungen
Aktivisten von Setj haben meiner Meinung nach genug Spaß gehabt. Ich hoffe,
sie schämen sich wenigstens im Nachhinein.“
Setj, das Verbindungen zu vielen größeren Städten Russlands hat, plant
indes weitere Aktionen. Noch für dieses Jahr ist die Veröffentlichung einer
Modekollektion unter dem klingenden Namen „Russischer Frühling“ geplant.
„Vor Kurzem kursierten im Internet Fotos, auf denen ukrainische Mädchen in
T-Shirts mit antirussischen Schriftzügen zu sehen waren. Wir haben jetzt
eine eigene T-Shirt-Linie herausgebracht, die den Russophoben Paroli bieten
wird“, erzählt Ilja Galkow, einer der Aktivisten von Setj, dem Onlineportal
Baikalpress. Welche Schriftzüge die T-Shirts tragen werden, mochte er aber
noch nicht verraten. Auch in anderen Städten sind Aktionen geplant. Zur
Siegesparade am 9. Mai in Woronesch zum Beispiel verteilten die Aktivisten
von Setj am Donnerstag kostenlos 20.000 Georgsbändchen, die den Sieg über
Nazi-Deutschland symbolisieren.
1 Jul 2014
## LINKS
[1] http://siberiantimes.com/other/others/news/new-patriotic-alphabet-unveiled-…
## AUTOREN
Ljuba Naminova
## TAGS
Wladimir Putin
Sibirien
Propaganda
Russland
Russland
Schwerpunkt AfD
Wladimir Putin
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