# taz.de -- Mitgliederverlust beim ADAC: Die Jugend fährt davon | |
> Der ADAC verliert Mitglieder: Wegen der Skandale, aber auch weil Jüngere | |
> das Auto nicht mehr als Statussymbol sehen. Für sie ist Elektronik | |
> wichtiger. | |
Bild: Nur noch ein Werkzeug um sich zu bewegen: Autos im Weltbild von Jugendlic… | |
BERLIN taz | Es ist ein Dämpfer für den Autofahrerclub ADAC: Erstmals seit | |
vielen Jahren muss der Verein, der wegen manipulierter Autopreise und | |
anderer Skandale in die Kritik geraten war, Mitgliederverluste hinnehmen. | |
Rund 320.000 Mitglieder kündigten wegen der Affären. Hinzu kamen 65.000 | |
Austritte aus anderen Gründen, oder Mitglieder verstarben. Das führte zu | |
einem Gesamtverlust von rund 385.000 Mitgliedern, wie der Verein am Montag | |
mitteilte. | |
Im gleichen Zeitraum traten aber auch rund 370.000 Menschen neu dem Verein | |
bei. Unter dem Strich verlor der ADAC bislang also 15.000 Mitglieder. Ende | |
Mai zählte der Verein 18,93 Millionen Mitglieder. Angesichts dieser | |
riesigen Gesamtzahl – fast jeder zweite Autofahrer in Deutschland ist | |
ADAC-Mitglied – mag der Verlust nicht groß erscheinen; dennoch ist die | |
Entwicklung für den Verein ernst. | |
ADAC-Interimspräsident August Markl jedenfalls übte sich ein wenig in | |
Demut: „Wir wollen und werden jene Schwächen und Defizite beheben, die sich | |
bei uns in den vergangenen Jahren eingeschlichen haben“, sagte Markl. So | |
solle klarer zwischen dem Verein und den zugehörigen Unternehmen | |
unterschieden werden. | |
Dabei ist der ADAC ein Konzern in den Kleidern eines Vereins. Die Einnahmen | |
aus Beiträgen lagen im vergangenen Jahr bei rund 1,05 Milliarden Euro. | |
Knapp 270 Millionen Euro gab der ADAC für Hilfeleistungen wie die | |
Pannendienste oder die Luftrettung aus. Unter dem Dach einer | |
Beteiligungs-GmbH versammelt der Club 44 Tochterunternehmen, die im | |
vergangenen Jahr 120 Millionen Euro verdienten, vor allem mit | |
Versicherungsgeschäften. Insgesamt hat der Club, der sich einen schicken | |
Neubau in München gönnte, rund 8.900 Beschäftigte. | |
## Werkzeug statt Statussymbol | |
Eingelenkt hat der ADAC inzwischen beim Thema Maut, die die CSU seit Jahren | |
fordert und die der Club erbittert bekämpft hatte. Getreu dem Motto, vor | |
politischen Interventionen erst einmal die Meinung der deutschen Autofahrer | |
einzuholen, ließ der ADAC eine Umfrage von Infratest durchführen. | |
Das überraschende Ergebnis: Rund 52 Prozent der deutschen Autofahrer und 55 | |
Prozent der ADAC-Mitglieder haben nichts gegen eine Vignettenpflicht zur | |
Benutzung deutscher Autobahnen – wenn sie bei der Kfz-Steuer entlastet | |
werden. Nur ein Viertel lehnt entsprechende Pläne von | |
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ab. | |
Langfristig dürften dem ADAC aber weniger die Maut oder interne Skandale zu | |
schaffen machen, sondern ein allgemeiner Trend: Immer weniger junge Leute | |
kaufen sich ein Auto oder sehen ein eigenes Fahrzeug als Statussymbol an. | |
Wer aber kein Auto besitzt, der braucht auch keinen Autofahrerclub, in den | |
die allermeisten wegen der Pannendienste oder anderer Hilfsleistungen | |
eintreten. | |
Für die junge Generation der 18- bis 34-Jährigen in Deutschland sei ein | |
Auto mehrheitlich kein Statussymbol mehr, sondern nur noch ein Werkzeug, um | |
sich bequem von einem Ort zum anderen zu bewegen, hat die | |
Markenberatungsagentur Prophet in einer Umfrage herausgefunden. Knapp einem | |
Drittel der der jungen Erwachsenen seien hochwertige Computer, Laptops oder | |
Smartphones wichtiger, als ein eigenes Auto zu besitzen. | |
## Elektrogeräte wichtiger als Auto | |
Laut Prophet liegen Männer und Frauen in ihren Aussagen nicht weit | |
auseinander. Zudem gilt der Trend: Je höher die Bildung, desto unwichtiger | |
ist das eigene Auto. Unter Studenten – sie leben meist in Städten mit gutem | |
Nahverkehrsangebot oder fahrradfreundlichen Entfernungen – sind bereits | |
jedem Zweiten hochwertige elektronische Geräte wichtiger als ein eigenes | |
Kraftfahrzeug. | |
Eine Studie der Universität Duisburg kommt zudem zu dem Ergebnis, dass sich | |
im vergangenen Jahr immer weniger junge Leute für den Kauf eines Neuwagens | |
entschieden. Im Durchschnitt stieg demnach das Alter der Neuwagenkäufer von | |
51,3 Jahren im Jahr 2011 auf zuletzt 52,2 Jahre. | |
Dass sich Deutschland damit langfristig zu einem autofreien Land | |
entwickelt, ist aber noch längst nicht ausgemacht. Spätestens wenn die | |
Studenten erwachsen werden, nach dem Berufseinstieg eine Familie gründen | |
und an den Stadtrand ziehen, werden sich die meisten ein eigenes Fahrzeug | |
zulegen. Und genau darauf setzten die Autokonzerne, die mit ihren günstigen | |
Mietwagenflotten in den Städten künftige Käufer an ihre Marken binden | |
wollen. Dann schlägt wohl auch der ADAC wieder zu. | |
30 Jun 2014 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
## TAGS | |
ADAC | |
Maut | |
ADAC-Affäre | |
ADAC | |
ADAC | |
ADAC | |
ADAC | |
ADAC-Affäre | |
ADAC-Affäre | |
ADAC | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar ADAC-Reform: Von wegen Neuanfang | |
Deutschlands größter Verkehrsclub verspricht eine Organisationsreform. | |
Tatsächlich will er sich aber nur Steuervorteile sichern. | |
Hauptversammlung beschließt Aufteilung: Radikalumbau soll ADAC retten | |
Ab sofort soll beim ADAC das Mitglied im Mittelpunkt stehen, nicht der | |
Profit. Die Hauptversammlung zieht damit Konsequenzen aus diversen | |
Skandalen. | |
Negativpreis für ADAC: „Abwehrende Informationspolitik“ | |
Das Netzwerk Recherche kritisiert den Automobilclub mit der „Verschlossenen | |
Auster“. Anlass ist die mangelhafte Informationspolitik des Pannenvereins. | |
Nach den ADAC-Skandalen: Mehr als 300.000 Kündigungen | |
Erstmals seit Jahren hat der ADAC Mitglieder verloren. Der größte Teil der | |
Kündigungen ging wegen der Fälschungen beim Autopreis „Gelber Engel“ ein. | |
Hauptversammlung nach ADAC-Affäre: Der „wachgerüttelte“ Verein | |
Der ADAC will Vertrauen zurückgewinnen und sich auf seine Wurzeln besinnen. | |
Ein personeller Neuanfang wurde in Saarbrücken allerdings vertagt. | |
Affäre beim ADAC: Gravierende Manipulationen | |
Ein Prüfbericht resümiert: Pfuschereien beim „Gelben Engel“ waren an der | |
Tagesordnung. Verkehrsminister Dobrindt findet, es braucht mehr Demokratie | |
im Verein. | |
Skandale beim Autoclub ADAC: Der Metzger bedient nicht mehr | |
Jahrelang war der ADAC eine geachtete Institution, jetzt ist sein Image im | |
Eimer. Die Mitarbeiter leiden unter dem Skandal, aber viele sind insgeheim | |
froh. |