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# taz.de -- Skandale beim Autoclub ADAC: Der Metzger bedient nicht mehr
> Jahrelang war der ADAC eine geachtete Institution, jetzt ist sein Image
> im Eimer. Die Mitarbeiter leiden unter dem Skandal, aber viele sind
> insgeheim froh.
Bild: Müssen die Fehler der Führung ausbaden: ADAC-Angestellte an der Basis.
MÜNCHEN taz | Wochenlang halten sich die Skandalgeschichten über den ADAC
jetzt schon in den Schlagzeilen. Unter den Mitarbeitern verschlechtert sich
die Stimmung deshalb zunehmend. Viele von ihnen sind frustriert darüber,
die Fehler ihrer Vorgesetzten ausbaden zu müssen. Da ist zum Beispiel der
Pannenhelfer, der in seiner Mittagspause regelmäßig den gleichen Metzger
ansteuerte, um sich eine Leberkäsesemmel zu kaufen. Wenn der Mechaniker
jetzt in seinem ADAC-Overall den Raum betritt, weigert sich der Metzger,
ihn zu bedienen.
Aber sosehr die Mitarbeiter unter den Folgen der Enthüllungen leiden:
Insgeheim sind viele von ihnen froh darüber, dass die Missstände des ADAC
nun auf den Tisch kommen. „Die Öffentlichkeit darf jetzt nicht wegschauen.
Der Druck muss aufrechterhalten werden, bis ein wirklicher Wandel vollzogen
ist“, sagt eine Führungskraft des Clubs.
Tatsächlich: Was Deutschlands größten Club vor einem knappen Monat traf,
war ein Erdbeben. Am 14. Januar wurde bekannt, dass sein geltungssüchtiger
PR-Chef jahrelang die Teilnehmerzahlen bei der Abstimmung zum
„Lieblingsauto der Deutschen“ manipuliert hatte.
Der Automobilclub startete die Image-Aufräumarbeiten, doch seitdem ist
alles nur noch schlimmer geworden. Die Nachbeben erschüttern die Münchner
Clubzentrale bis heute: Dienstflüge im Rettungshubschrauber, Bonuszahlungen
für den Verkauf neuer Autobatterien, Manipulationsvorwürfe bei
Badeseegewässer-Tests, zuletzt dann die Schlammschlacht um den Rücktritt
von Deutschlands oberstem Autofahrer, dem bisherigen ADAC-Präsidenten Peter
Meyer.
13 Jahre lang hatte Meyer den Automobilclub regiert, und trotz der Skandale
am Ende seiner Regentschaft hätten ihm einige Weggefährten einen
stilvolleren Abschied gewünscht. Stattdessen aber schoben sich Meyer und
seine Präsidiumskollegen den ganzen Montag über giftig Schuldzuweisungen
hin und her.
## Der ADAC braucht Ruhe
Zum Abschluss verlor der ehemalige Clubchef dann auch noch den Überblick
über die eigene Vereinssatzung. „Angesichts der aktuellen Vertrauenskrise
des ADAC hat das Präsidium ein Suspendierungsverfahren gegen Peter Meyer
beschlossen“, schrieb der ADAC gegen Mittag in einer Pressemitteilung.
Könne ja gar nicht sein, schrieb Meyer wenig später zurück: „Ein
Suspendierungsverfahren kann gemäß ADAC Satzung (§ 14 Abs. 4) nur auf
Antrag des Generalsyndikus vom Präsidium beschlossen werden. Ein solcher
Antrag wurde nicht gestellt.“
Der Generalsyndikus, der oberste Jurist des ADAC also, hat einen solchen
Antrag tatsächlich nicht gestellt. Musste er aber auch nicht. In dringenden
Fällen, so steht es zwei Paragrafen weiter oben, könne das Präsidium
zusammen mit den Regionalfürsten des Clubs vorläufige Beschlüsse jeglicher
Art fassen. Den Präsidenten freistellen, zum Beispiel.
Eine wirkliche Rolle spielten die Paragrafen der Satzung zu diesem
Zeitpunkt gar nicht mehr. Am Vormittag hatte Meyer bereits bekannt gegeben,
mit sofortiger Wirkung zurückzutreten. Seine Kollegen hofften, dass der
Druck auf ihren Verein damit nachlassen würde. „Man sollte dem ADAC jetzt
auch mal Ruhe geben. Wir haben die Probleme erkannt und brauchen jetzt
Zeit, um unseren Reformplan umzusetzen“, sagt ein Funktionär der obersten
Ebene. Womöglich hätte der Club tatsächlich ein wenig Ruhe bekommen, wenn
sich Expräsident Meyer geordnet zurückgezogen hätte. Ein „Ich übernehme d…
Verantwortung“ von ihm. Ein „Vielen Dank für Ihre Verdienste“ vom ADAC.
Doch danach war ihm nicht. Er übernehme ausdrücklich keine Verantwortung,
sondern habe schlicht keine Lust mehr, sich für Fehler anderer beschuldigen
zu lassen, betonte Meyer. Im Übrigen fände er es besser, wenn nicht nur er,
sondern gleich das ganze Präsidium zurücktrete.
## Rückbesinnen auf die Anfänge
Die Politik sieht es ähnlich. Die Linkspartei, der Vorsitzende des
Verkehrsausschuss im Bundestag, der Justizminister – sie alle wollen beim
ADAC weitere Köpfe rollen sehen.
Werner Kaessmann, der Generalsyndikus des Clubs, hält davon nichts. „Das
Präsidium besteht aus sechs Topmännern, die mit Herzblut dabei sind“, sagt
er. Unter Präsident Meyer habe der ADAC Millionen von Mitgliedern gewonnen,
und in diesen erfolgreichen Jahren hätten seine Kollegen womöglich Punkte
übersehen, an denen der Automobilclub geölt werden müsse. Aber mögliche
Nachfolger bräuchten Monate, um sich in den komplexen Verein einzuarbeiten
– Reformen bräuchten dann nur noch länger.
Der ADAC stehe „vor einer Weggabelung“, sagt hingegen eine andere
Führungskraft des Clubs. Entweder er verfolge weiterhin den Weg des
Expräsidenten Meyer: mehr Geschäfte, mehr Mitglieder und damit mehr
politischen Einfluss. „Meyer war so etwas wie ein König Ludwig, der sich
mit dem ADAC sein Neuschwanstein gebaut hat und an unbegrenztes Wachstum
glaubte.“ Oder er besinne sich auf seine Anfänge als Verein, der sich
anders als ein Versicherungskonzern auch mal kulant zeigen könne, um
Mitgliedern zu helfen. Das sei der Weg, den sich die Mitarbeiter an der
Basis wünschten.
Zunächst wird der ADAC aber weitere Nachbeben überstehen müssen. Die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte untersucht noch immer, wie stark
der Automobilclub die Mitgliederabstimmung zum „Lieblingsauto“ gefälscht
hat. Am Montag bestätigte sie Manipulationen im Jahr 2014. Die Ergebnisse
der Vorjahre will sie nächste Woche bekannt geben. Die Funktionäre in der
Clubzentrale können dann wieder mit Negativschlagzeilen rechnen.
13 Feb 2014
## AUTOREN
Tobias Schulze
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