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# taz.de -- „Volks-Rock-'n'-Roller“ Andreas Gabalier: Hits mit Blut und Bod…
> Der Österreicher Andreas Gabalier singt über Heimattümelei und sexuelle
> Anzüglichkeiten – und tourt damit durch Deutschland.
Bild: Hier mal nicht in Hakenkreuz-Pose, sondern vor einem, naja: Kamin.
Er nennt sich „Volks-Rock-’n’-Roller“, trägt Elvis-Tolle zur Krachlede…
und mischt Versatzstücke aus alpenländischer Volksmusik und
Fünfziger-Jahre-Schlager mit Elementen aus Rock- und Popmusik.
Andreas Gabalier, geboren im österreichischen Graz, ist längst auch im
deutschen Mainstream eine große Nummer. Nachdem er gemeinsam mit Xavier
Naidoo, Sarah Connor, Roger Cicero und anderen Stars zum Cast der TV-Show
„Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ gehörte, ist der 29-Jährige zurz…
auf Tour und spielt in ausverkauften Open-Air-Arenen. Heimattümelei,
Sehnsucht nach der guten alten Zeit, nach althergebrachten Werten, sexuelle
Anzüglichkeiten – in dieser Reihenfolge gestaltet er seine Songs.
Wer beim „Volks-Rock-’n’-Roller“ genauer hinhört, bemerkt, dass es jen…
der harmlosen Nostalgie und Liebe zum Dorf auch um Blut-und-Boden-getränkte
Ideologie und rigide Identitäten geht, völkische wie sexuelle. Aber
Gabalier bereitet sie so massenkompatibel auf, dass seine Musik im
Service-Radio gespielt wird.
## Leni-Riefenstahl-Bildsprache
2011 veröffentlichte der Österreicher beim Majorlabel Universal Music sein
Album „Volks-Rock-’n’-Roller“. Das Coverfoto benutzt
Leni-Riefenstahl-Bildsprache und zeigt den Sänger [1][in einer Körperpose,
die an das Hakenkreuz erinnert]. Gewollte Provokation? Oder vielleicht gar
ernst gemeintes Statement?
Weder deutschen noch österreichischen Medien – „Volks-Rock-’n’-Roller�…
platzierte sich in Deutschland auf Platz fünf der Album-Charts, in
Österreich ging es auf eins – war Gabalier eine Erwähnung wert. Einzig die
Wiener Tageszeitung Standard titelte „Der Junge und das Kreuz“ und setzte
sich in einem Text kritisch mit zwei Textstellen aus Gabalier-Songs
auseinander: „Mein Bergkamerad“, in dem die Kameradschaft beim Bergsteigen
besungen wird, „die ein Männerleben prägt wie ein eisernes Kreuz“. Und ein
Verweis auf die Achsenmächte des Zweiten Weltkriegs in dem Stück „Biker“:
„Herz haben wir ein gesundes / Italiener, Deutsche und Japaner grüßen tun
wir uns“.
Erst vor Kurzem sorgte Gabalier zum ersten Mal für einen Skandal. Beim
Formel-1-Grand-Prix im steirischen Spielberg weigerte sich der Sänger, die
österreichische Nationalhymne in ihrer gebräuchlichen Textfassung zu
singen: „Heimat großer Töchter und Söhne“ sang Gabalier also in seiner
Urform – „Heimat bist du großer Söhne“ – und erntete damit nicht nur …
der österreichischen Grünen, sondern auch höchstes Lob vom Rechtsaußen
FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache.
Auch die Frauensprecherin der FPÖ, Carmen Gartelgruber, gab dem Star
Rückendeckung: Gabalier habe „einem Großteil der Frauen aus dem Herzen
gesprochen, die mit den Minderheitenideen der linken Emanzen wenig anfangen
können“.
„Minderheiten“ und „linke Emanzen“ sind gewiss nicht die Zielgruppe des
volksverbundenen Schmierenrockers, der von Frauen in seinen Songs
konsequent als „Damen“, „Dirndln“, „Madln“ spricht.
## Musik für die „Normalen“
Gabalier schielt mit seiner Musik auf die breite Masse, die Mitte, die
„Normalen“. Für die fühlt er sich zuständig, ihr „gesundes Volksempfin…
liegt Gabalier am Herzen. Die österreichische Nationalhymne, per
Gesetzesbeschluss im Nationalrat geändert, werde er auch künftig in ihrer
alten Form singen, das Parlament sei nicht „das Volk“, und die Mehrheit
lehne die neue Fassung ab, ließ er mitteilen. Dazu passt, dass Gabalier
zeitlich nach dem ESC-Sieg von Conchita Wurst mit der Nationalhymne und
ausgerechnet mit der Auslassung der neuen Textstelle, die holprig, aber
eben doch, die „Töchter“ des Landes würdigen will, auf einmal Wind macht.
Für Aufsehen haben seine Blut-und-Boden-Texte („Meine Heimat“,
„Heimatsöhne“, „Vergiss die Heimat nie“) und das Hakenkreuz-Cover schon
seit Längerem gesorgt, aber erst in Kontrast zur erfolgreichen
Weltoffenheit und zur libertären Sexualität als Zeichen für ein anderes
Österreich kann er sich nun als Gegenspieler zu Wurst behaupten.
Im Unterschied zur spielerischen Irritation des Transvestiten ist bei
Gabalier die Welt in Ordnung. Besser, in der Weltordnung der dreißiger
Jahre, nach der ein Mann ein Mann, eine Frau ein „Madl“ und das
Geschlechterverhältnis bodenständig, natürlich und vor allem natürlich
dominiert ist: „Weil sie wissen, was wir für Männer sind.“, „Für an
gstandnen liabm Buam tät sie anfoch olles gebm“, „Fesche Madl brauchn
flotte Buam, hollero / zum Zuwadruckn, Liabm und zum Gspiarn / Wei ma euch
bussln wenns es brauchts“.
Gabalier geht raffinierter zu Werke als der reaktionäre volkstümliche
Musiker-Bodensatz. Er ist nicht nur ein Provokateur, der mit faschistoider
Ästhetik mehr Aufmerksamkeit bekommt. Versteckt in der vermeintlichen
Harmlosigkeit gemütlicher Schunkelei, betreibt Andreas Gabalier auch
punktgenau die Anrufung einer Rückkehr in den Schoß der Heimat.
## Berg-Alm-Wiesen-Buabn-Dirndl-Seligkeit
Mit seiner Mischung aus pseudonatürlichen Geschlechterrollen und
übertriebener Heimatliebe stellt er die alte nationalsozialistische
Gleichung von Geschlecht und Volk aufs Neue her; im Unterschied zum
aggressiven Nazirock kommt Gabalier dabei allerdings ohne Feindbilder aus.
In seiner Musik konzentriert er sich auf das vermeintlich Positive und hat
damit großen Erfolg. Weil es nichts gibt, gegen das angegangen würde, keine
offensichtliche Hetze, sondern „nur“ pseudonaives Bejubeln von
Berg-Alm-Wiesen-Buabn-Dirndl-Seligkeit, wurde Gabaliers ernst gemeinte
Blut-und-Boden-Terminologie bisher geflissentlich übersehen.
Die kommerziell erfolgreiche nationalsexuelle Bewegtheit von Gabaliers
Ständchen ist gerade in ihrer Detailtreue für eine sich selbst ja nie als
extrem, sondern immer als harmlos und natürlich verstehende Mitte
akzeptabel. Gabalier ist ihr Resonanzkörper, ihr Volksempfänger.
4 Jul 2014
## LINKS
[1] http://www.amazon.de/Volksrockn-Roller-Andreas-Gabalier/dp/B005J6QB9Y/ref=s…
## AUTOREN
Markus Brandstetter
Sandra Manhartseder
## TAGS
Sänger
Hakenkreuz
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Österreich
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Volksmusik
Comeback
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