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# taz.de -- Ticket-Skandal bei der WM: Manager von Fifa-Partner verhaftet
> Die „Operation Jules Rimet“ soll den illegalen Verkauf von WM-Tickets
> aufklären. Jetzt gab es eine spektakuläre Festnahme.
Bild: Original oder Fälschung?
RIO DE JANEIRO taz | Als sie hier vor dem Haupteingang dieses Prachtbaus
neulich die vielen Polizeiautos stationiert haben und die bewaffneten
Polizisten, dachte die brasilianische Polizei eigentlich eher so an
Taschendiebe und den ein oder anderen Überfall am Strand. Sie wollten die
vielleicht wichtigsten Gäste des Landes gut schützen: Die Fifa-Funktionäre,
die während der Fußballweltmeisterschaft hier in Brasiliens prächtigstem
Hotel, dem Copacabana Palace residieren.
Inzwischen hat sich die Lage etwas geändert: Fast täglich ist die Polizei
nun hier im Hotel mit den großen Kronleuchtern unterwegs, um Kriminelle zu
finden. Denn dort, wo die Fifa ihr WM-Camp aufgeschlagen hat, sitzt
offenbar auch die Zentrale eines riesigen Ticketkartells, das auf dem
Schwarzmarkt bereits Millionen umgesetzt haben dürfte.Am Montagnachmittag
brasilianischer Zeit war die Kriminalpolizei von Rio de Janeiro mal wieder
zu Besuch. Diesmal machte sie einen dicken Fang: Raymond Whelan,
Exekutiv-Direktor des Fifa-Ticket-Vertriebspartners Match Services, sitzt
laut übereinstimmenden Medienberichten seitdem in Untersuchungshaft.
Die Firma, die wie die Fifa ihren Sitz in Zürich hat, ist exklusiver
Fifa-Partner, wenn es um den Vertrieb von Tickets und sogenannten
Hospitality-Paketen geht. Raymond Whelan dürfte nun mindestens fünf Tage in
Untersuchungshaft bleiben und die Halbfinalspiele bestenfalls hinter
Gittern verfolgen. Ärgerlich für ihn, denn in Sachen WM-Perspektiven hatte
er Zugriff auf die schönsten und teuersten Plätze im Finalspiel. Die
Polizei geht davon aus, dass er der Kopf eines internationalen Händlerrings
ist, gegen den seit langem ermittelt wird.
In der vergangenen Woche hatte die Polizei in Rio de Janeiro bereits elf
Verdächtige festgenommen. Einer von ihnen, der Algerier Mohamed Lamíne
Fofana, verfügte offenbar über hervorragende [1][Verbindungen in den
brasilianischen Fußballverband und zur Fifa]. Fofanas WM-Appartment in Rios
Nobelvorort Barra da Tijuca soll ihm der brasilianische Ex-Nationalspieler
Júnior Baiano finanziert haben.
Auch Brasiliens Ex-Spieler und -Nationaltrainer Carlos Dunga muss in der
Sache aussagen, ebenso wie der Vater des inzwischen verletzten Stürmerstars
Neymar. er war bei Brasiliens Spiel gegen Chile im Stadion auf einem
Sitzplatz direkt neben Fofana gesichtet worden. Die Polizei will wissen:
Hatte er sein Ticket auch aus dessen Beständen bezogen? Die Gruppe richtete
sich offenbar an vermögende Touristen und Geschäftsleute - mit einem ganz
besonderen Last-Minute-Service. Für das Finalspiel soll Fofana noch
mindestens 25-VIP-Tickets im Angebot gehabt haben, die für jeweils 51.000
Reais, etwa 16.800 Euro, verkauft werden sollten.
## Die Bosse sind's
Die Tickets waren ursprünglich für Nichtregierungsorganisationen,
Diplomaten und Sponsoren gedacht und stammten aus Fifa-Beständen. Am Montag
berichteten brasilianische Medien dann, dass Fofana in den vergangenen
Monaten über 900 Telefonate zu offiziellen Telefonnummern der Fifa geführt
haben soll. Die Fifa rückte daraufhin die Nummern ihrer Funktionäre raus –
und siehe da: Die Bosse sind's. Inzwischen geht die Polizei davon aus, dass
Raymond Whelan, der Direktor von Fifa-Vertriebspartner Match, selbst der
Kopf dieser Gruppe gewesen ist.
Als Polizisten Raymond Whelan am Montagnachmittag in dem Luxushotel, in dem
auch Fifa-Chef Joseph Blatter untergebracht ist, fanden sie bei ihm nach
Polizeiangaben rund einhundert Tickets. Unklar ist noch, ob die Bestände
des Händlerrings auch jene sind, aus denen derzeit an der Copacabana noch
im großen Stil Karten auf der Straße vertrieben werden.
Bei eigenen Recherchen in Rios Touristenviertel Copacabana war auch die taz
in der vergangenen Woche auf Schwarzmarktkarten gestoßen, die auf die Namen
von Fifa-Funktionären ausgestellt waren. Wenige Stunden vor dem
Deutschland-Spiel gegen Frankreich sollte eine Karte der günstigsten
Preisklasse umgerechnet rund 500 Euro kosten. Ein Mittelsmann hatte
berichtet, er habe an diesem Tag bereits 20 Karten vermittelt. Die Karten,
die der taz angeboten wurden, waren ursprünglich auf die Fifa ausgestellt.
8 Jul 2014
## LINKS
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## AUTOREN
Martin Kaul
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