# taz.de -- IG-Metall eröffnet Büro in Brüssel: Promi-Alarm bei den Metallern | |
> Die mächtigste Industriegewerkschaft ist ab sofort am EU-Sitz ständig | |
> präsent. Und zeigt: Für die Industriepolitik wird Europa immer wichtiger. | |
Bild: Brüssel, ein Paradies für Metaller: zwei Kugeln des berühmten Atomiums. | |
BRÜSSEL taz | Bisher war Brüssel vor allem ein Tummelplatz für | |
Industrie-Lobbyisten. Doch nun zieht es auch die mächtigste | |
Industriegewerkschaft der Welt an den Sitz der EU: Mit einem riesigen | |
Promi-Auflauf eröffnete sie dort am Dienstag ein Verbindungsbüro. | |
Neben IG Metall-Chef Detlef Wetzel und dem Betriebsratsvorsitzenden von | |
Daimler Singelfingen, Ergun Lümali, gaben sich auch EU-Energiekommissar | |
Günther Oettinger und SPD-Spitzenkdanidat Martin Schulz die Ehre. | |
Ein solcher Andrang ist ungewöhnlich. Schließlich herrscht in Brüssel kein | |
Mangel an Lobbyisten: Mindestens 15.000 Interessenvertreter sind schon da – | |
auch Daimler, Volkswagen und viele andere deutsche Konzerne unterhalten | |
großzügige „Repräsentanzen“. | |
Das IG Metall-Büro fällt hingegen mit drei Mitarbeitern recht bescheiden | |
aus. Es liegt nicht einmal im Europaviertel, sondern ist im Internationalen | |
Gewerkschaftshaus in der Nähe des Brüsseler Nordbahnhofs untergeschlüpft. | |
Umso größer ist das politische Signal, das von der Eröffnung ausgeht: | |
Industriepolitik ist in Europa plötzlich ganz wichtig. „Wir brauchen | |
Investitionen in nachhaltiges Wachstum durch koordinierte Wirtschafts- und | |
Industriepolitik, um die industrielle Basis in Europa zu sichern“, sagte | |
Wolfgang Lemb, der im IGM-Vorstand für Europapolitik zuständig ist. „Wenn | |
es um Industriepolitik geht, ist es absolut notwendig, in Brüssel Flagge zu | |
zeigen“, sekundierte Ulrich Eckelmann, der den globalen | |
Gewerkschafts-Dachverband IndustriAll leitet. | |
## IG Metall fordert eine andere EU-Wirtschaftspolitik | |
Die Energiewende, der Streit um das EEG-Gesetz, der Klimaschutz und das | |
Gezerre um neue CO2-Vorgaben für Neuwagen – all das sind Themen, die die | |
Metaller bewegen. Schließlich geht es um Jobs in der Automobil-, Stahl- und | |
Energiebranche. Deutschland liegt vorn und möchte seinen Vorsprung mit | |
aller Kraft verteidigen. Zwar betätigt sich bisher schon Energiekommissar | |
Oettinger als oberster deutscher Industrielobbyist. Doch aus | |
Gewerkschaftssicht reicht das nicht aus. Die IG Metall fordert nicht nur | |
eine aktivere Industriepolitik, sondern auch eine andere Wirtschaftspolitik | |
in der EU. | |
„Die derzeitige Sparpolitik muss durch eine nachhaltige Investitionspolitik | |
ersetzt werden“. sagte IG Metall-Chef Detlef Wetzel. Der bisher vor allem | |
von Deutschland forcierte Austeritätskurs sei verfehlt. | |
Damit war Wetzel wieder ganz auf der Linie des Deutschen und des | |
Europäischen Gewerkschaftsbundes, DGB und EGB, die schon seit Jahren in | |
Brüssel vertreten sind. Auch deren Vertreter drängelten sich bei der | |
Eröffnung des IG Metall-Büros. Dass sie gemeinsam stärker sind, müssen sie | |
erst noch beweisen. „Manche Kollegen sehen eure Präsenz in Brüssel | |
kritisch“, räumte Eckelmann ein. Er teile das nicht. Kein Wunder – er kommt | |
selbst aus der IG Metall. | |
„Ich darf Sie beglückwünschen zu der Entscheidung, ständig in Brüssel | |
präsent zu sein“, sagte auch EU-Kommissar Oettinger. „Ich biete Ihnen meine | |
Dienste an, wenn es darum geht, Türen zu öffnen.“ Zudem wolle er gern | |
helfen, „die bewährte deutsche Sozialpartnerschaft zu europäisieren“. | |
Doch das hören nicht alle Gewerkschafter in Brüssel gern. In Frankreich, | |
Belgien und anderen EU-Ländern mit klassenkämpferischen Traditionen gibt es | |
Vorbehalte gegen die Sozialpartnerschaft und die massive deutsche Präsenz | |
in Brüssel. | |
Die IG Metall wird wohl noch viel Lobbyismus in eigener Sache machen müssen | |
– nicht bei der EU, sondern in der europäischen Gewerkschafts-Bewegung. | |
8 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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