# taz.de -- Fernsehturm-Besetzung beendet: Vom Brechen des Widerstands | |
> Die Polizei hat am Mittwochabend die Besetzung des Wahrzeichens beendet. | |
> Flüchtlinge klagten über Schläge und eine Knochenfraktur. | |
Bild: Oben warten die Besetzer, unten die Polizeiwagen | |
Nach den Flüchtlingen kamen die Neonazis. Nicht nur auf Touristen übte der | |
Fernsehturm am Mittwoch eine magische Anziehung aus. Rund 40 Flüchtlinge | |
hatten die Aussichtsplattform am Nachmittag für mehrere Stunden besetzt, um | |
auf die Belange von Asylbewerbern aufmerksam zu machen. Auf eine | |
Strafanzeige des Eigentümers wegen Hausfriedensbruch hin räumte die Polizei | |
den Turm in den Abendstunden. Wenig später kreuzten rund 20 Neonazis am Fuß | |
des Berliner Wahrzeichens auf. Sie brüllten „Abschieben, abschieben“ und | |
meinten damit die Asylbewerber. Unterstützer der Flüchtlinge hielten mit | |
Bleiberechtsforderungen dagegen. Polizisten sorgte dafür, dass beide | |
Gruppen auf Abstand blieben. | |
Es war kurz vor 15 Uhr, als der erste Alarm bei der Polizei einging. 37 | |
Flüchtlinge mit Besuchertickets waren mit dem Fahrstuhl in die | |
Panoramaetage des Turms gelangt. Dort angekommen, setzen sie sich zu einer | |
Protestaktion auf den Boden. Einer der Teilnehmer, der anonym bleiben | |
möchte, bestätigte am Telefon, Teile der Gruppe hätten vergangene Woche in | |
Nürnberg bereits das Bundesamt für Migration besetzt. Man nenne sich | |
„Refugees struggle for freedom“. Bleiberecht, Abschiebungsstopp, Aufhebung | |
von Residenzpflicht, Arbeitserlaubnis – listete der Mann die Forderungen | |
auf. Er selbst sei 22 Jahre alt und habe zuletzt in einem „Lager“ in Bayern | |
gelebt. Keiner aus der Gruppe sei bereit, in die Lager – gemeint sind | |
Flüchtlingsheime – zurückzukehren. | |
## Nur einer ging freiwillig | |
Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, verließ lediglich einer der | |
Besetzer den Turm nach Aufforderung freiwillig. Die übrigen weigerten sich | |
auch nach wiederholter Aufforderung. Durch gegenseitiges Unterhaken und | |
Schubsen habe sich die Gruppe zunächst dem Abtransport widersetzt. Die | |
Beamten hätten zunächst jeden einzeln herausgezogen und mit dem Fahrstuhl | |
nach unten gebracht. Gegen 19 Uhr habe der Rest der Gruppe auf weiteren | |
Widerstand verzichtet. | |
„Die Polizei hat sehr hart agiert,“ schilderte der 22-Jährige am Donnerstag | |
den Räumungsverlauf. Sie seien ins Gesicht geschlagen worden, viele seien | |
verletzt worden. Einer habe einen Armbruch erlitten. „Jetzt müssen wir uns | |
ein bisschen ausruhen, aber wir werden weitermachen“, kündigte der Mann an. | |
Wie und wo? „Deutschland ist groß.“ | |
Laut Polizei handelt es sich bei dem Bruch um einen gebrochenen Daumen. | |
„Das könnte beim Brechen des Widerstands passiert sein“, sagte ein | |
Sprecher. Gegen alle Teilnehmer der Aktion werde wegen Hausfriedensbruch, | |
Landfriedensbruch und Widerstand ermittelt. Bei sieben Personen seien | |
Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz festgestellt worden. Zwei hätten gegen | |
die Residenzpflicht verstoßen – das sei beim ersten Mal nur eine | |
Ordnungswidrigkeit, bei einem erneuten Antreffen eine Straftat. Dann werde | |
man die Flüchtlinge in das zuständige Bundesland zurückbringen. Wie das | |
geht, machte die Polizei vor, als sie im Mai eine Gruppe von Flüchtlingen, | |
die vor der Gedächtniskirche protestiert hatte, nach Sachsen-Anhalt | |
zurückbrachte. | |
10 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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