| # taz.de -- Wohnen im Recycling-Haus: 14 Quadratmeter für zwei Menschen | |
| > Jan Körbes lebt in einem umgebauten Futtersilo. Strom produzieren | |
| > Solarzellen und unter der 5-Liter-Filterdusche kann das Wasser endlos | |
| > laufen. | |
| Bild: Für die Gäste ist drinnen kein Platz: die Wohnung, bunt beleuchtet. | |
| BERLIN taz | Recycling-Architektur und -Design ist Körbes’ Beruf: In einem | |
| Kollektiv namens Refunc stellt er zusammen mit anderen kreativen Menschen | |
| aus gebrauchtem Material alle möglichen Strukturen her: Möbel, | |
| Inneneinrichtungen, Installationen im öffentlichen Raum. Dabei geht es | |
| darum, möglichst vor Ort gefundenen Objekten neues Leben einzuhauchen, die | |
| andere für unbrauchbar erklärt haben. Das letzte größere Projekt war das | |
| Interieur einer Autoreifenfirma – zu großem Teil aus nicht mehr verwendeten | |
| Autoreifen. | |
| In ihrem Silohaus leben der Abfallarchitekt und die achtjährige Liuka auf | |
| 14 Quadratmetern, die Wohnküche, ihr Hauptaufenthaltsraum, hat gerade | |
| einmal 4,2 Quadratmeter. Von dort führt eine Kletterwand in den zweiten | |
| Stock des sechs Meter hohen Kunststoffsilos, wo die beiden schlafen – für | |
| eine Treppe ist bei gut zwei Metern Durchmesser kein Platz. Platzsparend | |
| ist auch der Küchentisch: ein Rechteck im Boden lässt sich bei Bedarf | |
| hochziehen. Darunter ist eine Wanne für die Füße eingelassen, damit rings | |
| um den Tisch auf dem Boden gesessen werden kann – Stühle sind so | |
| überflüssig. In Körbes Haus haben dank seiner durchdachten Art, mit Raum | |
| umzugehen, schon 26 Partygäste gleichzeitig Platz gefunden. | |
| Die Einrichtung des Recyclinghauses besteht zum großen Teil aus gefundenen | |
| Materialien. Besonders stolz ist der Diplomingenieur auf die im Dach | |
| eingebaute Glaskuppel. Das Schmuckstück fand er auf dem Gelände einer | |
| insolventen Kunststofffirma gegenüber. | |
| Früher wohnte Jan Körbes mit Frau und Kind in einer gewöhnlichen | |
| Mietwohnung. Die Trennung brachte ihn dazu, neu zu hinterfragen, was Wohnen | |
| für ihn bedeutete. Er hatte erfahren, dass Dinge im Leben sich ändern | |
| können, er wollte unabhängig sein vom Mietmarkt und mobil, um im Falle | |
| eines Umzugs seiner Frau nah bei seiner Tochter sein zu können. Das Silo | |
| ist für ihn ein Selbstexperiment, was und wie viel Raum eigentlich | |
| notwendig sind, um glücklich zu leben. | |
| ## Ökologisch, vor allem logisch | |
| Die Vorteile: Für sein Haus hat Körbes nur 20.000 Euro ausgegeben. Mit | |
| einem Kran auf einen Lastwagen verfrachtet, ist er damit erst kürzlich von | |
| Den Haag nach Berlin umgezogen – ohne Neuanschaffungen und langwieriges | |
| Renovieren. Innerhalb weniger Stunden nach der Ankunft stand das Silo | |
| wohnbereit in seiner neuen Umgebung. Auf dem Gelände des Zentrums für Kunst | |
| und Urbanistik in Moabit zahlt er 150 Euro im Monat für Strom, Internet, | |
| Bad- und Waschmaschinennutzung. | |
| Mit seinen Solarzellen und seinem Regenwasser-Auffangsystem ginge es aber | |
| auch autark. Das Trockenklo und die selbst entwickelte Filterdusche, die | |
| mit 5 Litern Wasser endloses Duschen ermöglicht, werden als nächstes | |
| eingebaut. Es ginge ihm nicht in erster Linie darum, ökologisch zu sein, | |
| sondern vor allem logisch, erklärt der Recycling-Künstler. Beides ist ihm | |
| mit seinem Silohaus gelungen. Und noch dazu eine inspirierende Anregung, | |
| Wohnen neu zu denken – mobil, günstig und unabhängig von Energie- und | |
| Mietpreisen. | |
| 18 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Lou Zucker | |
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