# taz.de -- Krieg im Irak: Menschenrechtsverstöße überall | |
> Die UN wirft sowohl der Isis als auch der irakischen Armee schwere | |
> Verbrechen vor. Irak fordert von Deutschland Waffen zum Kampf gegen die | |
> Rebellen. | |
Bild: Kinder in einem UN-Flüchtlingslager im Nordirak. | |
BAGDAD/KIRKUT/BERLIN dpa/afp/rtr | Die Vereinten Nationen haben der | |
Terrorgruppe ISIS, aber auch der irakischen Armee schwere | |
Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Aus dem Irak träfen jeden Tag | |
schreckliche Berichte über Menschenrechtsverstöße ein, sagte | |
UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay am Freitag. Vor allem Kinder seien | |
unverhältnismäßig von dem Konflikt betroffen, heißt es in einem Bericht der | |
UN-Mission im Irak (Unami) und des UN-Menschenrechtskommissariats. So gebe | |
es glaubhafte Informationen über Zwangsrekrutierungen von Kindern als | |
Soldaten. | |
Laut dem Bericht kamen seit Anfang des Jahres fast 5.600 Zivilisten ums | |
Leben, mehr als 11.600 wurden verletzt. Rund 1,2 Millionen Menschen seien | |
vor den Kämpfen und der Gewalt auf der Flucht. Allein seit Anfang Juni | |
seien rund 600.000 Menschen geflüchtet. Im Frühjahr hatte es im Westen des | |
Iraks erste Kämpfe zwischen Regierung und Extremisten gegeben. Von Juni an | |
konnten IS-Kämpfer große Teile im Norden und Westen des Landes übernehmen. | |
Die IS-Verstöße könnten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit gleichkommen, so der Bericht. IS-Einheiten und ihre | |
Verbündeten hätten systematisch Zivilisten angegriffen und dabei die | |
Absicht verfolgt, möglichst viele von ihnen zu töten oder zu verletzen. Zu | |
den Menschenrechtsverletzungen gehörten Tötungen, Exekutionen und | |
Entführungen. Sie richteten sich gegen Zivilisten, Soldaten, Politiker und | |
Geistliche. Schwere Verbrechen wurden laut UN zudem gegen ethnische und | |
religiöse Minderheiten verübt. | |
Der Bericht führt gleichzeitig Menschenrechtsverletzungen der irakischen | |
Armee auf. Dazu gehörten standrechtliche Tötungen von Gefangenen, die | |
ebenfalls Kriegsverbrechen gleichkommen könnten, heißt es. Es gebe Zweifel, | |
dass das Militär und seine Verbündeten die notwendigen Maßnahmen zum Schutz | |
von Zivilisten unternähmen. Auch die Menschenrechtsorganisationen Amnesty | |
International (AI) und Human Rights Watch hatten der Terrorgruppe ISIS und | |
der irakischen Armee Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Die | |
Extremisten gingen mit rücksichtsloser Gewalt gegen Gegner und | |
Andersgläubige vor, so Amnesty. Der Armee warf die Organisation wahllose | |
Angriffe mit Artillerie und aus der Luft vor, denen Zivilisten zum Opfer | |
fielen. | |
## Rückschlag für ISIS im Norden | |
Im Norden des Irak haben die Regierungstruppen einen Angriff sunnitischer | |
Rebellen auf die schiitische Stadt Amirli zurückgeschlagen. Die | |
Streitkräfte hätten am Mittwoch mit Hilfe der Luftwaffe die Angriffe von | |
drei Seiten abgewehrt und mindestens 15 Angreifer getötet, sagte ein | |
örtlicher Behördenvertreter am Donnerstag. Demnach waren an der Offensive | |
gegen die Ortschaft nahe der Stadt Suleiman Bek Kämpfer der | |
Dschihadistengruppe Islamischer Staat und verbündeter sunnitischer Gruppen | |
beteiligt. | |
Die Dschihadisten hatten bei ihrer Offensive ab dem 9. Juni weite Teile des | |
Nordirak in ihre Gewalt gebracht, darunter auch die Stadt Suleiman Bek. Die | |
Nachbarstadt Amirli, die mehrheitlich von schiitischen Turkomanen bewohnt | |
ist, blieb dagegen unter Kontrolle der Regierung. Während die | |
Regierungstruppen der Offensive der Extremisten zunächst kaum etwas | |
entgegensetzten und zahlreiche Soldaten kampflos ihre Waffen fortwarfen und | |
desertierten, haben sie sich inzwischen reorganisiert und verzeichnen erste | |
Erfolge gegen die Rebellen. | |
## Waffen aus Deutschland? | |
Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki fordert von Deutschland trotz | |
dessen restriktiver Rüstungsexportpolitik Waffen zum Kampf gegen die | |
Extremistengruppe Islamischer Staat. „Wir bauchen keine Soldaten, | |
allerdings brauchen wir Hilfe bei der Bewaffnung und hoffen auf eine | |
schnelle Antwort von Ländern, mit denen wir einen Kauf vereinbaren wollen“, | |
sagte Maliki in einem Bild-Interview vom Freitag. Derzeit sei der Irak | |
dabei, leichte und mittlere Waffen von Deutschland zu kaufen. „Hier | |
brauchen wir Hilfe.“ Die Vereinten Nationen (UN) warfen indes nicht nur den | |
irakischen Extremisten, sondern auch den Regierungstruppen und ihren | |
Verbündeten Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Das dürfte deutschen | |
Waffenlieferungen in den Irak entgegenstehen. | |
Schon im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2013 steht der Irak | |
auf einer Liste von Bestimmungsländern, für die Ausfuhranträge abgelehnt | |
wurden. Genehmigt wurde lediglich eine Lieferung aus Gewehr-Komponenten im | |
Rahmen eines Einsatzes der Vereinten Nationen in dem Land im Wert von gut | |
5,6 Millionen Euro. Ergänzend verwies das Wirtschaftsministerium auf ein | |
geltendes weitgehendes Waffenembargo gegen das Land. | |
Al-Maliki argumentierte, seine Regierung bekämpfe die islamische | |
Extremisten-Gruppe ISIS und damit den Terror, der die ganze Welt bedrohe. | |
Alleine könne sein Land diesen Kampf nicht gewinnen. „Dies wird (...) nur | |
durch Kooperation mit anderen Ländern erreicht.“ Der Politiker ist | |
innerhalb und außerhalb seines Landes hochumstritten. Dem Schiiten wird | |
vorgeworfen, die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen geschürt zu | |
haben, da er die Sunniten im Irak zu wenig in die politischen | |
Entscheidungsprozesse einbeziehe. | |
18 Jul 2014 | |
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