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# taz.de -- Gazakrieg fordert immer mehr Opfer: Pausenlos donnert die Artillerie
> Israel bombardiert weiter, doch die Hamas zeigt keine
> Ermüdungserscheinungen. Nur ein Waffenstillstand kann langfristig Ruhe
> bringen.
Bild: Nicht nur über 300 Tote hat die israelische Offensive gefordert. Die Pal…
JERUSALEM taz | Eine Dauerserie von Kanonenfeuer und Bombenexplosionen riss
Maram Humaid und ihre Familie in den frühen Morgenstunden aus dem Schlaf.
Pausenlos donnern die Artilleriegeschosse im Grenzbereich des
Gazastreifens. Die 23-Jährige lebt mit ihren Eltern und sieben Geschwistern
im Norden der Stadt Gaza. „Es waren innerhalb von zehn Minuten mindestens
15 Angriffe", berichtet die junge Palästinenserin am Telefon. „Der Lärm
kommt von überall her und ist kaum auszuhalten.“
Mit der Invasion der israelischen Truppen seit Donnerstagnacht steigt die
Zahl der Opfer dramatisch an. Über 330 Tote zählen die Palästinenser und
fast zehnmal soviele Verletzte, darunter viele, die Arme oder Beine
verloren haben. Auf israelischer Seite starb am Samstag der zweite Zivilist
infolge der Angriffe aus dem Gazastreifen. Bei Kämpfen mit Hamas-Milizen in
Gaza wurden außerdem mehrere Soldaten verletzt.
Seit zwölf Tagen haben Maram Humaid und ihre Geschwister die Wohnung ihrer
Eltern nicht verlassen. Die zehnjährigen Zwillingsschwestern „weinen
nachts, sie wollen nur weg von hier“. Auch die Zahl der Flüchtlinge steige
permanent, sagt Maram. Rund 40.000 Menschen suchten derzeit Unterschlupf in
UN-Einrichtungen. Die Palästinenserin berichtet von einer Tante, die in
einem Hochhaus unweit der Grenze lebt, das am Vortag bombardiert wurde.
Zwei „Türme“ seien dort zerstört worden.
Das erklärte militärische Ziel der israelischen Bodenoffensive ist die
Aufdeckung und Zerstörung der geheimen Tunnel zwischen dem Gazastreifen und
Israel. Gut ein Dutzend Tunnel „mit 31 Öffnungspunkten“, so heißt es in
einer Mitteilung der Armee, konnten bereits in den ersten 36 Stunden der
Invasion „angegriffen werden“. Je schneller die Bodentruppen bei der Suche
der Tunnel vorankommen, desto eher können die Soldaten auch wieder
abgezogen werden.
Der Versuch der Hamas, ein Terrorkommando auf dem Seeweg einzuschleusen,
zeigte indes erneut, dass die Gefahr neuer Attentate und Entführungen nicht
allein von den geheimen unterirdischen Gängen ausgeht. Israels erklärtes
Ziel einer langfristigen Ruhe ist nur durch einen Waffenstillstandsvertrag
zu erreichen.
## Mit Sprengstoff beladener Esel
Die Armee bekämpft die Hamas an drei Fronten: Die Suche nach den Tunnel,
die sich vor allem auf den Grenzbereich konzentriert, die fortgesetzten
Angriffe der Luftwaffe und der Marine auf die Infrastruktur der islamischen
Extremisten und der Schutz der Zivilbevölkerung durch das
Heimfrontkommando.
Nach zwölf Tagen der Operation „Schützende Klippe“ zeigt die Hamas noch
keinerlei Ermüdungserscheinungen. Auch gestern dauerte der Raketenbeschuss
mit unverminderter Macht weiter an. Ein wenig ruhiger ist es einzig für die
israelische Bevölkerung geworden, die in unmittelbarem Umfeld des
Gazastreifens mit Mörsergranaten und Kassam-Raketen angegriffen worden war.
Beide Waffen verfügen nur über eine sehr kurze Reichweite. Die
Bodenoffensive der israelischen Armee drängt die Hamas-Kämpfer von der
Grenzregion soweit zurück, dass sie mit Mörsergranaten nicht mehr viel
ausrichten können.
Neu beim Kampf der Hamas gegen die Armee ist der Einsatz von Tieren. Ein
mit Sprengstoff beladener Esel näherte sich in der Nacht zum Freitag einer
Einheit im Gazastreifen, die indes von den Nachrichtendiensten vorgewarnt
waren und den Sprengstoff in sicherer Entfernung für sie zur Explosion
bringen konnten.
Unterdessen laufen die diplomatischen Vermittlungsbemühungen weiter auf
Hochtouren. UN-Generalsekretär reiste am Wochenende in den Nahen Osten, um
sich persönlich für eine Beruhigung der Lager starkzumachen. Mussa Abu
Marsuk, die Nummer zwei der politischen Hamasführung im Exil, kritisierte
den Begriff „Feindselige“ Operationen, wie es in dem ägyptischen Entwurf
für einen Waffenstillstandsvertrag heißt, anstelle von „Widerstand“.
Die Hamas, so verlautete von Politbürochef Khaled Mashal, werde solange
eine Feuerpause verweigern, solange die israelische Blockade über den
Gazastreifen andauert. Mashal fordert außerdem, dass einige Dutzende
Hamas-Kämpfer, die vor drei Jahren im Zuge eines Geiselhandels freigelassen
worden waren, jüngst aber neu verhaftet wurden, wieder auf freien Fuß
kommen. Im Gespräch war temporär auch die Forderung nach einem Hafen und
sogar einem Flughafen. Israels Justizministerin Zipi Livni konterte, die
Hamas solle nicht glauben, sie werde für die Raketenangriffe mit derart
illusorischen Preisen belohnt.
19 Jul 2014
## AUTOREN
Susanne Knaul
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Israel
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Gaza
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