# taz.de -- Grün-Rot verteidigt Sponsoring: Bombenparty nach Richtlinie | |
> Darf der Waffenhersteller Diehl für eine grün-rote Party spenden? Ja, | |
> sagt der zuständige Minister und verteidigt den Fall mit alten | |
> CDU-Richtlinien. | |
Bild: Schlecht für's Image? Ministerpräsident Winfried Kretschmann, hier mit … | |
BERLIN taz | Für Baden-Württembergs Landesregierung gibt es an der Sache | |
nichts zu beanstanden. Peter Friedrich, der Bundesratsminister des Landes, | |
verschickte am Montagnachmittag eine Pressemitteilung. „Sponsoring gemäß | |
Richtlinien des Landes“, lautete die Überschrift des Statements des | |
Sozialdemokraten. | |
Friedrich ist der Chef der Landesvertretung Baden-Württembergs in Berlin. | |
Jener Institution also, die genehmigte, dass der Waffenhersteller Diehl die | |
so genannte Stallwächterparty mit 5.000 Euro sponserte. Das beliebte | |
Sommerfest der Landesvertretung gilt als wichtiges Aushängeschild des von | |
Grünen und SPD regierten Bundeslandes. Ministerpräsident Winfried | |
Kretschmann begrüßte dazu am 10. Juli rund 1.500 Gäste aus Politik, | |
Wirtschaft und Kultur. | |
Die Firma Diehl sei bei der Stallwächterparty als einer von 32 Sponsoren | |
aufgetreten, bestätigte Friedrich in der Mitteilung. Und betonte: „Dies | |
erfolgte auf Grundlage der Sponsoring-Richtlinie des Landes.“ Mit allen | |
Sponsoren werde Transparenz vereinbart. | |
Friedrich räumte ein, dass das Sponsoring kein Einzelfall war. Die Diehl | |
Stiftung habe bereits im Februar 2013 die Landesvertretung kontaktiert und | |
Interesse am Sponsoring des Festes des Vorjahres bekundet, schrieb er. „In | |
Vorbereitung der Stallwächterparty 2014 wurden die Vorjahressponsoren | |
angeschrieben und das Sponsoring mit Diehl wurde fortgesetzt.“ Diehl | |
sponsorte das Fest also zweimal. | |
## „Wirklich absolut gar nicht“ | |
Ist das in Ordnung, wie Friedrich argumentiert? Klar ist: Das Sponsoring, | |
welches die Landesvertretung richtliniengemäß abnickte, hat das Zeug, das | |
Image von Kretschmanns Regierung anzukratzen. Die Unternehmensgruppe, die | |
unter dem Namen Diehl Stiftung firmiert, stellt Produkte in verschiedenen | |
Bereichen her, zum Beispiel in der zivilen Luftfahrt. Die Rüstungssparte | |
des Konzerns hat ihren Sitz in Überlingen, Baden-Württemberg. Sie macht | |
jährlich 500 Millionen Euro Umsatz mit Lenkraketen, Infanteriemunition oder | |
Handgranaten. | |
Das Diehl-Sponsoring war deshalb bei den Grünen [1][in die Kritik geraten]. | |
„Ich hätte besser gefunden, wenn die Landesvertretung diese Frage sensibler | |
gehandhabt hätte“, sagte Baden-Württembergs Landeschef Oliver Hildenbrand. | |
Das Sponsoring gehe „wirklich absolut gar nicht“, [2][twitterte Theresa | |
Kalmer], Sprecherin der Grünen Jugend. Die Grünen setzen sich für schärfere | |
Vorschriften für Waffenexporte ein und warben damit im vergangenen | |
Bundestagswahlkampf. | |
Die Opposition im baden-württembergischen Landtag übte ebenfalls scharfe | |
Kritik. CDU-Fraktionschef Peter Hauk nannte das Sponsoring ein „Beispiel | |
für Doppelzüngigkeit, das seinesgleichen sucht“. Gerade die Grünen ließen | |
keine Gelegenheit aus, sich als Partei des Friedens darzustellen und die | |
Bundesregierung anzugreifen, wenn es um Rüstungsfragen gehe. Sein | |
FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sprach von „grüner Doppelmoral“. Das | |
Sponsoring zeige, wie weit bei den Grünen moralische Ansprüche und | |
tatsächliches Handeln auseinanderklaffen. | |
Eine hübsche Ironie ist, dass Grün-Rot das Sponsoring jetzt mit einer | |
Richtlinie rechtfertigt, die ein schwarz-gelbes Kabinett bereits im | |
November 2006 beschlossen hatte. Damals regierte in Baden-Württemberg | |
CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger zusammen mit der FDP. Seine | |
Regierung wollte mit der Richtlinie Zuwendungen von Firmen oder Personen an | |
Landesbehörden transparent machen und Korruption vorbeugen. | |
## Integrität und Ansehen wahren | |
Die Vorgaben, die der taz vorliegen, legen unterschiedliche Kriterien für | |
ein geglücktes Sponsoring fest. So müsse beispielsweise der böse Anschein | |
fremder Einflussnahme vermieden werden, heißt es in dem Papier. Zumindest | |
dies dürfte bei dem aktuellen Fall gelungen sein: Dass Diehl mit läppischen | |
5.000 Euro die Politik einer Landesregierung beeinflussen wollte, die bei | |
Waffenexporten sowieso nichts zu melden hat, ist unwahrscheinlich. | |
Allerdings steht in der Richtlinie auch, dass die Integrität und das | |
Ansehen der öffentlichen Verwaltung gewahrt bleiben müssten. Ob das nach | |
all der Aufregung noch der Fall ist, ist zweifelhaft. Die Richtlinie von | |
CDU und FDP definiert ansonsten keine moralischen oder ethischen Kriterien, | |
nach denen zum Beispiel Rüstungsfirmen ausgeschlossen wären. | |
Ob Rot-Grün weiter so verfährt, blieb am Montag unklar. Minister Friedrich | |
vermied eine Antwort auf die Frage, ob Diehl auch künftig zu den Sponsoren | |
der Stallwächterparty gehören werde. "Wir werden das entscheiden, wenn die | |
Frage im nächsten Jahr ansteht." | |
21 Jul 2014 | |
## LINKS | |
[1] /!142750/ | |
[2] http://twitter.com/theresakalmer/status/490863631173951488 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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