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# taz.de -- Abgestürzte MH17 in der Ukraine: Separatisten übergeben Blackboxes
> Ein Wrackteil der abgeschossenen Maschine soll auf einen Raketentreffer
> hindeuten. Malaysia hat die Flugschreiber erhalten. Die Ukraine
> beschließt die Teilmobilmachung.
Bild: Noch in gutem Zustand: Ein Separatist zeigt Journalisten eine der Blackbo…
DONEZK ap/rtr/dpa | In die Untersuchungen zum Absturz von Flug MH17 kommt
Bewegung: Nach internationalem Druck haben die Separatisten die
Flugschreiber der abgeschossenen Malaysia-Airlines-Passagiermaschine
herausgegeben. Die zwei Blackboxes seien am frühen Dienstagmorgen einem
Team von malaysischen Ermittlern überreicht worden, sagte der Führer der
prorussischen Rebellen, Alexander Borodaj. Zudem verkündeten die
Separatisten eine Waffenruhe rund um die Absturzstelle und erfüllten damit
eine Forderung der Resolution des UN-Sicherheitsrats.
Am Dienstagvormittag hat das Parlament in Kiew eine Teilmobilmachung der
Bevölkerung beschlossen und damit einen entsprechenden Erlass des
ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko bestätigt. Die Teilmobilmachung
bedeutet die Masseneinberufung von Männern im wehrdienstfähigen Alter sowie
von Reservisten. Die Oberste Rada stimmte mit knapper Mehrheit von 232
Stimmen für den umstrittenen Schritt.
Die ukrainische Armee steht im Ruf, extrem schlecht mit Personal, Nahrung
und Technik ausgestattet zu sein. Mit den zusätzlichen Kräften sowie
weiterer Ausrüstung will Poroschenko noch härter gegen die prorussischen
Separatisten in der Ostukraine vorgehen.
Poroschenko begründete den Schritt mit einer Sicherung der nationalen
Unabhängigkeit der Ukraine. Die prorussischen Kräfte in der Ostukraine
wollen eine Abspaltung der Gebiete Donezk und Lugansk von Kiew erreichen.
## „Unmissverständliche Reaktion“
Um den Abschuss der MH17 aufzuklären, hat der UN-Sicherheitsrat am Montag
einstimmig für eine unabhängige internationale Untersuchung des Vorfalls
ausgesprochen. In dem am Montag gebilligten Entwurf werden die Separatisten
zudem dazu aufgerufen, internationalen Zugang zur Absturzstelle zu
ermöglichen und alle militärischen Aktivitäten in der Gegend einzustellen.
Die Resolution sei eine „unmissverständliche Reaktion der internationalen
Gemeinschaft auf einen absolut bedauernswerten Akt“, erklärte die
australische Außenministerin Julie Bishop in New York.
Zuvor hatten Aufständische einen Kühlzug mit den Opfern von Flug MH17 aus
der von ihnen gehaltenen Stadt Tores in Richtung Charkow ziehen lassen.
Von den 298 Menschen an Bord der Maschine der Malaysia Airlines, die am
Donnerstag abgestürzt war, waren 37 Australier und 193 Niederländer. Die
ukrainische Regierung geht davon aus, dass das Flugzeug mit einer Rakete
aus einer in den Separatistengebieten stationierten russischen
Abschussstation vom Himmel geholt wurde.
## Rakete mit Überschallgeschwindigkeit?
Ein durchlöchertes Wrackteil weist laut einem Bericht der New York Times
auf einen Raketentreffer hin. Schrapnell-Spuren seien ein Hinweis darauf,
dass das Flugzeug durch eine Rakete mit Überschallgeschwindigkeit zerstört
wurde, sagten Experten des Verteidigungs-Fachverlags IHS Jane's nach
Auswertung eines von einem NYT-Fotografen aufgenommenen Trümmerteils. Unter
anderem wurde der abgeplatzte Lack an der Außenseite des vom Flugzeugrumpf
stammenden Wrackteils als ein Beleg angeführt. Die Experten vermuten, dass
das Flugzeug durch die Rakete eines russischen „Buk“-Flugabwehrsystems
getroffen wurde.
Vor dem Votum im Sicherheitsrat hatte sich auch Russland hinter den
Resolutionsentwurf gestellt, nachdem das Land zunächst Einwände gegen den
Textlaut angemeldet hat. So wollten die Russen, dass es in dem Dokument
heißt, dass die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO und nicht
die ukrainischen Behörden die Ermittlungen leiten sollten.
Ähnliche Forderungen stellten auch die Separatisten bei der Übergabe der
Flugschreiber, die der malaysische Regierungschef Najib Razak mit
Rebellenführer Borodaj zuvor telefonisch vereinbarte. Die Blackboxes seien
unter der Bedingung übergeben worden, dass sie an Experten der ICAO
weitergereicht würden, sagte Borodaj. Ein Sprecher des malaysischen
Sicherheitsrats bestätigte den Erhalt der Flugschreiber. „Ich kann sehen,
dass sie intakt sind, zwar ein bisschen beschädigt, doch in gutem Zustand“,
sagte Mohamad Sakri. Oberste Priorität habe nun jedoch der Transport der
Leichen nach Amsterdam.
Zunächst werden die Überreste der Opfer von Tores in die von der Kiewer
Regierung kontrollierte Stadt Charkow gebracht und sollen dort vorläufig
untersucht werden. Von dort werden sie nach Amsterdam ausgeflogen.
Ukrainischen Behörden zufolge wurden nach dem Abschuss der
Passagiermaschine der Malaysia Airlines bislang 282 Leichen geborgen. Der
niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte, der Umgang mit den Leichen
scheine besser, als zunächst befürchtet.
Dass die Separatisten die Bergung der Opfer zunächst blockierten, sorgte
vor allem bei Hinterbliebenen für Empörung. „Leichen liegen seit drei Tagen
in der heißen Sonne. Es gibt Leute, die das auf dem Gewissen haben“, sagte
Silene Fredriksz-Hoogzand. Ihr Sohn Bryce und dessen Freundin Daisy Oehlers
wollten mit dem Flug MH 17 in den Urlaub nach Bali fliegen. „Wenn ich
nachts wach liege, sehe ich meinen Sohn auf dem Boden liegen“, fügte sie
hinzu. „Sie müssen nach Hause kommen, nicht nur diese zwei. Jeder muss nach
Hause.“
## Gegenseitige Vorwürfe
Auch US-Präsident Barack Obama kritisierte die Zustände an der
Absturzstelle. Die Rebellen schafften Wrackteile und Leichen weg. Das werfe
die Frage auf: „Was genau wollen sie verbergen?“, fragte Obama. Der Westen
mahnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin zudem, seinen Einfluss auf
die Separatisten geltend zu machen.
Putin selbst verteidigte sich gegen Kritik und warf seinerseits anderen
Staaten vor, den Absturz für ihre eigenen Ziele zu missbrauchen. Er
betonte, dass er alles in seiner Macht Stehende tue, um eine ungehinderte
internationale Untersuchung des Absturzortes zu gewährleisten. Diesen
Worten müssten aber auch Taten folgen, sagte Obama bei einer
Pressekonferenz.
Russland versuchte Behauptungen zu widerlegen, dass die Rebellen für den
Abschuss verantwortlich seien. Das Land habe den Separatisten keine
Boden-Luft-Raketen zur Verfügung gestellt, teilte das
Verteidigungsministerium mit. Es gebe aber Beweise, dass ein ukrainisches
Suchoi-25-Kampfflugzeug am Tag des Absturzes nur drei bis fünf Kilometer
von der Passagiermaschine der Malaysia Airlines entfernt geflogen sei. Dazu
legte das Verteidigungsministerium in Moskau Fotos vor. Die ukrainische
Regierung hatte behauptet, dass keines ihrer Flugzeuge an dem Tag
aufgestiegen sei.
Die EU-Außenminister wollen am Dienstag in Brüssel über den
Ukraine-Konflikt sprechen und dabei auch über die Verschärfung von
Sanktionen gegen Russland beraten.
22 Jul 2014
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