Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hormonelle Empfängnisprävention: Verhütung auf Knopfdruck
> 16 Jahre lang soll ein in den Körper eingepflanzter Chip künftig
> Schwangerschaften verhindern. Gesteuert wird das per Fernbedienung. Das
> birgt Risiken.
Bild: Hat die Pille bald ausgedient? Der Verhütungschip soll Hormonvorräte f�…
BERLIN taz | Generationen von Frauen mussten täglich daran denken, die
Antibabypille einzunehmen, um eine ungewollte Schwangerschaft zu
verhindern. Das Verhütungsstäbchen, seit etwa 15 Jahren in Deutschland auf
dem Markt, verlangt schon weniger Aufmerksamkeit von seiner Anwenderin.
Einmal eingepflanzt pumpt es drei Jahre lang Gestagene in den weiblichen
Körper. Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in
Cambridge haben diesen Trend der bequemen Art der Verhütung nun auf die
Spitze getrieben: Sie entwickelten einen ferngesteuerten Mikrochip, der bis
zu 16 Jahre lang Hormone zur Empfängnisverhütung an den Organismus abgibt.
Dies berichtete das Onlinemagazin des MIT Technology Review Anfang Juli.
Der Chip ist mit den Maßen 20 mal 20 mal 7 Millimeter nicht größer als ein
Fingernagel und wird im Po-, Oberarm- oder Bauchbereich unter die Haut
eingepflanzt. Er enthält kleine Hormonreservoire, die durch ein Siegel aus
Titan und Platin geschützt abgeschlossen sind. Der elektrische Strom einer
im Chip enthaltenen Batterie schmilzt dieses Siegel. So gelangt täglich
eine Dosis von 30 Mikrogramm Levonorgestrel in den Körper, einem Gestagen,
das auch in Pille und Spirale Anwendung findet.
Das MIT wirbt mit einer weiteren Bequemlichkeit: Der Chip kann per eine
Fernbedienung aktiviert und deaktivert werden. Frauen können so in den 16
Jahren Verhütungspausen einlegen, ohne sich den Chip operativ entfernen
lassen zu müssen. Die Fernbedienung hat eine sehr kurze Reichweite, die
Kommunikation mit dem Gerät erfolgt nur hautnah. So soll verhindert werden,
dass fremde Personen den Chip aus der Distanz umprogrammieren.
Bis zu 16 Jahre lang geschützt und doch auf Knopfdruck empfängnisfähig. Das
mag verlockend scheinen. Für Cornelia Burgert, Sozialpädagogin am
Feministischen Frauengesundheitszentrum e. V. Berlin (FFGZ) klingt es
vielmehr nach einem Albtraum. „Diese hormonellen Verhütungsmethoden werden
immer weiterentwickelt, ohne dass auf die gesundheitliche Belastung für
Frauen aufmerksam gemacht wird.“
## Warnung vor hormonellem Super-GAU
Schon herkömmliche Hormonpräparaten würden viele Risiken bergen. Gestagene
in der Hormonspirale könne beispielsweise zu Depressionen und verringerter
Libido führen. „Nicht auszudenken, wenn beim Mikrochip etwas schiefginge.
Wenn die Hormone, die für 16 Jahre reichen sollen, alle auf einmal in den
Körper gepumpt würden, wäre das ein hormoneller Super-GAU! So ein
Hormonschock hätte nicht nur Konsequenzen für die Psyche, auch die
Schilddrüse könnte komplett aus dem Lot geraten“, warnt Burgert.
Zudem zweifelt sie an der Zuverlässigkeit der Methode. „Wer sagt mir, dass
der Chip noch funktioniert, wenn er zwei Jahre lang nicht aktiviert wurde?
Und was ist, wenn er verrutscht und nicht mehr steuerbar ist?“ Diese
Bedenken will das MIT im kommenden Jahr in der vorklinischen Testphase aus
dem Weg räumen. Wenn das Produkt alle Tests besteht, könnte es in vier
Jahren auf den Markt kommen.
Das FFGZ versucht indes, nichthormonelle Verhütung stärker ins Bewusstsein
der Gesellschaft zu rücken. „Es gibt kostengünstige Barrieremethoden, wie
das [1][Diaphragma und die Portiokappe], die bei korrekter Anwendung eine
hohe Sicherheit bieten“, informiert Burgert. So bequem wie ein Tippen auf
die Fernbedienung ist die Anwendung allerdings nicht. Die Portiokappe zum
Beispiel muss vor dem Geschlechtsverkehr auf den Gebärmutterhals gesetzt
und nach spätestens zwei Tagen entfernt werden. Vorteil laut Burgert:
„Diese Verhütungsmittel haben keinerlei gesundheitliche Nebenwirkungen.“
27 Jul 2014
## LINKS
[1] http://ffgz.de/themen/verhuetung_FRAME.htm
## AUTOREN
Bianca Bär
## TAGS
Depression
Verhütung
Hormone
Hartz IV
Pille danach
Veganismus
Pille danach
Schwerpunkt Abtreibung
Verhütung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hartz IV-Entscheidung in München: Kostenlose Pille statt Stigma
In München zahlen Hartz-IV-Empfängerinnen selbst für ihre Verhütung –
bislang. Doch das Geld der Betroffenen reicht dafür nicht immer.
Behörde empfiehlt Freigabe: EU will „Pille danach“ ohne Rezept
Die „Pille danach“ könnte es bald auch in Deutschland rezeptfrei geben. Die
europäische Arzneimittelbehörde hat die Freigabe des Medikaments Ellaone
empfohlen.
Internationaler Weltvegetariertag: Vögeln ohne Tiere
Die wenigsten Verhütungsmittel sind frei von tierischen Bestandteilen.
Pflanzliche Varianten sind nicht besonders sicher, sagen Gynäkologen.
Bundesregierung zur Pille danach: Kaum Nebenwirkungen
Die Regierung räumt ein, dass die „Pille danach“ keine schwerwiegenden
Nebenwirkungen hat. An der Rezeptpflicht will sie trotzdem festhalten.
Rezeptfreie Empfängnisverhütung: Wenn mal wieder was daneben geht
Das Bundesgesundheitsministerium will an der Rezeptpflicht für die „Pille
danach“ festhalten. Mittlerweile sind auch Teile der katholischen „Donum
Vitae“ dagegen.
Nicht zugelassene Verhütungsspritzen: Ermittlungen gegen 300 Frauenärzte
300 Frauenärzte sollen ihre Patientinnen bis 2011 nicht zugelassene
Verhütungsspritzen verabreicht haben. Schon 2009 waren sie vor den Spritzen
gewarnt worden.
Thrombose durch hormonelle Verhütung: Risikofaktor Antibabypille
Drospirenonhaltige Pillen bergen möglicherweise ein höheres
Thromboserisiko. In den USA muss nun verstärkt darauf hingewiesen werden.
Studie zur Antibabyspritze abgebrochen: Spritzus interruptus
Eine Studie zur Antibabyspritze für den Mann wurde jetzt abgebrochen. Die
Männer litten an Depressionen, Gewichtszunahme, Sexproblemen oder Akne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.