# taz.de -- Nahost-Berichterstattung in den USA: Bitte recht israelfreundlich! | |
> In den USA haben drei Journalisten sehr kritisch über Israels | |
> Gaza-Offensive berichtet – und wurden prompt ausgetauscht. | |
Bild: Israelische Soldaten am Strand von Gaza – hier starben vier Jugendliche… | |
Der Gaza-Streifen kann auch für manche JournalistInnen, die für | |
US-Fernsehsender berichten, vermintes Gelände sein. Das haben in der | |
zurückliegenden Woche – während Israel bombardierte - drei zu spüren | |
bekommen, die für NBC, für MSNBC und für CNN arbeiten. | |
Die drei zeichnet aus, dass sie die israelischen An- und Übergriffe in für | |
US-Medien ungwöhnlicher Deutlichkeit beschrieben und kritisiert haben: | |
sowohl in Tweets, als auch vor der Kamera. Ihre Strafe folgte auf dem | |
Fusse: Einer wurde ausgetauscht, die zweite musste nach Moskau gehen, die | |
dritte verlor Einladungen im Fernsehen. | |
Der prominenteste der drei ist Ayman Mohyeldin. Der 35jährige | |
NBC-Korrespondent hat die Welt über die vier palästinensichen Jungen | |
informiert hat, die am Strand von Gaza von einer israelischen Rakete | |
getötet worden sind. Noch Momente vor dem Angriff hatte Mohyeldin am | |
Mittwoch vergangener Woche mit den Jungen Fussball gespielt. | |
Nach ihrem Tod veröffentlichte er – in Einträgen auf Twitter und Fotos auf | |
Instagram – die Namen der Neun– bis Elfjährigen, die alle vier aus der | |
Familie Bakr stammten. Er dokumentierte die ersten Reaktionen ihrer | |
Angehörigen. Und er schrieb einen Tweet, der seither wieder gelöscht worden | |
ist. | |
In dem zu lesen war, dass das US-Aussenministerium die Gruppe Hamas für die | |
israelischen Angriffe auf Gaza und für die Tötung der vier Jungen | |
verantwortlich macht. Weil Hamas den Waffenstillstand nicht akzeptiert | |
habe. | |
## Kein Livebericht für Mohyeldin | |
In der Hauptabendsendung von NBC steuerte Mohyeldin zwar ein paar Details | |
über den Angriff auf die Kinder bei. Aber den Bericht vor der Kamera | |
lieferte ein Journalist, der zum Zeitpunkt des Geschehens weit entfernt in | |
Tel Aviv weilte. Anschliessend verschwand Mohyeldin ganz von der | |
Bildfläche. | |
Tags drauf berichtete das us-amerikanische Onlinemagazin „Intercept“, NBC | |
habe seinen langjährigen Korrespondenten aus Gaza abgezogen. Die | |
Entscheidung sei in der Chefetage gefallen, wusste Autor Glenn Greenwald, | |
und sie habe im Inneren des Senders für Ärger gesorgt. Hausintern | |
begründete NBC den Abzug mit der Sicherheitslage. Doch gleichzeitig | |
schickte der Sender seinen Korrespondenten aus Tel Aviv, Richard Engel, | |
nach Gaza. | |
Insider vermuten, dass Mohyeldins Tweet über das US-Aussenministerium den | |
Ausschlag gab. Der Tweet erschien zu einem Zeitpunkt, als die | |
israelfreundliche öffentliche Meinung in den USA anfing, die Exzesse der | |
Operation „Protective Edge“ kritisch zu hinterfragen. | |
## Proteste in den Sozialen Netzwerken | |
In den sozialen Medien, wo Mohyeldin eine große Fan-Gemeinde hat, löste die | |
Nachricht seines Abzugs einen Proteststurm aus. Unter dem Stichwort | |
#BringBackAyman gingen Tausende Botschaften über Twitter und in die | |
Chefetage von NBC. Der in Ägypten geborene Mohyeldin hat seine Karriere | |
nach den Attentaten vom 11. September begonnen. Berichtete aus | |
verschiedenen arabischen Ländern für CNN und Al Jazeera. Und wechselte 2011 | |
zu NBC. Gaza kennt er wie seine Westentasche. | |
Die sozialen Medien siegten. Drei Tage nach seinem Abzug kehrte Mohyeldin | |
als Korrespondent nach Gaza zurück, wo sein erster Weg in das | |
Leichenschauhaus führte. Auf Twitter dankte er für die Unterstützung. Und | |
NBC veröffentlichte eine Presseerklärung, die seine Arbeit in höchsten | |
Tönen lobt und wie das Eingeständnis eines Fehlers klingt. | |
## Bericht über jubelnde Israelis | |
CNN hingegen machte bei seiner Journalistin Diana Magnay kurzen Prozess. Am | |
Abend des beginnenden Bodenkrieges stand Magnay auf einem Hügel auf der | |
israelischen Seite der Grenze und berichtete auch über den Jubel einer | |
Gruppe von im Hintergrund hörbaren Israelis über jeden neuen | |
Bombeneinschlag in Gaza. | |
Anschliessend veröffentlichte sie einen Tweet, in dem sie beschrieb, wie | |
jene Gruppe ihr gedroht hatte, ihr Auto kaputtzumachen, falls sie ein | |
falsches Wort sage. „Scum“ - Abschaum, beendete sie ihren Eintrag. Tags | |
darauf musste sie nach Moskau gehen. Ihr Tweet verschwand. Und eine | |
CNN-Sprecherin entschuldigte sich öffentlich für die „mögliche Kränkung�… | |
## Kaum palästinensische Stimmen | |
In dieser Woche platzte einer in Haifa geborenen und in den USA lebenden | |
arabisch-israelischen Journalistin auf dem Sender MSNBC der Kragen. Rula | |
Jebreal, die seit zwei Jahren regelmässig bei MSNBC erscheint, wetterte | |
gegen die „pro-israelische Voreingenommenheit der US-Medien“. Sie | |
kritisierte, dass Netanjahu lange Interviews im US-Fernsehen geben dürfe, | |
während palästinensische Stimmen fast nicht vorkomme. | |
Als Erklärung für die tendenziöse Berichterstattung machte sie aus: „Geld�… | |
und den Einfluss israelischer Lobby-Gruppen, wie AIPAC. Und sie | |
kulminierte: „Es ist ein Medienskandal. Wir reden monatelang über einen | |
'Brückenskandal' in New Jersey und ducken uns weg, wenn es um Israel geht“. | |
Kaum war ihr Live-Auftritt bei MNSBC vorbei, erhielt sie erste Ausladungen | |
für künftige Sendungen. | |
26 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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