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# taz.de -- Schweinis Schmähgesänge: Hadi hadi hadi ho
> „BVB-Hurensöhne“ schmetterte Fußballnationalspieler Bastian
> Schweinsteiger – und wurde dabei gefilmt. Nun zeigt er sich reumütig.
Bild: Oh je! Was soll BVB-Kollege Kevin Großkreutz (r.) jetzt denken?
Schmähgesänge gibt es schon sehr, sehr lange. Von eher unschuldigen Zeilen
wie „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ über Klassenfeindliches wie
„Arbeitslos und eine Flasche Bier, das ist der S04“ (Schalke 04) bis hin zu
durchaus nachvollziehbar erscheinendem „Was ist grün und stinkt nach Fisch?
Werder Bremen!“ ist die Bandbreite des Schmähgesangs recht breit. Auch
schön: „Das sind Kölner, asoziale Kölner, schlafen unter Brücken, oder in
der Bahnhofsmission“.
Relativ neu sind die Gesänge „So gehn die Gauchos, die Gauchos gehen so“,
„eine neue Liga ist wie ein neues Leben, schalalalala-lala“ (in Richtung
von Club- und Braunschweig-Fans) und jetzt eben das: „Hadi hadi hadi ho,
BVB-Hurensöhne.“
Gesungen hat Letzteres kürzlich Bastian Schweinsteiger, heimlicher Kapitän
des FC Bayern, auf einer „privaten“ Feier irgendwann kurz vor seinem
Urlaub. [1][Leider wurde das Ganze gefilmt.] Text und Melodie sind nicht
wirklich einfallsreich, und auf welches Original das Liedgut zurückzuführen
ist, wird auch nicht recht klar. Der Punkt ist: [2][Bastian Schweinsteiger
hat sich für den Gesang entschuldigt.] Weniger für die schrägen Töne, mehr
für den Text: „Mit dem Schimpfwort möchte ich keinen beleidigen.“
Wobei es hier nicht darum gehen soll, ob „Hurensöhne“ wirklich ein
Schimpfwort sein muss. Nach Recherche bei Betroffenen ist „Hurensohn“
nichts, was prototypisch für einen Anhänger oder Spieler des BVB, also von
Borussia Dortmund, wäre. In Dortmund gibt es wahrscheinlich nicht mehr
reproduzierende Prostituierte als anderswo, und gute Nachwuchsarbeit wird
auch an anderen Orten geleistet. Insofern wäre „gelbe Zähne, schwarze Füß…
treffender.
## Unter Beobachtung
Interessanter ist, dass sich Schweinsteiger überhaupt entschuldigt hat. Im
Hotelzimmer, im Hochformat (vermutlich auch per Handy), im weißen Hemd,
neben ihm ist nur ein ebenso eierschalenweißer Armleuchter im Bild. Zur
Erinnerung: „Opa“ Klose & Co. haben sich für den „Gaucho-Tanz“ auf der
Fanmeile durchaus nicht entschuldigt, im Gegenteil. Das sei Teil der
Fankultur, so der einhellige Tenor von DFB und ihren Sängern.
Zu vermuten ist, dass sich „Schweini“ nicht schon vor den kommenden Duellen
seines FCB mit dem Erzfeind aus Dortmund anlegen möchte (ja, bald ist
Supercup), zu vermuten auch, dass in der großen Harmonie-Blase in Brasilien
auch Freundschaften über Vereinsgrenzen hinaus entstanden sind, nicht
zuletzt zum Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz.
Apropos Großkreutz: Wer hat eigentlich damals die Pfütze weggemacht, die
der Schweini-Neukumpel in einem Berliner Hotel nach dem verlorenen
Pokalfinale hinterlassen hat?
Eine Lappalie. Wie das Schweinigate im Grunde auch. Ausrutscher, so könnte
man formulieren, gehören eben dazu. Der Fußball ist immer noch nah am
Bodensatz, Fankultur und Niveau sind eher als Gegensätze zu denken. Die
seit ein paar Jahren um sich greifende Solidarität der Spieler mit den Fans
birgt also Gefahren – die Fans dürfen politically incorrect sein, die
Profispieler nicht. Die haben das, was man öffentliche Verantwortung nennt.
Denn sie stehen in der Öffentlichkeit, und zwar immer, vierundzwanzig
Stunden am Tag, in der Arbeitszeit wie in der Freizeit, im Hotel wie im
Urlaub, filmenden Handys und sozialen Netzwerken sei Dank.
## Funkiller
Ausnahmen (Jogis Führerscheinentzug, des Kaisers schlechtes
Fifa-Geschäfts-Englisch) bestätigen wie immer die Regel. Ständig politisch
korrekt sein zu müssen, ist auch ein Funkiller, aber nur dann, wenn man
unter „Fun“ partout das aggressive Schmähen des Gegners versteht.
Borussia Dortmund hat die Entschuldigung Bastian Schweinsteigers jedenfalls
offiziell angenommen. Gut so. Der Käse ist gegessen, der Mund abgeputzt.
Das Fußballdorf wartet schon auf die nächste Kuh.
28 Jul 2014
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=D97Qiq_hlII
[2] http://www.facebook.com/photo.php?v=10152559482874723
## AUTOREN
Rene Hamann
## TAGS
Bastian Schweinsteiger
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Entschuldigung
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