| # taz.de -- Gewalt in der Pflege: Bewährung für Altenpflegerin | |
| > Die Altenpflegerin, die im Forum Ellener Hof eine Frau misshandelt hat, | |
| > bekam im Berufungsverfahren vorm Landgericht eine Freiheitsstrafe auf | |
| > Bewährung. | |
| Bild: AltenpflegerInnen bekommen immer Jobs - der Pflegenotstand macht's mögli… | |
| BREMEN taz | Sechs Monate Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung, | |
| ausgesetzt zur Bewährung: So lautete das Urteil im Berufungsverfahren vor | |
| dem Landgericht gegen eine Altenpflegerin, die eine 84-jährige Frau im | |
| Bremer Pflegeheim Forum Ellener Hof misshandelt hatte. Den Beweis dafür | |
| lieferten heimlich gedrehte Videoaufnahmen ihrer Söhne. | |
| „Die schlägt mich“, hatte die Frau ihren Söhnen monatelang immer wieder | |
| gesagt und damit Pflegerin Silke T. gemeint – aber niemand glaubte ihr. | |
| Also installierten die Männer eine versteckte Kamera, die direkt ein | |
| Ergebnis lieferte: Die Aufnahmen zeigen, wie T. der alten Frau an den | |
| Haaren zieht und wie sie die Seniorin brutal aufs Bett schmeißt. | |
| Das Amtsgericht verurteilte die Pflegerin dafür vor knapp einem Jahr zu | |
| rund 2.000 Euro Geldstrafe wegen Körperverletzung. Doch die | |
| Staatsanwaltschaft legte Berufung ein: Sie wollte ein Berufsverbot für die | |
| Altenpflegerin erwirken. Denn T. war bereits in der Vergangenheit immer | |
| wieder auffällig geworden aufgrund ihres ruppigen Umgangs mit alten | |
| Menschen. In verschiedenen Pflegeeinrichtungen wurde sie schon nach kurzer | |
| Zeit wieder gekündigt. | |
| Die Heimleiterin einer dieser Einrichtungen sagte gestern als Zeugin aus: | |
| Die dementen PatientInnen von T. hätten blaue Flecken gehabt und massive | |
| Ängste, Angehörige hätten sich beschwert. T. habe jedoch stets alles | |
| bestritten. Sie habe Kontakt zur vorherigen Arbeitsstelle T.s aufgenommen | |
| und dort ebenfalls „Andeutungen“ auf Fehlverhalten der Pflegerin erfahren. | |
| „Frau T. ist absolut ungeeignet für die Pflege“, sagte sie. | |
| Trotz lückenhaften Lebenslaufs und stets nur kurzzeitiger Anstellungen: T. | |
| bekam immer wieder Jobs – und das bis heute. Über eine Zeitarbeitsfirma | |
| wird sie in Pflegeheime vermittelt, „allerdings lehnen manche sie aufgrund | |
| der Vorstrafe und der großen medialen Aufmerksamkeit ab“, so ihre Anwältin | |
| Jennifer Jakobi. Der Anwalt der beiden Söhne als Nebenkläger, Hanno von | |
| Freyhold, formuliert es umgekehrt: „Trotzdem bekommt sie immer wieder | |
| Stellen – ein Umstand, der viel darüber aussagt, wie groß der | |
| Personalmangel in der Altenpflege ist.“ | |
| In Zukunft dürfte die Jobsuche für Silke T. schwieriger werden, denn sollte | |
| keine Revision eingelegt werden, wird in ihrem Führungszeugnis eine | |
| Freiheitsstrafe stehen – ein Urteil, das für die Söhne „halb | |
| zufriedenstellend“ ist: „Unsere Mutter ist in Sicherheit – andere alte | |
| Menschen aber nicht.“ Aber für ein Berufsverbot waren die Hürden zu hoch: | |
| „Frau T. ist juristisch Ersttäterin, da wird nur in absoluten | |
| Ausnahmefällen ein Berufsverbot verhängt“, so Anwalt von Freyhold. Erhofft | |
| hätte er sich aber eine Weisung des Richters, nach der T. während der | |
| dreijährigen Bewährungszeit keine hilflosen und dementen Menschen mehr | |
| pflegen dürfte. | |
| Das, so Richter Reinhard Wacker, wäre aber einem Berufsverbot | |
| gleichgekommen: „Eine Altenpflegerin wird nirgends eingestellt, wo sie | |
| schwer pflegebedürftige Menschen nicht versorgen darf.“ Da T. nach ihrer | |
| Verurteilung nicht wieder auffällig geworden sei, bestünde außerdem keine | |
| Wiederholungsgefahr. | |
| 29 Jul 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schnase | |
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