# taz.de -- Private Waffen in den USA: Eine Gnadenfrist für Washington | |
> Seit 32 Jahren darf in der US-Hauptstadt niemand Schusswaffen auf der | |
> Straße tragen. In drei Monaten endet diese Regelung. | |
Bild: In Zukunft dürfen dann wohl die Besucher der National Mall bewaffnet spa… | |
WASHINGTON taz | Die US-Hauptstadt bekommt eine Gnadenfrist von 90 Tagen. | |
So lange müssen sich die FreundInnen der Schusswaffen noch gedulden, bis | |
sie legal mit ihren Pistolen am Kongress und am Weißen Haus | |
vorbeiparadieren dürfen. Den Aufschub hat am Montag ein Bundesrichter | |
verfügt. Er gibt Bürgermeister Vincent Gray bis zum 22. Oktober Zeit, auf | |
die neue Lage zu reagieren. | |
Bis vergangene Woche war Washington die einzige US-amerikanische Stadt, in | |
der BürgerInnen keine Schusswaffen auf der Straße tragen durften. Jetzt hat | |
Gray im Wesentlichen zwei Alternativen: Entweder er regelt das Waffentragen | |
in Washington per Gesetz. Oder er reicht eine Berufungsklage ein, um zu | |
versuchen, Schusswaffen im öffentlichen Leben von Washington doch noch zu | |
verhindern. | |
Dem Aufschub vorausgegangen war einer der größten Siege der | |
Schusswaffenlobby. Am Samstag entschied Bundesrichter Frederick Scullin, | |
dass das Verbot von Schusswaffen, das seit 32 Jahren in Washington galt, | |
nicht verfassungskonform ist und sofort aufgehoben werden muss. | |
Der Bundesrichter verlangt, dass alle, die legal registrierte Pistolen und | |
einen Waffenschein besitzen, ihr „Grundrecht“ auf Waffentragen auch in | |
Washington auf der Straße ausüben dürfen. Mit seinem Entscheid beruft er | |
sich auf das Oberste Gericht der USA, das im Jahr 2008 die Gültigkeit des | |
zweiten Zusatzes zur US-Verfassung bestätigt hat. | |
## Höchste Polizeidichte des Landes | |
Eingereicht hatten die Klage, die nach fünfjährigem Verfahren zu Ende ging, | |
drei Männer und eine Frau. Sie stammen aus dem rechtslibertären Milieu und | |
arbeiten seit Jahren daran, immer größere Freiräume für das | |
Schusswaffentragen zu erkämpfen. Hauptkläger Tom Palmer ist führender | |
Mitarbeiter der Cato-Stiftung, hat rund um die Wende von 1989 | |
oppositionelle Bewegungen in Osteuropa mit Faxen, Druckern und | |
rechtslibertären Ideen beliefert und begründet sein Engagement für das | |
Recht auf Schusswaffentragen nicht nur ideologisch, sondern auch mit einer | |
persönlichen Erfahrung. Der homosexuelle Palmer erzählt, er habe einen | |
Überfall von homophoben Angreifern nur dank einer Schusswaffe abwehren | |
können. | |
Die vier haben ihre Klage mit ihrem Anspruch auf „Selbstverteidigung“ | |
begründet. Doch Washington hat die höchste Polizeidichte der USA. Nach | |
Angaben des FBI kommen in Washington 68,5 PolizistInnen auf 10.000 | |
EinwohnerInnen – dabei sind die zahlreichen Geheimdienste, die | |
Spezialpolizeieinheiten und das Militär nicht mitgezählt. New York hat | |
„nur“ 59,5 PolizistInnen auf 10.000 EinwohnerInnen. | |
Politisch ist Washington eine demokratische Hochburg. Bei Wahlen haben die | |
rechtsstehenden SchusswaffenfreundInnen wenig zu melden. Wenn die | |
Schusswaffenlobby in den vergangenen Jahren in der US-Hauptstadt für ihr | |
„Grundrecht“ demonstrieren wollte, musste sie das entweder ohne | |
Schusswaffen tun – oder sich in Vororte zurückziehen, die verwaltungsmäßig | |
nicht zum Hauptstadtdistrikt gehören und Schusswaffen schon lange zulassen. | |
30 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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