# taz.de -- Deutsche Werft investiert in Finnland: Urlaubskreuzfahrten gesichert | |
> Die Meyer-Werft kauft die finnische Konkurrenz. Damit entsteht ein großer | |
> Player. Doch der Zukauf könnte Arbeitsplätze kosten. | |
Bild: Genau wie dieses Kreuzfahrtschiff von der Meyer-Werft, müssen derzeit no… | |
STOCKHOLM taz | „Ein perfekter Tag!“, titelte Turun Sanomat, die | |
Lokalzeitung der finnischen Hafenstadt Turku, am Dienstag. Dazu druckte sie | |
11.000 blaue und orange Schutzhelme auf die erste Seite: Das ist die Zahl | |
der Arbeitsplätze, die auf der STX-Cruise-Werft zunächst gerettet sein | |
sollen, nachdem die deutsche Meyer-Werft und der finnische Staat am Montag | |
den gemeinsamen Kauf bekannt gegeben hatten. Die auf Kreuzfahrtriesen | |
spezialisierte und seit Jahren kriselnde Werft soll nun Meyer Turku | |
Shipyard heißen. | |
Auch am Tag danach wurden weder Einzelheiten des Deals noch die Kaufsumme | |
bekannt. Klar ist jedoch, dass die Meyer-Werft nun auf dem europäischen | |
Markt zur italienischen und französischen Konkurrenz aufschließt. | |
Geschäftsführer Jan Meyer erwartet Synergieeffekte durch gemeinsame | |
Forschung und Entwicklung und verspricht, dass der deutsche und der neue | |
finnische Standort gleichermaßen gestärkt würden. | |
Ob das auch für die Arbeitsplätze der rund 3.000 Beschäftigten in Papenburg | |
gilt, muss sich noch zeigen. Denn der neue Standort in Turku liegt direkt | |
an der Ostseeküste. Beschränkungen wie auf der Ems gibt es dort nicht. Dort | |
muss der Fluss immer wieder künstlich aufgestaut werden, wenn ein | |
fertiggestellter Ozeanriese in die Nordsee überführt werden soll. | |
Ökologisch ist das problematisch. Deshalb könnte es sich für Meyer rechnen, | |
neue Aufträge für Dickschiffe in Zukunft gleich nach Turku zu verlegen. | |
In Finnland ist man für die kommenden zwei Jahre allerdings erst einmal | |
ausgelastet. Gleich nach der Ankündigung der Übernahme hat der deutsche | |
Touristikkonzern TUI der Werft in Turku, die derzeit noch sein | |
Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 4“ für 2.500 Passagiere baut, zwei | |
Folgeaufträge für die ebenso großen „Mein Schiff 5“ und „Mein Schiff 6… | |
erteilt. | |
## Meyer setzt die Finnen unter Druck | |
Meyer hatte klargemacht, dass er kein Interesse an einer Werft ohne | |
Aufträge habe – und Helsinki damit unter Druck gesetzt, die Möglichkeiten | |
staatlicher Beihilfen für den TUI-Auftrag auszureizen. | |
Beihilfen in Form von öffentlichen Bürgschaften und Kredithilfen sind | |
allgemein üblich und ein Grund dafür, dass die europäische Werftindustrie | |
auf dem Kreuzfahrtsektor einigermaßen mit der asiatischen Konkurrenz | |
mithalten kann. Selbst die ansonsten in vielen Fällen subventionskritische | |
EU erlaubt bei Kreuzfahrtschiffen staatliche Hilfen in Höhe von bis zu 80 | |
Prozent des Kaufpreises. | |
Bei dem bisherigen Eigentümer der Werft in Turku, der südkoreanischen | |
STX-Gruppe, hatten die Finnen aber Bedenken, Beihilfen zuzusagen. Sie | |
befürchteten offenbar, die Muttergesellschaft könne die Werft in Konkurs | |
gehen lassen, bevor die Schiffe fertiggestellt wären. Denn das hätte die | |
Rückzahlung von Krediten gefährdet. Und TUI wollte auf dieser unsicheren | |
Basis auch keinen Auftrag erteilen. Dieses Problem scheint nun mit dem | |
Verkauf an Meyer als Mehrheitseigentümer und den finnischen Staat gelöst zu | |
sein. | |
Der Deal hat in Finnland erstaunlich wenig Kritik ausgelöst. Weder stört | |
man sich an der Miteigentümerschaft des Staates, die ihn nun über das | |
Arbeitsplatzargument erpressbar machen könnte, noch an den indirekten | |
Subventionen über Finanzierungshilfen. | |
Dabei ist der durch immer billigere Angebote getriebene Boom der | |
europäischen Kreuzfahrtbranche ökologisch zumindest strittig. Die Schiffe | |
tragen wegen der Verbrennung von Schweröl und unzureichender Abgasreinigung | |
massiv zur Luftverschmutzung in den Hafenstädten bei und verursachen | |
erhebliche CO2-Emissionen. | |
5 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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