# taz.de -- Stadtmitte: Hauptsache, öffentlich | |
> Öffentliche Nutzungen, Anbindung an die Kieze, Neubau eines | |
> Rathausplatzes: Die Stiftung Zukunft Berlin will die Mitte nicht mehr | |
> allein der Politik überlassen. | |
Bild: Zwischen Marienkirche (links) und Rotem Rathaus (rechts) wäre noch Platz… | |
„Die Größe der Aufgabe ist einmalig“, schwärmt Lea Rosh, die selbst einm… | |
ein großes Projekt, das Holocaustmahnmal, anschieben durfte. „In Berlin | |
haben wir die Planung und Gestaltung der Stadtmitte noch vor uns.“ Diese | |
gewaltige Aufgabe, sagte Rosh am Dienstag auf der Präsentation von | |
sogenannten Essentials der Stiftung Zukunft Berlin zur Berliner Stadtmitte, | |
dürfe man aber nicht allein der Politik oder der Verwaltung überlassen. | |
So groß wie die Aufgabe ist allerdings auch die Fallhöhe. Mehr als einen | |
ideologischen Streit hat die Politik bislang nicht zustande gebracht. Da | |
sind zum einen die Vertreter einer Rekonstruktion, die rund um die | |
freistehende Marienkirche die Berliner Altstadt – möglichst putzig – | |
wiederauferstehen lassen wollen. Den Gegenpart bildet Senatsbaudirektorin | |
Regula Lüscher, die den Freiraum, der zu DDR-Zeiten zwischen Fernsehturm | |
und Spree entstand, qualifizieren möchte. „Bevor wir aber die Frage der | |
Bebauung klären“, sagt Stefan Richter, der die Arbeitsgruppe Stadtmitte der | |
Stiftung Zukunft Berlin koordiniert, „müssen wir zuallererst über die | |
Funktion diskutieren, die dieser Ort zukünftig haben soll.“ | |
Dazu hat sich die Stiftung mit ihren Essentials nun zu Wort gemeldet. Ganz | |
entscheidend dabei soll der öffentliche Charakter zwischen Fernsehturm und | |
künftigem Humboldt-Forum, Rotem Rathaus und Marienkirche sein. „Hier trifft | |
sich eine Weltachse mit einer Stadtachse“, meint Wolf-Dieter Heilmeyer, | |
ehemaliger Leiter der Antikensammlung Berlin und ebenfalls Mitglied der | |
Arbeitsgruppe. Zur Weltachse gehöre das Humboldt-Forum und der Fernsehturm, | |
zur Stadtachse das Rote Rathaus oder das Märkische Museum. | |
## Stadt trifft Welt | |
Zu dieser Stadtachse soll nun auch ein Rathausplatz kommen, ein Ort, an dem | |
Berlin demonstrieren, feiern und auch empfangen könne, wie es hieß. Von | |
einem Verkauf der Flächen an private Investoren, die anschließend die | |
Berliner Altstadt bauen sollen, hält Heilmeyer dagegen wenig. „Es ist | |
schwer vorstellbar, dass die öffentliche Funktion mit einer kleinteiligen | |
Bebauung realisiert werden kann.“ | |
Die Essentials der Stiftung Zukunft Berlin, deren Spiritus Rector der | |
ehemalige Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer ist, sind Ergebnis eines | |
langen Diskussionsprozesses, an dem zahlreiche Akteure aus der | |
Stadtplanung, der Wirtschaft, Politik und Bürgerinitiativen beteiligt | |
waren. Den Beratungen in der Arbeitsgruppe, zu der auch eine internationale | |
Konferenz gehörte, soll nun ein Dialogprozess folgen, der dann auch | |
Vorschläge für eine Entscheidung des Abgeordnetenhauses formulieren möchte. | |
„Auf dieser Basis kann es dann erste Wettbewerbe für das Areal geben“, | |
sagte Stiftungsmann Richter. | |
## Abrisse denkbar | |
Ganz ohne neue Konflikte aber wird das nicht gehen. Ein Essential, das am | |
Dienstag auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde, ist auch eine | |
stärkere Anbindung der Berliner Mitte an die angrenzenden Quartiere. „Die | |
gefühlte Distanz zum Hackeschen Markt ist unerträglich groß“, moniert etwa | |
Volker Hassemer. Er kann sich deshalb auch Teilabrisse der Wohnbebauung an | |
der Karl-Liebknecht-Straße vorstellen. | |
Ein ganz konkreter Streitpunkt ist die Umgestaltung des Freiraums rund um | |
die Marienkirche. Während die Senatsbaudirektorin dort so schnell wie | |
möglich mit einer Erneuerung des Platzbelages und einer Abschrägung zum | |
Eingang der Kirche beginnen will, plädieren die Kirche sowie die Stiftung | |
Zukunft Berlin für eine Denkpause. Zunächst sollen historische Grabungen | |
stattfinden, um wichtige Zeugnisse des Marienviertels zu sichern, das sich | |
vor dem Krieg um die Kirche erstreckte. Das aber habe Regula Lüscher | |
abgelehnt, hieß es in einer Aktennotiz, die am Dienstag verteilt wurde. | |
Offenbar wolle Lüscher an dieser Stelle Fakten schaffen. | |
Ganz im Sinne einer öffentlichen Nutzung setzt die Stiftung dagegen auf | |
mehr Beteiligung. Mit im Boot sind unter anderem die | |
Hermann-Henselmann-Stiftung, die sich um das Erbe des DDR-Städtebaus | |
kümmert, sowie das Bürgerforum Berlin. Eine große Orchestrierung also für | |
das Ziel, in der Mitte der Stadt mehr öffentliche Räume zu schaffen. | |
Und ganz im Gegensatz zu einem Teil der Politik, die genau das Gegenteil, | |
eine Privatisierung, will. SPD-Chef Jan Stöß etwa setzt sich dafür ein, in | |
der alten und neuen Stadtmitte Tausende von Wohnungen zu bauen. | |
5 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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