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# taz.de -- Die Wahrheit: Freud, Franzl, meine Frau und Christoph
> Urlaubszeit - Traumzeit: Da kann einem die eigene Partnerin schon mal
> fremd werden.
Bild: Typisch finnisches Balzverhalten: Mund auf und Haare schleudern.
Endlich! Urlaub! Gomera! Valle Gran Rei. Wir wohnten in Calera, hoch über
dem Meer. Ich las „Der Trafikant“ von Robert Seethaler. Über einen
Kiosk-(Trafik!)-Lehrling in Wien, 1938, der eine seltsame Freundschaft zu
Sigmund Freud aufbaut. Freud, Therapeut, Traumdeuter, Libidinist, dazu ein
Lehrling aus dem Salzkammergut auf Selbstsuche – das passte ins Valle. Ich
unterstrich einen Satz von Freud: „Die richtige Frau zu finden ist eine der
schwierigsten Aufgaben in unserer Zivilisation.“
Ich hatte sie gelöst. Neben mir schlief sie. Die richtige Frau. Sie glaubt
es mir nicht, aber manchmal schnarcht sie. Grad jetzt. Sie atmete
regelmäßig. Und hörbar. Freud und Franzl, der Lehrling, gingen durch Wien.
Freud rauchte. Sie schnarchte. Eine wunderbare Nacht. Ich las noch eine
Seite Seethaler, während wir über dem Meer thronten. Freud sagte Franzl, er
solle seine Träume notieren. Ich knipste das Licht aus und schlief ein.
Dann zerriss ein Wort meine schöne Nacht. „Christoph!“ Laut und deutlich
hatte sie das gesagt. „Chris-toph!“ Wer war Christoph? Sie schnarchte
wieder.
Ich kannte keinen Christoph. Kannte sie einen Christoph? Und seit wann
kannte sie einen Christoph? Wie kam der in ihren Traum? Was machten
Christoph und sie in ihrem Traum? Wir waren so lange zusammen, dass wir
eigentlich jeden unserer Ehemaligen kannten. Christoph? War ja nur ein
Traum. Sie hatte doch Christoph gesagt? Ja, hatte sie! Eindeutig! Oder
hatte ich in einem eigenen Traum gehört, wie sie im Traum Christoph gesagt
hatte?
Sie seufzte. Ihr Traum mit Christoph schien schön zu sein. Sie schnarchte
nicht mehr. War sie wach? Konnte ich sie fragen, wer Christoph war? Sollte
ich sie wecken: „Hör mal, wer ist Christoph?“ Was würde ich dann tun, wenn
ich sie wäre? Ich hatte sie schon mal mit einem falschen Namen
angesprochen, unglücklicherweise, als ich wach war. Scheinbar wach. In
Gedanken. Ich hatte Tage gebraucht, ihr den Namen wieder auszureden.
„Wer ist das?“, hatte sie gefragt. „Ein Versehen“, hatte ich gesagt. �…
war ein Versehen?“ – „Nein, den Namen auszusprechen war ein Versehen.“ …
„Was hast du denn aus Versehen mit ihr gemacht?“ – „Ich hab gar nichts
gemacht. Entschuldige bitte!“ – „Aha!“ – „Kann doch mal passieren�…
ich argumentiert. „Mir passiert so was nicht“, hatte sie gesagt. Ich machte
das Licht an. Sie regte sich.
„Liest du immer noch?“, fragte sie verschlafen. „Nee, ich schreib was auf…
– „Was um Himmels willen schreibst du mitten in der Nacht auf?“ – „Fr…
hat gesagt, man soll seine Träume aufschreiben.“ – „Freud? Wie kommst du
jetzt auf Freud?“ – „Ich les grad was mit Freud.“ – „Du liest was m…
Freud? Seit wann interessierst du dich für Psychoanalyse?“ –„Seit du
Christoph gesagt hast“, dachte ich und notierte: „Christoph“. Sonst würde
ich das womöglich nach dem Aufwachen vergessen haben.
„Alles klar bei dir?“ fragte sie. Ich brummte eine unbestimmte Antwort.
Machte das Licht aus, dachte erst an Christoph und dann an den Satz, den
ich just gelesen hatte: „Jaja, seufzte Freud, an den Klippen zum Weiblichen
zerschellen selbst die Besten von uns!“
6 Aug 2014
## AUTOREN
Bernd Gieseking
## TAGS
Sigmund Freud
Traum
Sprachkritik
Finnland
Schwerpunkt Klimawandel
Fußball-WM 2014
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