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# taz.de -- Start der 1. Fußball-Bundesliga: Die große Soap-Opera
> Zum Saisonbeginn der Bundesliga sind viel Zoff, irrlichternde Torhüter
> und bald ein Ösi-Klub zu erwarten. Elf Thesen.
Bild: Hat schon für so manchen Unmut gesorgt: HSV Torwart René Adler
1. Liga ist nicht WM. Gut so!
Kein Elfmeterschießen, wenige Sensationen, kaum Shootingstars. Hier gibt es
keine mit Hochspannung aufgeladene K.-o.-Phase, wichtige Entscheidungen
fallen erst während der letzten Spieltage, also in neun Monaten. Die
Bundesliga ist nicht die WM und auch nicht der Pokal.
Liga heißt Fußballalltag – und ist deshalb etwas für Liebhaber. Für
Menschen, die trotz des ganzen kommerziellen Brimboriums an einem
Dienstagabend im November das Flutlichtspiel des Tabellenvierzehnten gegen
den Fünfzehnten sehen wollen. Vielmehr: sehen müssen. Denn Freiburg gegen
Paderborn kann so schön sein.
2. Es gibt keine „Typen“ mehr.
Wo sind sie hin, die eckigen und kantigen Charaktere, all die unbequemen
„Super-Marios“ oder, um in der Liga-Historie weiter zurückzugehen, die
Walter Froschs? Trainer, die am Spielfeldrand rauchen, Spieler, die aus dem
Trainingslager ausbüxen und in die Disco gehen. Das „Kampfschwein“ ist zum
„Schweini“ geworden – und selbst der ist inzwischen erwachsen.
Der Verlust „echter Typen“ hat viele Gründe: die Professionalisierung des
Spiels, der zunehmende Druck auf die Spieler. Und letztlich ist Fußball
eben auch Abbild gesellschaftlicher Veränderungen: mehr Pop, mehr Leistung,
weniger Originalität.
3. Klasse, der BVB-Bayern-Zoff.
Sie beharken sich wie zwei alte Xanthippen, die Vereinsbosse von Bayern
München und Borussia Dortmund. Man möge doch bitte schön „einfach mal den
Mund halten“, schimpfen die Gelben. Der Rekordmeister lasse sich „von
niemandem den Mund verbieten“, geifern die Roten.
Das ist noch besser als der Zickenzoff zwischen Claudia Pechstein und Anni
Friesinger vor ein paar Jahren. Die Liga, das beweist der Zwist der
Schwergewichte, ist nichts anderes als eine große Soap-Opera in 34 Folgen.
4. Willkommen in der Dreiklassengesellschaft.
In der Bundesliga wisse man ja schon vorher, wer gewinnt, ätzte José
Mourinho neulich: Bayern oder Dortmund. Was man darüber hinaus noch weiß:
Die Liga ist eine Ständegesellschaft mit den Abstiegskandidaten (mutmaßlich
Paderborn, Mainz, Berlin oder Augsburg), einem etwas breiterem Mittelfeld
(mutmaßlich Bremen, Schalke, Stuttgart, Hoffenheim oder Gladbach) und den
Meisterschaftskandidaten, zu denen vielleicht noch Leverkusen zählt.
Berechenbar erscheint die Liga, zu berechenbar.
5. Die Bundesliga ist zu deutsch.
Anders als in den Erfolgsligen in England und Spanien schottet man sich
hierzulande bei der Besetzung der Trainerposition weiter von
internationalen Einflüssen ab. Die altbewährten Armin Veh und Thomas Schaaf
sollen in Stuttgart und Frankfurt Neues schaffen.
In Leverkusen kommt man sich schon reichlich kühn vor, weil man den in
Österreich zum Erfolgstrainer gereiften Roger Schmidt unter Vertrag nahm.
Die Einstellung innovativer Strategen vom Schlage eines Diego Simeone
(Atlético Madrid) werden als ein zu großes Wagnis erachtet. Der Mainzer
Kasper Hjulmand? Eine Ausnahme!
6. Achtung, die Neuer-Jünger stürmen raus!
Strafraumbeherrschung – das war einmal. Hymnisch wurde Manuel Neuer während
der WM für sein raumgreifendes Torwartspiel gefeiert. Die Folgen sind
absehbar. Jede Gelegenheit werden die Kollegen von Neuer nutzen, um ihren
patzenden Vorderleuten wo auch immer zur Seite zu stehen.
Angesichts des erwartbaren schlechteren Augenmaßes und Timings dürfte der
gegenteilige Effekt eintreten. Es werden noch mehr Tore fallen. Nur wenige
sind für den großen Sprung nach vorn geschaffen.
7. Ganz vorne trotz Retrokick
Ausgerechnet der Branchenführer setzt auf Retrofußball. Man wähnte sich
beim FC Bayern mit der Verpflichtung von Pep Guardiola, dem Obergelehrten
des Ballbesitzfußballs, für die Zukunft gerüstet. Doch seit die
Erfolgsgeheimnisse der Ballmonopolisten beispielhaft von Real Madrid in der
Champions League und von Holland bei der WM dechiffriert worden sind, droht
Pep zu einem Gestrigen zu werden. Er wolle sein System verfeinern, heißt
es.
Die überlegene individuelle Klasse, die sich der FC Bayern leisten kann,
könnte genügen, um Meister zu werden. Ansonsten läuft der Klub der
Entwicklung des internationalen Fußballs wieder hinterher.
8. Hier werden Weltmeister ausgebildet.
Welche Effekte der deutsche Weltmeistertitel wohl für die Bundesliga haben
wird? Die Frage ist beliebt. Interessanter aber ist, den Zusammenhang von
der anderen Seite aus zu betrachten. Nur drei deutsche Nationalspieler im
WM-Finale waren nicht an einen Bundesligaklub vertraglich gebunden. Die
heimische Liga ist zu einer optimalen Ausbildungsstätte für talentierte
Fußballprofis geworden.
Zuerst wurden den Vereinen Investitionen in die Nachwuchsarbeit auferlegt.
Mittlerweile haben viele erkannt, dass sie nur durch die Integration der
eigenen Talente wettbewerbsfähig bleiben können. Das Nationalteam wird auch
von den Talenten, die in dieser Saison nachdrängen, profitieren.
9. Blechen für Polizeieinsätze – jawoll.
Warum sollen gewinnorientierte Unternehmen, die Millionen umsetzen, nicht
auch etwas bezahlen für die Stadionsicherheit, zumal sie nur schäbige
Präventivarbeit leisten? Die Fanprojekte, die auch zur Befriedung der
Fanszene beitragen, werden mit lächerlichen Summen alimentiert. Meist
schießt die DFL ein paar Tausender zu, aber die Hauptlast tragen Land und
Kommune.
Solange dieser Zustand der Unterfinanzierung und das Desinteresse an echten
Fanbelangen anhält, darf die Polizei ruhig mal eine Rechnung stellen für
Fanrandale.
10. Das Freistoßspray kommt. Yippie!
Die Schiris müssen noch ein paar Spieltage üben, doch dann wird auch in
deutschen Stadien gesprüht, dass jedem Barbier das Herz aufgeht. Es
schäumte ja schon in Brasilien so schön. Diese Innovation ist „wichtig und
richtig“ (Exkanzler Schröder), sie ist „alternativlos und unabwendbar“
(Merkel). Bald kommen auch noch die Überwachungskameras. Das isser, der
Zeitgeist!
11. Wo sind die Frauen?
Mitspielen dürfen Frauen zwar laut den Statuten nicht, aber auf den Rängen
werden es immer mehr, und eine Schiedsrichterin gibt es auch schon,
zumindest in Liga zwei. Warum soll Bibiana Steinhaus nicht auch im Oberhaus
pfeifen dürfen? Und wie wäre es mit einer Trainerin? Am besten einer, die
ihren Mann wegen der Vorbereitung auf ein wichtiges Spiel in den Urlaub
schickt – so wie es der Coach des schwedischen Klubs Malmö FF kürzlich mit
seiner Frau tat.
Ein wenig mehr Weiblichkeit würde dem Testosterongeschäft Männerfußball
sicher guttun.
23 Aug 2014
## AUTOREN
Johannes Kopp
Timo Reuter
Markus Völker
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