# taz.de -- Zoff um Strandfußball: Halligalli im Sand | |
> Es fallen jede Menge Tore: Mit einiger Verspätung entdeckt der DFB die | |
> Funsportart Beachsoccer – und verprellt damit einen alteingesessenen | |
> Verband. | |
Bild: Beachsoccer: Es könnte so schön sein ... ohne Funktionärshuberei. | |
Fast hätte der Deutsche Fußball-Bund den Sprung ins Halligalli-Zeitalter | |
verschlafen. Dabei hatten die Volleyballer es doch schon lange vorm | |
Olympiasieg von Jonas Brinck und Julius Reckermann vorgemacht: Beachsport | |
ist modern. Zuschauer tröten, Bässe wummern. Da rennen Cheerleader aufs | |
Feld und fuchteln mit Bommeln in der Luft, während der Stadionsprecher, wie | |
er es wahrscheinlich nennen würde, „die Stimmung anheizt“. Beachsport ist | |
Spektakel – und das ist eine passende Erfindung für unsere Event- und | |
Spaßgesellschaft. Das gilt nicht nur für die Volleyballer, sondern auch für | |
das Pendant aus dem Fußball. | |
Dumm nur, dass man beim DFB das Potenzial der Sportart lange Zeit | |
verkannte. An seiner Stelle hat der eigenständige Deutsche Beach Soccer | |
Verband (DBSV) seit 2002 den Spielbetrieb in Deutschland federführend | |
organisiert. 36 Minuten dauert eine Partie beim Beachsoccer. Ein Team | |
besteht aus vier Feldspielern und einem Torwart. Es fallen jede Menge Tore, | |
häufig per Fallrückzieher oder Volleyabnahme. Beim DFB, so sagt es Bernd | |
Barutta – dort inzwischen zuständig für die Entwicklung des Breitensports | |
–, hätten sich bis vor ein paar Jahren aber nur einige | |
„Beachsoccer-Enthusiasten“ des Themas angenommen. | |
Der DBSV organisierte unterdessen mit der German Master Tour ein Format, | |
dessen Teilnehmerzahl von anfangs 10 auf über 300 Teams anstieg. In | |
bundesweiten Qualifikationsturnieren ermitteln die Teams die Teilnehmer für | |
den Deutschen Beachsoccer-Pokal, der alljährlich auf dem großen | |
Sandsport-Festival im saarländischen Saarlouis ausgespielt wird. Neu im | |
Programm des DBSV ist seit diesem Jahr auch die „Bundesliga“, bestehend aus | |
sechs Teams; zukünftig soll sie auf acht Teams aufgestockt werden. | |
Aufsteiger sind im Normalfall die beiden Erstplatzierten der Pokalrunde, | |
vorausgesetzt, sie gehören einem eingetragenen Verein an. In der Bundesliga | |
legt DBSV-Präsident Sascha Schmidt darauf viel Wert. | |
Lockerer sieht man die ganze Sache beim DFB. Dessen offizieller Partner ist | |
seit zwei Jahren das German Beach Soccer Team e. V., das sowohl die | |
DFB-Nationalmannschaft stellt als auch die German Beach Soccer League | |
organisiert. Der rechtliche Status der zwölf Teams, die in der wohl | |
stärksten deutschen Beach-Liga antreten, spielt für DFB-Mann Bernd Barutta | |
keine Rolle. Der 1. FC Versandkostenfrei spielt gegen die Beachdiver | |
Braunschweig oder die GWS Beach Pirates. | |
Auch wenn in der German Beach Soccer League der Leistungsgedanke im | |
Vordergrund steht, trainieren die wenigsten Spieler das ganze Jahr über im | |
Sand. Einige spielen ab Herbst Fußball, andere lieber Futsal, offizielle | |
Hallenfußball-Variante des DFB. Höhepunkt ist der DFB-Beach-Soccer-Cup, bei | |
dem die beiden Erstplatzierten der Liga auf die zwei besten Teams der | |
Landesverbände treffen. Aktuell richten sieben Landesverbände | |
Qualifikationsturniere aus, bereits im nächsten Jahr sollen alle 21 | |
mitmachen. | |
## Schmerzhafter Aderlass | |
DFB versus DBSV. Alles ist doppelt gemoppelt: Es gibt zwei parallele | |
Bundesligen, zwei Nationalmannschaften, zwei parallele Turnierformen. | |
Schmidt, der DBSV-Vertreter, versteht nicht, dass der DFB vor zwei Jahren | |
das German Beach Soccer Team e. V. (GBST) als Partner hinzuholte, statt auf | |
den seit 2002 gewachsenen DBSV-Strukturen aufzubauen. „Es gab keinerlei | |
Bemühungen des DFB, bis man plötzlich das GBST unterstützt hat. Die Teams, | |
die in deren Liga spielen, sind allesamt bei uns entstanden.“ Zuletzt | |
verlor sein DBSV mit Primus inter Pares aus Schwerin und FIDA Düsseldorf | |
zwei weitere Teams an die Konkurrenz. Bernd Barutta erklärt unterdessen, | |
dass das German Beach Soccer Team „schlichtweg aktiver auf uns zugekommen | |
ist“. | |
Außerdem habe der jetzige Partner nicht den Anspruch, Rechte zu übernehmen | |
und dann den Sport in Eigenregie durchzuführen. Noch verzwickter wird die | |
Situation, da einige Mannschaften, die seit Jahren an DBSV-Turnieren | |
teilnehmen, Sparte eines Fußballvereins sind, der wiederum Mitglied beim | |
DFB ist. Das ist ungefähr so, als ob ein Pepsi-Chef öffentlich Coca-Cola | |
trinkt. | |
Immerhin kann man beim DFB mit den sportlichen Leistungen des Partners | |
recht zufrieden sein. Die vom German Beach Soccer Team betreute und vom DFB | |
unterstützte Nationalmannschaft war zuletzt recht erfolgreich: Unter | |
anderem verlor man gegen den zweifachen Weltmeister aus Russland nur knapp | |
mit 1:2. Nationaltrainer Nils Böringschulte ist sich sicher, dass im | |
September erstmalig die Qualifikation für eine Weltmeisterschaft gelingt. | |
Einen herben Rückschlag gab es zuletzt allerdings in der European Beach | |
Soccer League. | |
Diese ist in diesem Jahr besonders wichtig, ist sie doch gleichzeitig | |
Qualifikationsmodus für die Europaspiele 2015 in Baku, einem Event, das | |
erstmals ausgerichtet wird vom Europäischen Olympischen Komitee. Dort im | |
Programm: Beachsoccer. Bereits ein Fingerzeig für die Olympischen Spiele in | |
Rio 2016? So oder so: Die deutsche Nationalmannschaft hat durch eine | |
0:6-Niederlage gegen die Ukraine die Qualifikation für Baku verpasst. Und | |
um für Olympia relevant zu sein, müssen die Landesverbände ohnehin den | |
Spielbetrieb für Frauen ausbauen. Während der DBSV dort immerhin | |
Qualifikationsturniere mit anschließendem Master-Finale ausspielt, gibt es | |
beim DFB noch keine Frauen-Turnierserie oder eine eigene Liga. | |
## Olympia-Reife nur zweitrangig | |
„Die Fifa legt großen Wert darauf, dass Beachsoccer zur großen | |
Fußballfamilie gehört und die nationalen Verbände diese Sporart ernst | |
nehmen – und wir kommen dem gerne nach“, erklärt DFB-Mann Barutta. | |
Angesichts dessen verwundert es allerdings, dass die Fifa die | |
Beachsoccerweltmeisterschaft nicht eigenständig ausrichtet, sondern | |
zusammen mit Beach Soccer Worldwide – einer Organisation mit Sitz in | |
Barcelona, die den Sport bereits in den 90er Jahren international promotete | |
– ein Joint Venture gegründet hat: Die Fifa Beach Soccer S. L., also | |
praktisch eine GmbH. „Beachsoccer ist eine Sportart, die sich | |
wirtschaftlich selbst tragen kann“, erklärt Barutta. | |
Diesen Marketing- und Wirtschaftsfaktor preist auch Beach Soccer World Wide | |
auf der eigenen Homepage recht unverblümt: Dank der Unterstützung durch | |
viele berühmte und engagierte Exprofis hat Beachsoccer innerhalb kurzer | |
Zeit begehrte Sendezeit in über 170 Ländern ergattert, was dazu beigetragen | |
hat, dass die Sportart weltweit rasant wächst und sich zunehmend in eine | |
große Schaubühne für kommerzielle Interessen verwandelt. | |
Für Sascha Schmidt ist eine mögliche Aufnahme von Beachsoccer ins | |
olympische Programm nur zweitrangig. Als Marketingexperte – seine Agentur | |
tvevent wird vom DBSV alljährlich mit der Organisation der großen | |
Sandspiele in Saarlouis beauftragt – weiß er zwar um die Zugkraft Olympias, | |
doch als offizieller Partner des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) | |
darf nur der DFB eine Mannschaft abstellen. Ein weiterer Grund dafür, dass | |
sich der öffentliche Fokus über kurz oder lang auf den offiziellen DFB | |
Spielbetrieb richten dürfte. Bereits jetzt sind viele einstige | |
DBSV-Topspieler in die German Beach Soccer League gewechselt. Schmidt ist | |
sich trotzdem sicher: Wenn die DBSV-Auswahlmannschaft gegen die des DFB | |
antreten würde, hätte seine Truppe noch immer eine Chance. | |
26 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Moritz Förster | |
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