# taz.de -- Quecksilber im Wattenmeer: Die unterschätzte Gefahr | |
> Neue Studien weisen darauf hin, dass die Meere und Fische immer stärker | |
> mit Quecksilber belastet sind. Die meisten Emissionen kommen aus | |
> Kohlekraftwerken. | |
Bild: Zu schön, um von Quecksilber verseucht zu sein: das Wattenmeer. | |
BREMEN taz | Die Antwort der Bundesregierung ist kurz und nichtssagend: Es | |
liegen „keine konkreten Informationen“ über Auswirkungen von | |
Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken auf das Wattenmeer vor. Es folgt | |
ein allgemeiner Hinweis, dass Quecksilber toxisch auf Lebewesen wirke und | |
Ökosysteme stören könne. | |
Doch die Gefahren, die von dem giftigen Schwermetall ausgehen, sind neueren | |
Erkenntnissen zufolge offenbar viel größer, als es in dem kurzen Text aus | |
dem Bundesumweltministerium den Anschein hat. Der niedersächsische | |
Bundestagsabgeordnete Peter Meiwald (Die Grünen) fordert deshalb Union und | |
SPD auf, „endlich strengere Grenzwerte einzuführen“. Doch bisher sieht die | |
Bundesregierung dafür [1][keine Notwendigkeit]. | |
Einer erst kürzlich veröffentlichten [2][Studie] aus den USA zufolge hat | |
sich die Quecksilber-Menge im Oberflächenwasser seit dem 16. Jahrhundert | |
verdreifacht. In den Übergangsschichten zwischen relativ warmem und kaltem | |
Wasser in der Tiefe sei die Belastung immer noch um geschätzte 150 Prozent | |
angewachsen, schreiben die Forscher des Ozeanischen Institut Woods Hole im | |
Fachmagazin Nature. Ihre Grundlage sind Messungen im Atlantik, Pazifik | |
sowie in den südlichen und arktischen Ozeanen. Bis 2050 könnte sich die | |
Belastung, verglichen mit dem 16. Jahrhundert, sogar verfünffachen, | |
schreiben die Forscher. | |
Das ist ein Problem, weil in den betroffenen Meeresschichten Fisch gefangen | |
wird. In den Tieren reichert sich das Quecksilber über die Nahrungskette | |
schrittweise, aber stark an, wie neuere [3][Untersuchungen] an anderer | |
Stelle belegen. Vor allem ältere und größere Raubfische, etwa Hecht, | |
Schwert oder Thunfisch, können hohe Quecksilberbelastungen erreichen. Das | |
zumindest geht aus einer neueren [4][Studie] hervor, die die grüne | |
Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben hat. Ihr zufolge wird der Mensch vor | |
allem durch Fischkonsum unmittelbar mit Quecksilber belastet. Laut der | |
Bundesregierung nimmt der „Durchschnittsverzehrer“ aber nur elf Prozent der | |
tolerierbaren täglichen Menge auf, für „Vielverzehrer“ werden 34 Prozent | |
angegeben. Legt man US-Grenzwerte zugrunde, so ergeben sich deutlich höhere | |
Belastungen für jene, die viel Fisch essen. | |
Quecksilber ist aus Neonröhren, Energiesparlampen und Batterien bekannt. | |
Doch in der Schadstoffbilanz habe all das nur geringe Bedeutung, heißt es | |
im Hamburger Institut für Ökologie und Politik. Die meisten Emissionen | |
hierzulande, so die Studie der Grünen, stammten aus Kohlekraftwerken: In | |
den Jahren 2010 bis 2012 kamen in Deutschland 70 Prozent aller | |
Quecksilberemissionen aus dem Energiesektor, vor allem aus Braun und | |
Steinkohlemeilern. | |
In den USA wurden die Grenzwerte für Quecksilberemissionen aus | |
Kohlekraftwerken 2012 deutlich gesenkt. Da sie anders berechnet werden als | |
hierzulande ist die Vergleichbarkeit [5][umstritten]. In Deutschland gelten | |
maximal 30 Mikrogramm im Tages und – ab 2019 – zehn Mikrogramm im | |
Jahresmittel als akzeptabel. In den USA sind es, umgerechnet, laut den | |
Grünen, 1,4 Mikrogramm für Steinkohle-Kraftwerke und 4,1 Mikrogramm für | |
Braunkohlemeiler. | |
## Vorbild: USA | |
Würde man diese Grenzwerte bei uns anwenden, so die Grünen, dann hätte 2012 | |
lediglich eines von 50 Kohlekraftwerken die Norm erfüllt. In den USA müssen | |
2016 alle Kohlemeiler diese Grenzwerte erfüllen. Würden sie auch in | |
Deutschland gelten, könnte die Quecksilberbelastung aus Kohlemeilern um | |
mehr als die Hälfte reduziert werden. | |
Dass ausgerechnet in den USA strengere Grenzwerte gelten, sei „ein | |
Armutszeugnis“ für die Bundesregierung, findet Meiwald. Die | |
Quecksilberemissionen in Nordsee und Wattenmeer müssten „endlich | |
verringert“ werden. Doch die Bundesregierung sieht sich schon als Vorbild: | |
Deutschland sei „eines der wenigen Länder in Europa“, das überhaupt solche | |
Grenzwerte eingeführt habe. Ein EU-weiter Grenzwert „konnte bislang nicht | |
durchgesetzt werden“. | |
25 Aug 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/009/1800993.pdf | |
[2] /1/archiv/digitaz/artikel/ | |
[3] http://www.umweltprobenbank.de/de/documents/selected_results/16165 | |
[4] http://www.gruene-bundestag.de/themen/umwelt/hoechste-zeit-fuer-strengere-g… | |
[5] http://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&a… | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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