# taz.de -- Hamburger Nachwuchsband: Charme des Garstigen | |
> Viel drastischer als üblich: Das junge Hamburger Duo Schnipo Schranke | |
> spielt sich mit einem Patchwork aus Pop und Provokation in die Herzen. | |
Bild: Liebe kann rau sein: Schnipo Schranke. | |
Blockflöte, Keyboard und Drums: Das Instrumentarium des Hamburger | |
Mädchen-Duos Schnipo Schranke ist ein Durcheinander. Drunter und drüber | |
reimen Daniela Reis und Fritzi Ernst auch ihre Texte: „Komm in meine | |
Arme/In meinem Mund/Nimm mich an der Hand/Nimm mich an der Wand“. Sie | |
arbeiten mit Tabus und Provokation und trotzdem muss man grinsen. | |
Auch wegen des Textes ihres Hits „Pisse“. Seine Protagonistin wird von | |
ihrem Freund verlassen, sie war ihm zu peinlich und zu derb. So derb, dass | |
es ihr nichts ausmacht, von ihrem nach Urin riechenden Genitalbereich zu | |
singen. Ihre Musik ist ein scharfsinnig-subversives Patchwork aus Chanson, | |
Punk und HipHop-Prahlerei. Ihre lauten, androgynen Stimmen klingen rau und | |
rotzig. | |
Obwohl die Songs eingängig sind, sprengen Schnipo Schranke den üblichen | |
Rahmen von Songwriting schon allein durch ihre Drastik. Weiblichen | |
Stereotypen entsprechen sie in keiner Weise. | |
## Raffinierte Zitate | |
Ihre Textwelten kombinieren raffiniert Elemente aus der Lektüre der | |
Illustrierten Neon, die Ästhetik von Pizzaservice-Flyern und Charlotte | |
Roches Schreibstil. Vielleicht gelten die beiden deshalb als feministisch, | |
eine Zuschreibung, die Schnipo Schranke selbst ablehnen. | |
Sie sagen: „Hass schürt sich am leichtesten gegen Bitches“, und beweisen | |
damit, dass es durchaus möglich ist, sich von einem passiven, zahmen und | |
schüchternen Frauenbild zu lösen und trotzdem meilenweit vom dogmatischen | |
Feminismus entfernt zu sein. Wer unrasiert ist, muss ja nicht umgehend an | |
Geschlechtergleichheit glauben. Oder anders gesagt: Wer nicht | |
antifeministisch ist, kann trotzdem keck sein. Und wer Körperideale | |
ablehnt, ist nicht gleich antisexistisch. Schnipo Schranke sind daher kaum | |
entlang von Dichotomien kategorisierbar. | |
Den Charme des Garstigen beherrschen sie perfekt. Auf die Frage nach ihrem | |
ausstehenden Debütalbum erwidern die beiden schnippisch: „Wenn wir eine LP | |
haben, wird man diese auch erwerben können.“ Liebenswürdig macht sie ihre | |
Liebe zu Harry Potter und die Geschichte der Namensfindung: „Fritzi schrieb | |
’Schnipo‘ wie ihr Lieblingsgericht Spaghetti Bolognese, Daniela ’Schranke… | |
wie das Brett in unseren Köpfen. Weil das zusammen nach einem geilen | |
Bandnamen klang, begannen die beiden gemeinsam Tracks zu recorden.“ | |
Es sind stets Uptempo-Songs und ihre assoziativen Texte handeln von | |
Fuck-Buddies, Lebenskrisen, oder Wertschätzung von Taxifahrer_innen. Und | |
immer mit einem Augenzwinkern à la „Küss mich da, wo die Sonne nie | |
scheint“. | |
29 Aug 2014 | |
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