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# taz.de -- Nagellack gegen Vergewaltigungen: Kratzfester Beschützer
> Ein neuer Nagellack soll Frauen vor K.O.-Tropfen schützen. Schon wieder
> sind es die Frauen, die dafür sorgen müssen, dass ihnen nichts angetan
> wird.
Bild: Vor dem Trinken lieber kurz den Finger ins Glas stecken.
BERLIN taz | Das Partyleben kann für Frauen ganz schön anstrengend sein,
nicht nur wegen der Stöckelschuhe. Frauen sollten immer auch Vorkehrungen
treffen, um nicht vergewaltigt zu werden. Ist dieser kurze Rock eine
Einladung? Darf ich noch ein Bier trinken oder werde ich dann zu
unvorsichtig? Wer begleitet mich später auf meinem Weg nach Hause? Hat mir
jemand was in meinen Drink gekippt?
Bald müssen sich Frauen auch um den richtigen Nagellack kümmern. Das
sollten sie ja ohnehin. Vier junge Männer aus den USA arbeiten an einem
Nagellack, der Getränke auf K.O.-Tropfen testen kann. Einfach mit dem
Finger im Getränk rühren – ändert sich die Farbe des Lacks, stimmt etwas
nicht: Der Drink enthält Substanzen, die in den üblichen Date-Rape-Drogen
vorkommen.
Die vier Studenten, die ihr Produkt „Undercover Colors“ gerade entwickeln,
nennen das Empowerment. Frauen dürfen sich selbst um ihre Sicherheit
kümmern. Und das ganz diskret, sagen die Studenten.
„Undercover Colors“, der Nagellack der diskreten Selbstermächtigung,
scheint viele zu freuen. In der Tat ist Date-Rape – „Vergewaltigungen im
Rahmen eines Rendezvous“ – ein großes Problem in den USA und jedes Mittel
dagegen willkommen. Ungefähr jede vierte Frau zwischen 16 und 24 hat dort
diese Art der Vergewaltigung oder deren Versuch bereits erlebt. Auch in
Deutschland werden immer mehr Fälle bekannt, in denen Frauen und auch
Männer zuerst betäubt und dann missbraucht werden.
Das Problem an diesem Nagellack sowie an anderen Produkten, die Frauen vor
sexuellen Übergriffen schützen sollen – etwa die
Anti-Vergewaltigungs-Unterwäsche, eine Art Keuschheitsgürtel, der so schwer
zu öffnen ist, dass der Angreifer frustriert aufgibt oder das Kondom für
die Frau, das den Penis mit kleine Haken verletzt und am Eindringen hindert
– ist, dass die Verantwortung ganz bei der Frau liegt. Immer noch ist sie
es, die sich sorgfältig schützen muss und hinterher gefragt wird, ob sie
nicht leichtsinnig gehandelt habe.
Anstatt zu versuchen, gesellschaftlich etwas zu ändern, entwickelt sich ein
Markt für Produkte, die nicht als Lösung, sondern als alarmierendes Zeichen
gedeutet werden müssen. Bevor sich soziale Strukturen wandeln, lässt sich
Profit aus ihnen schlagen. Ein Nagellack, hübsch und sinnvoll zugleich, ist
da nur konsequent. Aber anstatt Frauen unauffällig im Glas rühren zu
lassen, sollte kräftig im Kopf der Täter und Verharmloser gequirlt werden.
30 Aug 2014
## AUTOREN
Viktoria Morasch
## TAGS
Vergewaltigung
Sexismus
Rape Culture
USA
Vergewaltigung
Kalifornien
Gewalt gegen Frauen
Luft und Liebe
Dokumentation
Indien
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