# taz.de -- Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Parodie ja, Rassismus nein | |
> Parodien und Karikaturen von Kunstwerken sind zulässig, urteilt das | |
> Gericht. Diskriminierende Interpretationen müssen die Urheber aber nicht | |
> hinnehmen. | |
Bild: Umstrittene Hitler-Karikatur des Berliner Künstlers Lutz Friedel im Land… | |
LUXEMBURG afp | Künstler und andere Urheber müssen es nicht hinnehmen, dass | |
ihre Werke zu rassistischen oder anderweitig diskriminierenden Aussagen | |
missbraucht werden. In solchen Fällen können sie auch gegen an sich | |
zulässige Parodien vorgehen, wie am Mittwoch der Europäische Gerichtshof | |
(EuGH) in Luxemburg entschied. (Az: C-201/139) | |
Trotz des Urheberrechts ist es grundsätzlich zulässig, Werke in einer | |
Karikatur oder Parodie aufzugreifen. Im Streitfall geht es um einen | |
Kalender, den Johan Deckmyn von der rechtspopulistischen flämischen Partei | |
Vlaamse Belang beim Neujahrsempfang 2011 der belgischen Stadt Gent verteilt | |
hatte. Das Deckblatt zeigte den Bürgermeister der Stadt, der Münzen um sich | |
wirft, die von durch Hautfarbe und Kleidung als Ausländer erkennbaren | |
Menschen aufgesammelt werden. | |
Das Bild war angelehnt an eine Zeichnung aus einem Comic des inzwischen | |
verstorbenen Zeichners Willy Vandersteen. Das Original mit dem Titel „Der | |
wilde Wohltäter“ bezieht sich nicht auf den Genter Bürgermeister und hat | |
auch keinen Ausländerbezug. | |
Vandersteens Erben und weitere Rechteinhaber wehrten sich gegen den | |
Missbrauch der Zeichnung. Die belgischen Gerichte legten den Streit dem | |
EuGH vor. | |
## Weite Auslegung mit Grenzen | |
Der legte nun einerseits einen weiten Begriff der Parodie fest. Danach muss | |
eine Parodie als solche erkennbar sein, muss sich also vom Original | |
„wahrnehmbar unterscheiden“. Die Anspielung auf das Original muss zudem | |
genutzt werden, um „einen Ausdruck von Humor oder eine Verspottung | |
darzustellen“. Ein eigener künstlerischer Charakter ist aber nicht | |
erforderlich, und das zitierte Werk muss nicht genannt sein. | |
Eine danach zulässige Parodie könne aber unzulässig sein, wenn sie „eine | |
diskriminierende Aussage vermittelt“, befand das Gericht. Denn die Künstler | |
und Rechteinhaber hätten „ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Werk | |
nicht mit dieser Aussage in Verbindung gebracht wird“. | |
Über den konkreten Streit müssen nach diesen Maßgaben nun wieder die | |
belgischen Gerichte entscheiden. | |
3 Sep 2014 | |
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