# taz.de -- Rassismus in Italien: TBC von rechts | |
> Flüchtlinge als Gesundheitsrisiko: Das ist in Italien eine Position, die | |
> der Krawallpolitiker Grillo vertritt. Und nun auch der Bürgermeister von | |
> Rom. | |
Bild: Grumpy old man: Beppe Grillo. | |
ROM taz | Es gibt Slogans, zu denen kann man einfach nicht Nein sagen. Zum | |
Beispiel „TBC – nein danke!“ – lanciert vom Enfant terrible der | |
italienischen Politik, Beppe Grillo. Doch was im Titel seines Blog-Eintrags | |
wie eine Gesundheitsaufklärungskampagne klingt, war ganz anders gemeint: | |
Grillo hat es wieder einmal mit den Lampedusa-Flüchtlingen. | |
Gleich 40 Polizisten, so schreibt der politisierende Exkomiker, hätten ein | |
positives Ergebnis bei TBC-Antikörpertests gehabt, bloß die Regierung | |
schere sich nicht darum, „ganz so, als wäre die Rückkehr von seit | |
Jahrhunderten besiegten Krankheiten kein nationales Problem“: „Wollen wir | |
sie reimportieren? Dann reimportieren wir sie halt!“ Man möge Grillo bitte | |
nicht mit der Story kommen, dass Italien selbst über Jahrzehnte hinweg ein | |
Auswanderungsland war, „als unsere Urgroßväter in den Vereinigten Staaten | |
ankamen, dem Land der Freiheit, wurden sie sofort auf Ellis Island in | |
Quarantäne gesteckt“. | |
Sofort gab es Protest von der gemäßigt linken Partito Democratico (PD), die | |
mit Matteo Renzi den Regierungschef in Rom stellt: Der PD-Abgeordnete | |
Giacomo Portas warf Grillo vor, er betreibe mit dem Blog-Eintrag | |
„Cyberterrorismus“, der Chef des Movimento5Stelle (M5S) sei halt politisch | |
„angeschlagen“ und bemühe deshalb „das Schreckgespenst der Epidemie“. | |
Dumm nur, dass Grillo umgehend einen Kronzeugen zitieren konnte: den | |
PD-Bürgermeister von Rom, Ignazio Marino. „In den Augen seiner Partei, der | |
PD, ist Marino rassistisch und ignorant“, schrieb Grillo gehässig in seinem | |
Blog. Marino hatte sich im vergangenen Juni in einem Brief an den | |
Innenminister beschwert, in Rom seien Dutzende Bootsflüchtlinge | |
eingetroffen – ein großes Gesundheitsrisiko: „In den Herkunftsgebieten der | |
neuen Immigranten findet sich eine hohe Präsenz von multiresistenten | |
TBC-Bakterienstämmen, abgesehen von HIV und anderen Furcht erregenden | |
Infektionskrankheiten.“ Grillo publizierte den kompletten Brief im Blog und | |
setzte nach: „Marino ist von Beruf Arzt.“ | |
## Übereinstimmungen mit der CSU | |
Das alles könnte Wasser auf die Mühlen der bayerischen Landesregierung | |
sein; auch in der Münchner Staatskanzlei findet man ja: Die Flüchtlinge | |
sind unerwünscht, am besten machen wir die Grenzen zu. Bloß welche? Hier | |
scheitert am Ende die Allianz zwischen CSU und M5S. Die CSU möchte im Süden | |
abriegeln, so bei Oberaudorf, Grillo möchte auch im Süden zumachen, vor | |
Lampedusa – dafür aber wünscht er sich im Norden die Tore sperrangelweit | |
offen. | |
Neben dem in seinen Augen allzu lässigen Umgang der italienischen Regierung | |
mit den Boatpeople ist ihm genauso das europäische Dublin-III-Procedere ein | |
Dorn im Auge, das den Ankömmlingen vorschreibt, im Erstankunftsland ihren | |
Asylantrag zu stellen. | |
„Raus aus Dublin!“, fordert er in seinem Blog und gibt dem bayrischen | |
Innenminister zu bedenken, „gewiss, Deutschland liegt nicht am Mittelmeer, | |
die Boote kommen nicht in Berlin an“, und das werde auch mit der neuen | |
EU-Mittelmeer-Mission „Frontex Plus“ so bleiben. Dabei wäre die Lösung f�… | |
Italien ganz einfach: „Denen, die in Italien eintreffen, muss die | |
Möglichkeit gegeben werden, ihr Zielland in der EU zu wählen, und es muss | |
ihnen die Reise bezahlt werden, Tunesier nach Frankreich, Syrer nach | |
Schweden, Pakistaner nach Großbritannien, alle anderen nach Deutschland, | |
auf Rechnung der Merkel.“ | |
Wenigstens in diesem Punkt ist Grillo mit dem bayerischen Innenminister | |
Joachim Herrmann völlig d’accord: Beim anderen sind die Flüchtlinge immer | |
am besten aufgehoben. Mit oder ohne TBC. | |
10 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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