# taz.de -- Fernsehen für Kinder: Wo Arte durchfällt | |
> Dokumentarfilme für Kinder haben sich weiterentwickelt, aber das | |
> Interesse daran ist gering. Das Unterhaltungsfernsehen überwiegt. | |
Bild: Schon früh auf Animationsfilme getrimmt: Eva Grünbauer und Tochter. | |
Die zwölfjährige Greta ist eine begeisterte Hockeyspielerin. Die Kölnerin | |
möchte mit ihrer Mannschaft in der Oberliga gewinnen, und das trotz ihres | |
Handicaps. Sie leidet an der lebensbedrohlichen Krankheit Mukoviszidose. In | |
der Reihe „Stark“ auf dem Kinderkanal erzählt das Mädchen von ihrem Leben, | |
wird in ihrem Alltag mit der Kamera begleitet. | |
„Stark“ ist einer der wenigen Sendeplätze, die Dokumentationen für die | |
Zielgruppe der Acht- bis Zwölfjährigen bietet. Dort kommen regelmäßig | |
Kinder zu Wort, „die nicht immer im Mittelpunkt stehen und trotzdem ihren | |
Weg gehen, denen es nicht so gut geht und die trotzdem fröhlich sind und | |
die schon einiges erlebt haben und davon erzählen können.“ | |
Phillis Fermer produzierte „Greta – Nicht außer Puste“ einfühlsam und o… | |
Larmoyanz. Auf dem Europäischen Symposium zum Thema Dokumentarfilme für | |
Kinder und Jugendliche berichtet sie: „Früher waren Dokumentationen für das | |
junge Publikum eher Filme von Erwachsenen für Erwachsene, da kam dann mal | |
vielleicht für eine Minute ein Kind zu Wort. Bei ’Stark‘ spricht immer das | |
Kind selbst, ohne Kommentare oder Moderation aus dem Off.“ | |
Es gibt mehr Dokumentationen für Kinder, als man denkt, das macht unsere | |
Veranstaltung sichtbar“, sagt Petra Schmitz von der | |
Dokumentarfilminitiative, die das Symposium in Köln veranstaltet, „aber es | |
gibt immer noch zu wenige.“ Im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen | |
Sendern werden bei den privaten Anbietern wie Super RTL oder dem Disney | |
Channel solche Formate so gut wie nie gezeigt: Ausländische | |
Animationsserien beispielsweise sind preisgünstiger und sorgen für bessere | |
Quoten. | |
## Animationsserien sind gefragt | |
„Dokumentation ist eben kein Format, das Jugendliche von sich aus gern | |
konsumieren“, sagt Birgit Keller-Reddemann, Leiterin der Redaktion Bildung | |
beim WDR-Fernsehen. Das kann Arte-Junior-Redakteurin Nadine Pellet-Zwick | |
aus eigener Erfahrung bestätigen: „Kinder mögen Arte nicht, selbst die | |
Zuschauer bei Arte Junior sind im Schnitt über 40 Jahre.“ | |
Dabei geben sich die Straßburger alle Mühe, teilweise mit schmalem Budget, | |
Inhalte zu kreieren, die auch die jüngsten Zuschauer ansprechen sollen, | |
etwa mit einer Serie über den Ersten Weltkrieg, erzählt aus der Sicht von | |
Kindern, orientiert an ihren Tagebuchaufzeichnungen. „Das junge Publikum | |
möchte im Kinderprogramm Inhalte sehen, mit denen es sich unterhalten fühlt | |
– eben kein Schulfernsehen, kein Programm für Schulen oder Lehrer“, sagt | |
Pellet-Zwick. | |
Was Kinder und Jugendliche gerne schauen, das referierte Johanna Karsenty | |
vom französischen TV-Marktforschungsunternehmen Mediametrie kurz zuvor auf | |
einer anderen Veranstaltung, dem Symposium auf dem „Großen Kids Summit | |
2014“: 55 Prozent der 20 erfolgreichsten TV-Formate für die junge | |
Zielgruppe in Deutschland, so Karsenty, bestehen aus Animationsserien- oder | |
Filmen, 35 Prozent aus „Factual Entertainment“ und 10 Prozent aus „Live | |
Action“. | |
## Youtube ersetzt Fernsehen | |
Dazu kommt ein geändertes Mediennutzungsverhalten, wie die Untersuchung von | |
Mediametrie ebenfalls zeigt: In Frankreich beispielsweise verfügen | |
mittlerweile 93 Prozent aller Kinder über einen eigenen Computer, in | |
Norwegen besitzt die Hälfte aller Drei- bis Elfjährigen ein Smartphone, ein | |
Viertel von ihnen einen Tablet-PC. Und weltweit, auch in Deutschland, ist | |
unbemerkt vom Mainstream mit den Videokünstlern auf Youtube ein komplett | |
vom klassischen Fernsehen losgelöstes Bewegtbild-Universum für die junge | |
Generation entstanden. | |
„Obwohl lineares Fernsehen zurückgeht, müssen auch weiterhin Inhalte | |
produziert werden, und das kann zurzeit hauptsächlich nur das Medium | |
Fernsehen gewährleisten“, sagt die Arte Junior-Redakteurin angesichts der | |
Euphorie bezüglich der digitalen Mediennutzung. | |
Kritik gab es auch an der These, dass Kinder per se kaum Dokumentationen | |
schauen. Phillis Fermer jedenfalls möchte das nicht so stehen lassen. Denn | |
die Nachfrage hänge auch vom Angebot ab. Und der entsprechenden Bewerbung: | |
„Das ist zudem eine Frage der Programmplanung. ’Stark‘ etwa kommt am | |
Sonntagmorgen um 8.30 Uhr. Kinder bekommen außerdem teilweise kaum mit, | |
dass etwas für sie angeboten wird, während bei Filmen für Erwachsene schon | |
eine Woche vorher zahlreiche Trailer laufen.“ | |
16 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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