# taz.de -- Kinofilm „Sin City 2“: Am Ende wird die Frau bestraft | |
> Kneipen, Schlägereien, Huren, Psychos, miese Absteigen, korrupte Bullen: | |
> In „Sin City 2“ werden Männerneurosen wie im Speedrausch runtergerasselt. | |
Bild: Handelndes Subjekt und Fantasieobjekt in einem: Eva Green in „Sin City … | |
Eine Frau, für die gemordet wird: Ava Lord (Eva Green) ist handelndes | |
Subjekt der Geschichte und fetischisiertes Objekt des Films in einem. Eine | |
Femme fatale, nicht wie sie im Buche – etwa bei Chandler oder Hammett – | |
steht, sondern wie sie sich erst der postmoderne Comic (Frank Miller, 1993) | |
und nun in Nachlieferung auch das postmoderne Kino (Frank Miller und Robert | |
Rodriguez, 2014) in nostalgischer Erinnerung an einstige Roman- und | |
Filmlektüren ersonnen hat: Als Verheißung von blankem, unverhülltem Sex – | |
mit blitzend bösen Augen, verführerisch gedämpftem Spiel, über weite | |
Strecken des Filmes so verlockend wie gefährlich nackt. | |
Eine Venusfalle, für die jeder Mann seine Existenz aufs Spiel setzt. Kein | |
Wunder, dass diese Frau in diesem Konvolut aus Männerneurosen und | |
Männerfantasien, das „Sin City 2: A Dame to Kill For“ darstellt, am Ende | |
bestraft werden muss. | |
Neun Jahre nach dem ersten „Sin City“-Film legen Miller und Rodriguez ein | |
Quasiprequel vor, doch eigentlich nur more of the same: Kneipen, | |
Schlägereien, Huren, Psychos, miese Absteigen, korrupte Bullen, viel | |
urbaner Gossen-Ghetto-Schmier – und alles (Stichwort: „Pulp Fiction“) | |
verschachtelt episodisch erzählt. | |
Eine Fantasie zwischen Sexheft und Pulproman, deren obsessive Reizpunkte | |
bewusst übergroß in Szene gesetzt und deren neurotische Strukturen mit | |
dieser parodistisch-hyperbolischen Methode im Grunde genommen bloß | |
freigelegt werden. Technisch hat man Fortschritte gemacht, insbesondere das | |
3-D steht dem Film gut an. | |
Das große ästhetische Problem des ersten Teils, mit dem auch dieser Film | |
wieder etwas zu kämpfen hat, erfährt dadurch immerhin ein wenig Linderung: | |
Zur Radikalität innerhalb der Form, die Frank Millers oft ganzseitigen und | |
von viel, sehr viel Text begleiteten Panels in der Comicvorlage noch | |
erzielten, fand Rodriguez in seinen bloß mobilisierten Bildnachstellungen | |
keine adäquate filmische Entsprechung. | |
Der Raumeffekt jedoch verleiht nun der lustvoll verkommen imaginierten | |
Stadt mit all ihren reizvollen und weniger reizvollen Fetischen eine | |
angenehm überwältigende Wucht, die den zentrifugal in alle Richtungen | |
strebenden Drastiken dieser Kinofantasie einiges an manischer Dringlichkeit | |
verleiht. | |
Zur latent masochistischen Struktur dieser wie im kirren Speedrausch | |
runtergerasselten Pulp-Geschichten passen diese Prügel für das Publikum so | |
weit ganz gut. Dennoch fühlt man sich danach wie nach einer hemmungslosen | |
Fast-Food-Orgie: Durchaus zufrieden, aber eben auch unangenehm pappsatt. | |
Und man fürchtet die fiesen Pickel, die darauf gnadenlos folgen. | |
17 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Thomas Groh | |
## TAGS | |
Kino | |
Film | |
BDSM | |
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