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# taz.de -- Zweiter Hellboy-Film: Rote Fingerübung
> Ein gasförmiger Forscher trifft auf einen Waldgeist, aus dessen
> Überresten in Manhattan ein Wald wächst. Guillermo del Toros "Hellboy -
> Die goldene Armee" bietet humorvolle Fantasy.
Bild: Ein Trockenlauf für weit Größeres ist der zweite Hellboy-Film - nicht …
Das Tor zum Trollreich befindet sich direkt unter der Brooklyn Bridge, im
Herzen von New York. Mit dem Einsatzwagen kann man direkt bis vor den
Eingang fahren. Das ist eine schöne, sehr praktische Vorstellung, wenn sie
auch jeder inhaltlichen Logik entbehrt. Die Eigenschaften schön und
praktisch treffen insgesamt auf "Hellboy - Die Goldene Armee" zu, das
Sequel zu "Hellboy" (2004). Beide Filme hat der mexikanische Regisseur
Guillermo del Toro inszeniert hat. Schön sind sie, weil del Toros visuelle
Imaginationskraft im Fantasy-Genre beinah konkurrenzlos ist. Und praktisch,
weil "Hellboy 2" in del Toros Gesamtwerk nicht mehr als einen Übergangsfilm
darstellt: das Bindeglied zwischen dem Oscar-prämierten
Faschismus-Fantasy-Spektakel "Pans Labyrinth", von dem er kurzerhand ein
paar Set-Designs und Monster übernommen hat, und dem nächsten Großprojekt,
der von Peter Jackson produzierten Tolkien-Verfilmung "Hobbit".
Dass ein Mexikaner und ein Neuseeländer in Hollywood momentan Maßstäbe in
der Realisierung epischer Fabelwelten setzen, mag Zufall sein. Trotzdem ist
es bemerkenswert, wie weit abseits von den bekannten Ikonografien des
amerikanischen Mainstreamkinos sich sowohl del Toro als auch Jackson in
ihren besten Phasen bewegen. Und wie leichthändig sie andererseits ihre
überbordende Fantastik wieder dem konventionellen Bilderverständnis des
Blockbuster-Kinos einspeisen können. Auch "Hellboy - Die Goldene Armee", in
dem der Titelheld (wieder gespielt von Ron Perlman) die Kriegspläne eines
abtrünnigen Elfen-Prinzen (Luke Goss, die eine Hälfte des
80er-Jahre-Pop-Duos Bros) vereiteln muss, hat zwei, drei solcher Momente.
Momente, die den Film retten. Denn letztlich ist er wirklich nicht mehr als
eine flüchtige, wenn auch enorm unterhaltsame Übergangserscheinung: ein
Trockenlauf für weit Größeres.
Vielleicht sind Mike Mignolas "Hellboy"-Comics aus den Neunzigerjahren
gerade der richtige Stoff für solch ein Experiment. Auch Hellboy ist - in
doppelter Hinsicht - ein Hybrid. Durch ein fehlgeschlagenes Nazi-Experiment
aus der Hölle befreit, wurde der Junge von einem gutmütigen Wissenschaftler
nach redlichen amerikanischen Werten erzogen. In unserer Welt arbeitet er
für die Regierung, in einer Spezialeinheit zur Abwehr paranormaler
Erscheinungen. Als Nachzügler der dritten Superhelden-Generation (mit Frank
Millers Batman und Alan Moores Watchmen) wiederum steht Hellboy auf einer
höheren Entwicklungsstufe als seine apokalyptischen Kollegen. Ihre
Erfahrungen als Superhelden unter Normalsterblichen hat er bereits
verinnerlicht.
So ist die Larmoyanz der von Selbstzweifeln geplagten Marvel-Helden bei
"Hellboy" nur noch ein Klischee, auf das sich der "Rote" demonstrativ eine
seiner dicken Zigarren anzündet. Del Toro nimmt sich Freiheiten, die sich
die klassischen Superhelden-Comics mit ihren notorisch humorlosen Fans kaum
leisten können.
Aber diese Freiheiten wären kläglich verschenkt, hätte del Toro sich nicht
seine unaufgeklärte Verspieltheit bewahrt. Mit Peter Jackson verbindet ihn
eine Vorliebe für bizarre Kreaturen - Hellboys Einsatzleiter ist ein
deutscher Ektoplasma-Forscher, dessen gasförmiger Aggregatszustand ihn dazu
zwingt, sich in einer Ganzkörper-Taucherglocke zu bewegen - und
handgemachte Effekte. Insbesondere Animationen und mechanische Apparaturen
verleihen "Hellboy" einen leicht anachronistischen Look. Und wie Jackson
versteht del Toro es meisterhaft, analoge und digitale Tricks miteinander
zu verbinden. In "Hellboy - Die Goldene Armee" liefert er einige
spektakuläre Kostproben seines Könnens. Die titelgebende Armee zum
Beispiel, mit der sich die Regierungsmutanten einen Showdown in einer Art
gigantischem Uhrwerk liefern. Oder ein jahrhundertealter Baumgeist, aus
dessen sterblichen Überresten del Toro mitten in Manhattan einen Wald
entstehen lässt. Es sind kontemplative Momente wie dieser, die selbst eine
Pflichtübung wie "Hellboy 2" noch von den meisten Superheldenfilmen aus
Hollywood unterscheidet.
15 Oct 2008
## AUTOREN
Andreas Busche
## TAGS
Volkszählung
Kino
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