Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Konzert von Pharrell Williams: Wellness für alle
> Der US-Künstler Pharrell Williams startete am Dienstag seine
> Deutschlandtour mit einem Auftritt in der Berliner Max-Schmeling-Halle.
Bild: Pharrell Williams in Berlin.
Bis rumpfschüttelnde Schlangenbeschwörer-Musik erklingt und Pharrell
Williams, flankiert von zwei Sängerinnen und fünf Tänzerinnen, die
Treppenstufen zur Bühne hinuntersteigt, um laszive, den Unterleib betonende
Bewegungen zu vollführen, und zwar mit Schmackes, ist gefühlt eine halbe
Ewigkeit vergangen.
Eine halbe Ewigkeit, in der sich der Geruch von Pommes-Fett mit
Körperausdünstungen zu einem interessanten Odorama verbunden hat. In der
zwei Vorbands, bar jeder Originalität, die Stimmung eher runterkochen,
statt sie anzuheizen. Umso wacher sind die zwei- bis dreitausend Zuschauer
in der Berliner Max-Schmeling-Halle, als der US-Popstar gegen 22 Uhr
erstmals zu sehen ist. Sie bekreischen jede seiner Bewegungen.
Pharrell Williams ist einer der wenigen zeitgenössischen Stars, die eine
große Fankoalition bilden und ein heterogenes Publikum anziehen: Türkische
Berlinerinnen sind in Scharen gekommen, sie tanzen sehr bald neben adrett
gekleideten Prenzlberg-Kindern mit älteren Geschwistern und Eltern,
HipHop-Fans in Basecaps, die die großen Gesten auf der Bühne ebenso
ausladend nachmachen, und schwulen Pärchen, die die Szenerie mit ihren
Handycams filmen und sich wie Bolle freuen. Jubelnd und Beifall klatschend
wird jede Anrede Pharrells frenetisch beantwortet.
„Ich muss immer Regeln brechen. Berlin, können wir heute Regeln brechen?“
Ja, brüllt das Publikum. Standesgemäß trägt Pharrell den Sheriffhut, mit
dem er auf jeder Litfaßsäule zu sehen war. Er trägt ihn so, wie einst
Indianer Cowboyhüte getragen haben: leicht verbeult. Dazu hat er Goldketten
angelegt und eine Jacke von Chanel, während die vierköpfige Band, die
Tänzerinnen und Sängerinnen mit der neuesten Adidas-Kollektion ausgestattet
sind.
Product-Placement ist Pharrell nicht fremd. Er ist geradezu vernarrt in
Mode, hat inzwischen eine eigene Marke namens „I am other“ und nennt den
Fashion-Designer Marc Jacobs als größten Einfluss. Wenn er keine Musik
macht, sitzt Pharrell bei dessen Pariser Modenschauen in der ersten Reihe.
## Bühne als Laufsteg
Am Dienstagabend stolziert der 41-Jährige über die Bühne, als sei sie ein
Laufsteg. Zwei Leinwände übertragen seine Bewegungen in Großaufnahme. Neues
Material muss ein Pharrell nicht spielen, er lässt sich für sein Werk
feiern, spielt ein Potpourri der größten Hits.
Songs aus dem im Frühjahr erschienenen Soloalbum „G I R L“, allen voran das
frenetisch beklatschte „Happy“, aber auch Songs des von ihm geleiteten
R&B-Produktionsteams N.E.R.D., Kompositionen, die er für Künstler wie Nelly
(„Hot in Herre“), Snoop Dogg („Drop it like it’s hot“) und Daft Punk …
lucky“) geschrieben oder arrangiert hat. Er müsse sich erst daran gewöhnen,
dass er nun kein Hitlieferant sei, sondern dieses Werk selbst im
Rampenlicht präsentiert, sagt Pharrell. Sein demonstrativ zur Schau
gestelltes Understatement wirkt in dieser imposanten Ansammlung von
Charthits etwas durchsichtig.
## Wie Ernie Isley, aber in dezent
Auch der Sound lässt zu wünschen übrig. Pharrells Falsettstimme liegt am
Dienstag dagegen fast immer richtig. Sie gemahnt an Michael Jackson und
Ernie Isley, Pharrell Williams setzt die Stimme allerdings weit dezenter
ein als die Vorbilder. Und außerdem: „I like my girls different.“
Getreu dem Titel seines Soloalbums inszeniert sich Pharrell als Freund von
Frauen. Zum Höhepunkt des Konzerts lässt er seinen Tänzerinnen den
Vortritt. Die fünf – Mette, Aye, Brya, Ai und Christina –, in weißen
Bademänteln, die sie dann wie vor einem Gang in die Sauna abstreifen, haben
ihren großen Auftritt und twerken in Catsuits, was die Pomuskulatur
hergibt.
Wellness für alle: Pharrell bedankt sich hernach bei jeder Tänzerin einzeln
mit einem höflichen Knicks.
18 Sep 2014
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Pharrell Williams
Berlin
HipHop
Montreux
Soul
Justin Timberlake
Justin Timberlake
## ARTIKEL ZUM THEMA
HipHop-Album von Neonschwarz: Da geht noch was
Das Debüt „Fliegende Fische“ der Band Neonschwarz ist ein feines Beispiel
für „politisch motivierten“ HipHop. Solide Partytracks findet man auch.
Musikfestival in Montreux: Die Götter des Jazz
Jazz ist aus der Mode gekommen, aber zum Festival von Montreux pilgern
Tausende. Dessen Video-Archiv ist Unesco-Weltkulturerbe.
Zum Tode von Bobby Womack: Gospel und sein Gegenteil
Seine Stimme klang noch in der heftigsten Zerknirschung einschmeichelnd.
Die Welt hat mit Womack einen der größten Soulsänger verloren.
was fehlt ...: ... Abstand
Justin Timberlake in Köln: Musterschüler der Pop-Musik
Weniger Selbstbespiegelung wäre mehr gewesen: Justin Timberlake beginnt
seine Konzertreise durch Deutschland in Köln.
„G I R L“ von Pharrell Williams: Konzeptalbum an das Feminine
Pharrell Williams steht wieder allein im Rampenlicht – endlich. Auf dem
neuen Album „G I R L“ wird jedes Date zur Party.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.