# taz.de -- „Spiegel“-Chefredakteur Büchner: Warten auf den Abgang | |
> Viele Mitarbeiter warten nur noch auf das Ende von Büchner als | |
> „Spiegel“-Chefredakteur. Aber ist der Machtkampf schon verloren für den | |
> Boss? | |
Bild: Howard Carpendale sang einst: „Fremde oder Freunde, wie wird alles sein… | |
BERLIN taz | „Er hat den Bogen endgültig überspannt“, sagt ein | |
Spiegel-Redakteur – und meint damit Wolfgang Büchners Anfang dieser Woche | |
gescheiterten Versuch, die beiden Ressortleiter Armin Mahler (Wirtschaft) | |
und Lothar Gorris (Kultur) loszuwerden. Büchner soll ihnen | |
Abfindungsangebote vorgelegt und geraten haben, doch erstmal in Urlaub zu | |
fahren. | |
Mahler und Gorris erschienen am Tag nach dem Angebot [1][auf einer | |
Redaktionskonferenz]. Klares Signal: Kein Urlaub, kein Abgang. | |
Und auch der Betriebsrat schaltete sich ein: „Mit Empörung hat der | |
Betriebsrat den Versuch des Hauses zur Kenntnis genommen, zwei | |
Ressortleiter aus ihrem Amt zu drängen“, hieß es in einem Schreiben an die | |
Spiegel-Mitarbeiter: „Abgesehen davon, dass sich die beiden Ressortleiter | |
nichts zu Schulden kommen lassen haben, gibt es für dieses Vorgehen | |
keinerlei arbeitsrechtliche Berechtigung.“ Der Betriebsrat kritisiert in | |
dem Brief, dass die Ressortleiter nicht nur ihre Funktion verlieren, | |
sondern auch das Haus verlassen sollten. „Das stellt eine neue Dimension im | |
Umgang mit Mitarbeitern dar, nämlich einen Kultur- und Tabubruch in unserem | |
Haus. Dieses Vorgehen der Chefredaktion erschreckt, zumal damit der von den | |
Gesellschaftern eingeforderte Konsens einseitig aufgekündigt wird.“ | |
Dass die beiden betroffenen Ressorts keinen offenen Brief schrieben – wie | |
es im Haus mittlerweile zum guten Protestton gehört –, sondern ihren | |
Widerspruch lediglich mündlich äußerten, werteten und werten einige | |
Redakteure im Haus als Zeichen des guten Willens: des guten Willens gegen | |
Büchner. Denn durch den Verzicht auf ein Protestschreiben (das dann schnell | |
in anderen Medien kursiert hätte) sollte lediglich nicht noch mehr Spiritus | |
auf den Grill gespritzt und der Geschäftsführung um Ove Saffe und den | |
Gesellschaftern Zeit gegeben werden, mit etwas Ruhe einen Nachfolger für | |
Büchner zu finden. | |
## Nur noch ein Wochenende Chef? | |
Montag sei der Tag an dem solche Dinge beim Spiegel passieren, sagt einer | |
der Redakteure. Soll heißen: Montag ist Büchner weg. | |
Doch muss Büchner wirklich nach diesem Wochenende gehen? Wetten will man | |
darauf zur Zeit nicht. Denn eigentlich war Büchner bereits vor vier Wochen | |
weg. Damals, kurz vor der Gesellschafterversammlung (einem Freitag!) hatte | |
die Redaktion des Print-Spiegel die Gesellschafter (Gruner+Jahr, die | |
Augstein-Erben und die Mitarbeiter KG) in einem Protestbrief dazu | |
aufgefordert, Büchners „Spiegel 3.0“-Konzept abzulehnen. Büchners Plan sah | |
unter anderem vor, alle Ressortleiter zu entmachten und die Stellen neu | |
auszuschreiben. Die neuen Chefs sollten dann für Print und Online | |
verantwortlich sein. | |
Mehr als 80 Prozent der Redakteure des Magazins unterschrieben die | |
Aufforderung. Eine Ablehnung von Büchners Konzept hätte sein Ende beim | |
Spiegel bedeutet – und wohl auch das Aus von Geschäftsführer Ove Saffe. | |
## Unterstützung durch die Onliner | |
Doch Büchner blieb. Er sollte im Konsens mit der Redaktion seine Ideen von | |
der Verzahnung von Print und Online vorantreiben, [2][ließen die | |
Gesellschafter nach ihrem Treffen verbreiten]. Die Ressortleiter von | |
Spiegel Online hatten zuvor Unterstützung geboten: „Den Plan, die | |
Ressortleitungen von Spiegel und Spiegel Online zusammenzuführen und so auf | |
Ressortebene eine echte gemeinsame Verantwortung für beide Bereiche | |
herzustellen, halten wir grundsätzlich für richtig.“ So durfte er trotz des | |
massiven Protestes aus der Printredaktion bleiben. Die Gesellschafter | |
[3][spielten auf Zeit]. | |
Doch seitdem scheint Büchner nicht weniger, sondern noch mehr Mitarbeiter | |
gegen sich aufgebracht zu haben, wie der Brief des Betriebsrats beweist. | |
Dort sitzen schließlich nicht nur Redaktions-, sondern unter anderem auch | |
Verlagsmitarbeiter. Die Abstimmung über das Protestschreiben ging 13:0 aus: | |
für Armin Mahler und Lothar Gorris – und gegen Büchner. | |
Es könnte also tatsächlich Büchners letztes Wochenende als Chefredakteur | |
des Spiegel werden. Er tut zumindest viel dafür, dass die murrenden | |
Redakteure diesmal Recht behalten. Doch wetten sollte man besser nicht | |
darauf. | |
19 Sep 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.sueddeutsche.de/medien/querelen-beim-spiegel-gezielter-angriff-1… | |
[2] http://www.spiegelgruppe.de/spiegelgruppe/home.nsf/pmwebaktuell/A60B986A678… | |
[3] /Kommentar-Spiegel-Chefredakteur-/!144684/ | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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