# taz.de -- Kommentar „Spiegel“-Chefredaktion: Der Versöhner scheitert | |
> Büchner muss gehen. Nun ist der „Spiegel“ in der Print-Online-Verzahnung | |
> wieder da angekommen, vor er schon vor eineinhalb Jahren stand. | |
Bild: Wieder auf Anfang – wobei: Die Gräben sind noch tiefer zwischen Online… | |
„Ausschlaggebend für die beabsichtigte Trennung ist wohl, dass der | |
Dauerstreit ... eine vernünftige Verzahnung von Print und Online unmöglich | |
machte.“ So steht es beim Hamburger Abendblatt. In einem Artikel vom 5. | |
April 2013 – nachdem bekannt geworden war, dass Mathias Müller von | |
Blumencron und Georg Mascolo als Chefredakteure des Spiegel gehen müssen. | |
Die Kollegen können den Satz heute – nach Wolfgang Büchners Abgang an der | |
Spitze der Redaktion – eins zu eins übernehmen. | |
Das Magazin steht wieder da, wo es vor Büchners Antritt 2013 stand. Die | |
Probleme sind die selben: Keine Strategie zur Verzahnung von gedrucktem | |
Spiegel und Spiegel Online (oder zumindest keine, die die Print-Redaktion | |
mittragen will); Print-RedakteurInnen, die deutlich privilegierter sind als | |
ihre im gleichen Haus arbeitenden OnlinekollegInnen; eine Mitarbeiter-KG, | |
Betriebsversammlungen und Konferenzen, an denen die SpOn-RedakteurInnen | |
nicht beteiligt werden. | |
Dabei trat Büchner als Versöhner an. Als einer, der Gräben zuschüttet und | |
Brücken baut. | |
Doch Büchner hatte es sich von Beginn an mit der Print-Redaktion | |
verscherzt: Erst die Inthronisierung von Bild-Mann Nikolaus Blome als | |
Haupstadtbüroleiter und die gleichzeitige Degradierung von Konstantin von | |
Hammerstein, dann die Absetzung des Vize-Chefs Martin Doerry, danach der | |
gescheiterte Versuch, die altgedienten Ressortleiter Lothar Gorris (Kultur) | |
und Armin Mahler (Wirtschaft) abzuservieren. | |
„Der Spiegel entsteht nicht durch Anordnungen oder gar einsame | |
Entscheidungen des Chefredakteurs“, sagte Büchner Anfang dieses Jahres im | |
[1][Interview mit der FAZ]. Nur scheint er diese weisen Worte kaum je | |
befolgt zu haben. Er hätte zumindest die jungen Kolleginnen und Kollegen | |
beim Spiegel hinter sich bringen müssen, mit ihnen gemeinsam gegen alte | |
Privilegien und Seilschaften kämpfen müssen. Er machte es nicht – oder | |
schaffte es nicht. So hatte er nie eine Hausmacht an der Ericusspitze. | |
## Wer kocht, wer hat zu servieren | |
Im Gegenteil: Die Print-Redaktion kämpfte am Ende mit allen Mitteln gegen | |
den ungeliebten Chef – und nahm dabei schlimmste Kollateralschäden in Kauf. | |
Dass sich die Print-Redakteure mit zwei öffentlichkeitswirksamen | |
Petitionen, die einmal 80 und ein anderes Mal gar 90 Prozent der Redakteure | |
unterschrieben, gegen die gemeinsame Führung von Print- und Onlineressorts | |
wehrten, machte nicht nur deutlich, wie wenig sie von Büchners „Spiegel | |
3.0“-Konzept hielten, sondern auch wie wenig sie von der mittleren | |
Führungsebene bei Spiegel Online halten. | |
Den Onlinern wurde ein ums andere Mal vor Augen geführt, wer hier kocht und | |
wer zu servieren hat. Sie wurden bei der hausinternen Politik ganz bewusst | |
geschnitten. Deshalb zeigten sie sich zuletzt zunehmend kämpferisch und | |
feindselig. | |
Versöhnt ist nun niemand. Die Gräben scheinen in den 15 Monaten von | |
Büchners Amtszeit nur noch tiefer und die Brücken noch wackeliger geworden | |
zu sein. Wolfgang Büchner hat am heutigen Donnerstag sein | |
[2][Twitter-Profil] geändert, „Ever tried. Ever failed. No matter. Try | |
Again. Fail again. Fail better“ schreibt er dort in Anlehnung an Samuel | |
Beckett über sich selbst: „Versucht. Gescheitert. Egal. Wieder versuchen. | |
Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Es könnte das Motto für den nächsten | |
Spiegel-Chefredakteur sein. | |
4 Dec 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/interview-mit-wolfgang-buechne… | |
[2] http://twitter.com/wbuechner | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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