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# taz.de -- Party zu 20 Jahre „Spiegel Online“: Mehr wert als ein Coffee to…
> „Spiegel Online“ feiert 20-jähriges Bestehen – mit Pathos, gespielter
> Harmonie und einem Appell für Bezahlschranken im Internet.
Bild: Das oberste Gebot des „Spiegel“-Statuts? „Du sollst nicht langweile…
HAMBURG taz | Es dürfte kein leichter Gang für Wolfgang Büchner gewesen
sein, als er am Montagabend vor die Partygäste in der Hamburger
Ericusspitze trat. Seit zwei Monaten arbeitet ein Teil der
Spiegel-Mitarbeiter an seiner Absetzung als Chefredakteur. Büchner selbst
taucht ab und ist nur noch selten im Haus zu sehen, berichten Redakteure.
Quasi im Zweiwochentakt gibt es neue Gerüchte über seinen Abgang und seine
Nachfolge. Das Neueste, was vor der Party durch das Internet ging, war,
dass Printredakteure planten, seine Rede zu stören.
Die Aufregung war ihm anzumerken. Etwas unsicher und haspelig erzählte
Büchner, wie er als Student 1988 in Hamburg erste Erfahrung mit digitalen
Mailboxen machte und daraus eine Art Nerdcommunity gründete. Büchner, der
Mann des Internets. Er sprach weiter über die DNA des Spiegels, der immer
in allem ganz vorn gewesen sei. Mit Spiegel Online ging am 25. Oktober 1994
die erste Nachrichtenwebsite – der Welt – online. Auf dieses Detail
schienen an diesem Abend mehrere Leute sehr stolz zu sein, jedenfalls
konnte man es öfter hören.
Heute aber, sagte Büchner, sei es nicht wichtig, in welchem
„Aggregatzustand“ eine Spiegel-Geschichte erscheine – Print, Online oder
bei Spiegel TV. Wichtig sei das oberste Gebot des Spiegel-Statuts: „Du
sollst nicht langweilen!“
Beim Thema „Spiegel 3.0“, jenem Konzept, das vorsieht, Print und Online
enger zu verzahnen, wurde Büchner überaus deutlich: Die gesamte
Spiegel-Redaktion müsse die Digitalisierung „endlich als gemeinsame
Herausforderung begreifen“. Es müssten alle Kräfte im Haus gebündelt
werden, um im kommenden Sommer mit „Spiegel 3.0“ ein Angebot zu schaffen,
für das der Leser gern mehr bezahle als für einen Coffee to go. Dafür sei
es notwendig, dass alle im Haus gleichberechtigt arbeiten und profitieren.
Damit begab sich Büchner auf vermintes Terrain, denn gerade die
Gleichstellung der Print- und Onlineredakteure ärgert vor allem die
Print-Abteilung, die um ihre Privilegien fürchten. Von ihnen zeigten sich
einige im Anschluss auch wenig begeistert von der Rede. Der ganze Abend sei
eine „schlimme Veranstaltung“, hieß es da etwa.
Trotzdem blieb der große Protest aus, den der Branchendienst [1][meedia.de]
mal wieder boulevardesk hochorakelt hatte. Stattdessen gab es recht
verhaltenen Applaus und einen schnellen Abgang Büchners. Jakob Augstein
twitterte anschließend, Büchners Rede sei „klug“ gewesen: „Die Zukunft
gehört Print und Online zusammen.“
## Schäuble: Ungewohnt witzig
Mehr Begeisterung flog dafür Wolfgang Schäuble entgegen, der eine ungewohnt
witzige Rede hielt. Der Finanzminister outete sich als „digital immigrant“
und kokettierte damit, dass er gar nicht so recht wüsste, was er jetzt hier
erzählen solle. Onlinejournalismus sei für ihn lediglich die Fortführung
von Print – allerdings mit für ihn zum Teil bedenklichen Methoden:
„Brauchen wir wirklich diesen Zustand der permanenten Aufgeregtheit und,
wenn ja, wie soll man ihn aushalten? Macht uns das nicht neurotisch?“ –
„Hektik erzeugt weniger Vielfalt als Monotonie“.
Mit diesen Ansichten dürfte er an diesem Abend allein gewesen sein, denn
Wesensmerkmal und Erfolgsgeschichte von Spiegel Online, da waren sich viele
einig, ist die Schnelligkeit. Viel Applaus bekam er dafür aber für seine
Feststellung, qualitativ anspruchsvoller Journalismus dürfe nicht allein
durch Werbung finanziert sein – zusammen mit Büchners „Coffee to
go“-Vergleich war das das zweite Plädoyer für Bezahlschranken im Internet.
Die Streitigkeiten im Haus brachte keiner der Redner offiziell zur Sprache.
Mussten sie auch nicht, inoffiziell waren sie sowieso Thema.
4 Nov 2014
## LINKS
[1] http://meedia.de/
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Spiegel Online
Jubiläum
Party
Wolfgang Büchner
Magazin
Online
Der Spiegel
Spiegel Online
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