# taz.de -- Kommentar Regierung in Afghanistan: Wahlergebnis ohne Zahlen | |
> Fantasievolle Afghanen: Weil keiner der Kandidaten sein Gesicht verlieren | |
> soll, werden die genauen Wahlergebnisse nicht bekannt gegeben. | |
Bild: Mehr oder weniger sind beide Sieger: die rivalisierenden Präsidentschaft… | |
Afghanistans Politiker haben wieder einmal Fantasie bewiesen: Wohl erstmals | |
in der Geschichte von Wahlen gehen solche – hier für das Amt des | |
Präsidenten – zwar mit einem Ergebnis zu Ende, dem aber keine konkreten | |
(Prozent-)Zahlen zugrunde gelegt werden. Einen offiziellen „Gewinner“ soll | |
es nicht geben und noch viel weniger einen „Verlierer“. Trotz, oder wegen, | |
erneut offensichtlicher Wahlmanipulationen will und soll diesmal niemand | |
sein Gesicht verlieren. | |
Dafür kommen beide Seiten an die Macht, in einer sogenannten Regierung der | |
nationalen Einheit. Beziehungsweise sie bleiben es, denn die sogenannte | |
Opposition hatte unter dem scheidenden Präsidenten Karsai ja schon hohe | |
Regierungsämter inne. Die unklaren Linien zwischen Regierung und Opposition | |
sind eine weitere Merkwürdigkeit afghanischer Demokratie. Das Konstrukt der | |
Einheitsregierung ist im Land deshalb durchaus umstritten, da es das | |
Wahlergebnis und damit Afghanistans schwache, eigentlich zu stärkende | |
demokratische Mechanismen und Institutionen weiter untergräbt. | |
Trotzdem ist die Einigung auch ein Erfolg, allerdings nur ein bedingter. | |
Abgewendet wurde ein Gewaltausbruch, mit dem die unterlegene Seite seit | |
Wochen drohte. Aber damit ist noch keines der zahlreichen Probleme des | |
Landes gelöst – von der systematischen Korruption und dem Krieg mit den | |
Taliban bis zum ökonomischen Abschwung in Folge des tendenziellen Abzugs | |
des Westens. Das soll die neue Einheitsregierung tun, und es fehlt auch | |
nicht an allerdings recht konturlosen Reformversprechen. | |
Wie es ein früherer UN-Sondergesandter einmal formulierte, auf Karsai und | |
seine Reformversprechen anspielend: „Das Huhn hat versprochen, demnächst | |
ein Ei zu legen.“ Nun sitzen – man verzeihe den Vergleich – zwei Hühner … | |
afghanischen Gelege. | |
22 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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