# taz.de -- FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding über Flüchtlingspolitik: �… | |
> Die FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding beklagt die geplante | |
> Unterbringung von Flüchtlingen nach dem Polizeirecht und fordert eine | |
> private Vermittlungsagentur. | |
Bild: Brauchen geeignete Unterkünfte: Flüchtlinge in Hamburg | |
taz: Frau Suding, erst ging der FDP alles zu langsam mit der Schaffung | |
neuer Flüchtlingsunterkünfte, nun, wo der Senat konsequent alle rechtlichen | |
Möglichkeiten inklusive des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) nutzt, | |
geht Ihnen alles zu schnell. Wie sollen wir das verstehen? | |
Katja Suding: Wir kritisieren die Untätigkeit der SPD-Regierung ja nicht | |
erst seit zwei Tagen, sondern schon seit zwei Jahren. Seitdem ist | |
erkennbar, dass der Senat dieses Problem nicht mit der nötigen Vehemenz | |
anpackt. Er hat das Thema schlicht verpennt. Wir wissen seit Langem, dass | |
die Flüchtlingszahlen stark ansteigen werden. Wir machen da seit Langem | |
Dampf, doch hat der Senat alles abgelehnt, ohne eigene Vorschläge zu | |
machen. Was jetzt passiert, ist die Konsequenz dieser Tiefschlafphase: Mit | |
Polizeirecht Herr des Problems werden zu wollen, schafft neue | |
unkontrollierbare Probleme. | |
Welche? | |
Das Polizeirecht lässt zu, viele Flüchtlinge in Umständen unterzubringen, | |
die dafür nicht geeignet sind. Für die Flüchtlinge besteht dadurch einfach | |
die Gefahr, nicht menschenwürdig untergebracht zu werden. So machen wir uns | |
etwa Sorgen um das Thema Brandschutz. Wenn hier Vorschriften nicht | |
eingehalten werden, ist das gerade dort, wo Menschen auf extrem engen Raum | |
zusammenleben, sehr gefährlich. Zudem müssen Maßnahmen nach dem SOG | |
befristet sein. Da haben wir Bedenken, ob das wirklich so sein wird. | |
Was bedeutet die Anwendung des SOG für die Anwohner und die Bezirke? | |
Die Bezirke werden umgangen und müssen nicht mehr beteiligt werden, die | |
Mitsprache der Anwohner wird stark eingeschränkt. Die Einbindung der | |
Menschen vor Ort aber ist zentral für den Erfolg einer Unterbringung. Wir | |
sind bei den Unterkünften auf eine breite Akzeptanz der Bevölkerung | |
angewiesen. Bislang hat es in Hamburg ein großes ehrenamtliches Engagement | |
und eine beispiellose Willkommenskultur gegeben, die so aufs Spiel gesetzt | |
wird. Wenn man die Menschen bei diesem Thema nicht mitnimmt, fallen | |
irgendwann ausländerfeindliche Ressentiments auf fruchtbaren Boden. | |
Sie vermuten, dass der Senat durch rigides Durchregieren mit dem | |
Polizeigesetz die Vorbehalte gegen die Unterbringung von Flüchtlingen | |
verstärkt? | |
Mit Sicherheit. Wenn Menschen, die sich hier ehrenamtlich engagieren, | |
mitbekommen, dass Flüchtlinge in ungeeignete Unterkünfte gesteckt werden | |
und die Nachbarschaft nicht mehr eingebunden wird, überfordert und | |
verprellt man sie. | |
Ihre Bedenken in Ehren – aber was ist die Alternative, wenn selbst bei | |
Anwendung des Polizeirechts die benötigte Anzahl an Plätzen kaum zu | |
schaffen ist. Wollen Sie Flüchtlinge im Winter in Zelte stecken? | |
Der Senat muss sich endlich Gedanken darüber machen, wie er eine private | |
Vermittlungsagentur aufbaut. Ich höre überall in der Stadt, dass Menschen | |
sagen: Wir haben Platz, wir möchten gern eine Familie aufnehmen. Mit | |
dezentraler privater Unterbringung kann man eine ganze Menge erreichen, | |
wenn man diesen Weg ernsthaft verfolgt. Zudem muss es viel schneller gehen, | |
Flächen loszueisen, die dem Bund gehören. Bürgermeister Olaf Scholz rühmt | |
sich immer seiner guten Kontakte nach Berlin – hier kann er mal beweisen, | |
was er so alles erreichen kann. Zudem muss es intensive Gespräche mit den | |
Flächenländern geben: Stadtstaaten wie Hamburg und Bremen haben aufgrund | |
ihres begrenzten Stadtgebiets einfach größere Probleme, geeignete Standorte | |
zu finden. An all diesen Stellschrauben muss kraftvoll gedreht werden. | |
Andere Vorschläge lauten: Flüchtlingsschiffe, Unterbringung in Büros und | |
Saga-Wohnungen. Gangbare Wege? | |
Das kommt immer auf die Umsetzung an. Flüchtlingsschiffe wie wir sie in den | |
90er-Jahren hatten, sind bestimmt keine gute Idee. Und es gibt sicher | |
Büroräume, die für solche Zwecke geeignet sind, andere aber sind es nicht. | |
Wir müssen uns dem Problem wachsender Flüchtlingsströme stellen. | |
Denkverbote können wir uns heute nicht mehr leisten. | |
23 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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