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# taz.de -- Schweden gegen Snowden: Kein genehmer Dissident
> Außenminister Carl Bildt interveniert gegen die Vergabe des Alternativen
> Nobelpreises an Edward Snowden. Der will dennoch nach Stockholm kommen.
Bild: Macht sich zum Ende seiner Amtszeit unbeliebt: Schwedens Außenminister C…
STOCKHOLM taz | „Kaffee und Kuchen waren schon bestellt“, berichtet Ole von
Uexküll: „Vor zehn Tagen haben wir die Preisträger bestimmt und
anschließend das Außenministerium informiert.“ Alles schien wie gewohnt zu
laufen, erzählt der Chef der Right-Livelihood-Stiftung, die jährlich die
als Alternative Nobelpreise bekannten „Right Livelihood Awards“ verleiht.
Schließlich habe man ja 18 Jahre lang „die allerbeste Zusammenarbeit“ mit
der schwedischen Regierung gehabt.
Doch diesmal war plötzlich alles anders. Zwei Tage vor dem 25. September
habe man vom Außenamt plötzlich die Mitteilung erhalten, dass für die
Stiftung in diesem Jahr nicht wie gewohnt das Pressezentrum im
Außenministerium für die Bekanntgabe der diesjährigen PreisträgerInnen
bereitstehen werde.
Offiziell wurde auf geänderte Sicherheitsbestimmungen verwiesen. Doch er
persönlich, betont von Uexküll, könne keine andere Erklärung sehen als die
Person des diesjährigen Ehrenpreisträgers: Edward Snowden. Eine Vermutung,
die wenig später vom öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehen SVT
bestätigt wurde. Außenminister Carl Bildt höchstpersönlich habe wegen
Snowden die „Alternativen Nobelpreise“ von den gewohnten Räumen
ausgesperrt.
Bildt hält sich derzeit bei den Vereinten Nationen in New York auf,
bestreitet einerseits ein persönliches Eingreifen, meint aber andererseits,
es sei doch ein „selbstverständlicher Beschluss“. Schließlich handle es
sich um einen unabhängigen Preis, mit dem die Regierung nichts zu tun habe.
Überhaupt sei es von Anfang an ein Fehler gewesen, die Bekanntgabe im
Pressezentrum der Regierung zu genehmigen.
## Kein Verständnis
Weshalb das erst nach knapp zwei Jahrzehnten und ausgerechnet angesichts
eines Preisträgers Snowden aufgefallen sei, wundert die
Right-Livelihood-Stiftung allerdings schon. Die Regierung habe ja immer
gern ihre Räume zur Verfügung gestellt, wenn es um DissidentInnen und
AktivistInnen aus Russland, China oder Dritte-Welt-Ländern gegangen sei,
sagt von Uexküll: „Wir haben den Preis an viele Menschen verliehen, die
gegen Ungerechtigkeiten in ihren Ländern gekämpft und ihre Regierungen
kritisiert haben, wenn die gegen Recht verstoßen haben. Und das ist auch
hier der Fall. Snowden ist ein Patriot, der überzeugt ist, die Verfassung
der USA zu verteidigen.“
Das Verhalten der Regierung in Stockholm trifft in Schweden bei Politikern
und Medien auf Unverständnis. „Provozierend“ findet den Beschluss der
außenpolitische Sprecher der Linkspartei Hans Linde, „bedauerlich“ der
grüne Europaparlamentarier Peter Eriksson. „Peinlich!“, kommentiert die
Tageszeitung Dagens Nyheter, und Dala-Demokraten meint, der einzige Trost
sei, dass ja auch Bildt „bald ausgesperrt wird“.
Tatsächlich absolviert der konservative Außenminister, der bereits heftig
kritisiert worden war, als er im Mai Snowden die Einladung zu einem Forum
nach Stockholm verweigerte, derzeit seine letzten Amtstage. Doch
Snowden-Kopfschmerzen dürfte auch die neue und vermutlich rot-grüne
Regierung bekommen. Der Whistleblower will nämlich laut Ole von Uexküll
nach Stockholm kommen, um seinen Preis entgegenzunehmen.
Die Preisverleihung ist für den 1. Dezember – wie üblich – im schwedischen
Reichstag geplant. Doch was passiert, wenn die USA von Schweden die
Auslieferung Snowdens verlangen oder Snowden während seines Aufenthalts
einen Asylantrag stellen sollte? Erste Appelle, ihm Asyl zu gewähren, gibt
es bereits. Und die Right-Livelihood-Stiftung hat ohne Konkretisierung
angekündigt, mögliche juristische Kosten für Snowden decken zu wollen.
25 Sep 2014
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Schweden
Edward Snowden
Alternativer Nobelpreis
Japan
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Edward Snowden
Edward Snowden
Universität Rostock
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