# taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Brasilien: Rousseff gewinnt – Silva ge… | |
> Dilma Rousseff siegt bei Präsidentschaftswahl in Brasilien, muss aber in | |
> die Stichwahl. Ex-Umweltministerin Marina Silva wird überraschend nur | |
> Dritte. | |
Bild: Hat die Stimmung in den vergangenen Wochen wieder zu ihren Gunsten gekipp… | |
RIO DE JANEIRO taz | Vorerst bleibt in Brasilien alles beim Alten. | |
Amtsinhaberin Dilma Rousseff hat die Präsidentschaftswahl mit 41,5 Prozent | |
der Stimmen klar gewonnen. Doch die erhoffte absolute Mehrheit verpasste | |
sie am Sonntag deutlich und muss sich einer Stichwahl stellen. In drei | |
Wochen wird sie gegen den konservativen Kandidaten Aécio Neves antreten, | |
für den 33,5 Prozent der gut 140 Millionen wahlberechtigten Brasilianer | |
stimmten. | |
Die Überraschung dieser Präsidentschaftswahl aber bleibt Marina Silva. Vor | |
knapp zwei Monaten war sie plötzlich in aller Munde und lag in Umfragen | |
teils deutlich vor Rousseff. Sie bekam gerade mal 21,3 Prozent der Stimmen | |
und landete abgeschlagen auf dem dritten Platz. Offenbar ist es ihr nicht | |
gelungen, ihre „neue Politik“, ihren Dritten Weg zwischen der gemäßigt | |
linken Arbeiterpartei PT und der rechten PSDB den Wählern verständlich zu | |
machen. | |
Auch Wahltaktik dürfte beim Einbruch von Marina Silva eine Rolle gespielt | |
haben: Viele hatten eher Silva zugetraut, eine Stichwahl gegen Rousseff zu | |
gewinnen, da sie anders als Neves nicht nur das reiche, weiße Brasilien | |
repräsentiert. Doch seit Tagen fiel sie in den Umfragen zurück und wurde | |
Ende vergangener Woche erstmals vom PSDB-Kandidat überholt. Wer vor allem | |
eine Wiederwahl von Rousseff verhindern wollte, setzte nun nicht mehr auf | |
Silva, sondern auf das Original der Opposition, Aécio Neves, der weit mehr | |
als die vorausgesagten 26 Prozent bekam. | |
Also erneut der Zweikampf zwischen PT und PSDB samt ihrer jeweiligen | |
Koalitionen. Erwartet wird diesmal ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem die | |
Wähler von Marina Silva entscheidend sein werden. Die Mehrheit von ihnen | |
dürfte für Neves, für den von beiden propagierten Wandel stimmen. | |
Zahlreiche werden aber Rousseff und ihr soziales Reformprojekt vorziehen. | |
Viele sind nicht bereit, die erfolgreiche Sozialpolitik der PT gegen das | |
althergebrachte PSDB-Konzept einer liberalen Wirtschaft einzutauschen. | |
## Reform des politischen Systems | |
Es ist das schlechteste Wahlergebnis für die PT seit 2002. Trotzdem sprach | |
Rousseff in einer ersten Stellungsnahme von einem „großem Wahlerfolg“. Die | |
Brasilianer „sehen in meiner Politik eine Garantie für Fortschritte“, | |
erklärte die Präsidentin. Zudem versprach sie, im Falle eines Wahlsieges | |
eine Reform des politischen Systems durchzuführen. Aécio Neves erklärte, | |
das Wahlergebnis unterstreiche „den breiten Wunsch nach Veränderungen“. Er | |
forderte alle oppositionellen Kräfte auf, „gemeinsam auf einen | |
Regierungswechsel“ hinzuarbeiten. | |
Von den acht weiteren Präsidentschafts-Kandidaten kam nur eine auf über ein | |
Prozent der Stimmen: Luciana Genro von der linken Partei PSOL. Ihre 1,6 | |
Prozent sind ein Achtungserfolg, der insbesondere ihrem beherzten Auftreten | |
in den Fernsehdebatten geschuldet ist. Sie stellte sich eindeutig gegen die | |
reaktionären Hardliner evangelikaler Parteien, die ihre Kandidaturen vor | |
allem dazu nutzen, gegen das Recht auf Abtreibung und gleichgeschlechtliche | |
Ehen zu wettern. | |
Neu gewählt wurden auch die 27 Landesregierungen, das Nationalparlament und | |
ein Drittel des Senats. Der bevölkerungsreichste Industriestaat São Paulo | |
bleibt in Händen der PSDB, der Gouverneur von Rio de Janeiro wird erst in | |
der Stichwahl zwischen zwei Rousseff-Alliierten entschieden. | |
## Romario im Senat | |
Auch einige schillernde Namen ziehen in den Senat ein: | |
Ex-Fußballweltmeister Romario gewann in Rio de Janeiro eines der begehrten | |
achtjährigen Mandate. Der einst wegen Korruption abgesetzte Ex-Präsident | |
Fernando Collor wird Senator für den verarmten Bundesstaat Alagoas im | |
Nordosten Brasilien. | |
Trotz Wahlpflicht im größten Land Lateinamerikas nahmen 19 Prozent der | |
Wahlberechtigten an dem Urnengang nicht teil. Knapp zehn Prozent enthielten | |
sich der Stimme oder wählten ungültig. Rund 400.000 Polizisten und Soldaten | |
sorgten während des Wahltages für Sicherheit. In mehreren Städten kam es zu | |
Festnahmen wegen illegaler Wahlpropaganda. Die Wahl verlief ohne größere | |
Zwischenfälle. | |
6 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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