# taz.de -- Jugendarbeitslosigkeit in Europa: Gelder schneller verteilen | |
> Fünf Millionen junge Menschen suchen in der EU einen Job. In Italien | |
> beraten die Arbeitsminister der Länder über Lösungen. Zu wenig Geld ist | |
> offenbar nicht das Problem. | |
Bild: Erster Tag als Aushilfskellnerin: Olalla Gomez, 22, in Malaga. | |
MAILAND afp/dpa | Mit einer schnelleren Vergabe bestehender | |
Milliarden-Hilfen soll Europa nach dem Willen Deutschlands gegen die hohe | |
Jugendarbeitslosigkeit vorgehen. „Wir haben genügend Geld, was aber noch | |
nicht bei den jungen Leuten angekommen ist“, sagte Arbeitsministerin Andrea | |
Nahles (SPD) am Rande des EU- Beschäftigungsgipfels am Mittwoch in Mailand. | |
„Es ist deswegen nicht sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt einfach 'mehr Geld' | |
zu schreien.“ | |
Nach einem Treffen der Arbeitsminister wollten die Staats- und | |
Regierungschefs die Lage beraten. Von den 28 Staats- und Regierungschefs | |
wollten nach Angaben aus dem Amt von Italiens Ministerpräsident Matteo | |
Renzi aber nur 15 teilnehmen. Italien hat bis zum Jahresende die | |
Ratspräsidentschaft in der EU inne. | |
Die hohe Arbeitslosigkeit – gerade unter Jugendlichen – ist in vielen | |
europäischen Ländern ein großes Problem: Allein 3,3 Millionen Menschen | |
unter 25 Jahren waren im Euro-Raum im August ohne Stelle, in der gesamten | |
EU knapp 5 Millionen. Dem Mailänder Beschäftigungsgipfel waren zwei andere | |
Spitzentreffen dieser Art vorangegangen – nun wollen die Staaten die | |
Umsetzung der bereits beschlossenen EU-Hilfsprogramme in Milliardenhöhe | |
überprüfen. | |
Dazu zählt zentral die Jugendgarantie. Sie soll Unter-25-Jährige binnen | |
vier Monaten in Praktikum, Arbeit oder Ausbildung bringen. Dafür stehen | |
sechs Milliarden Euro bereit. Bezieht man weitere Programme mit ein, ist | |
der Betrag noch höher. | |
## Strukturreformen | |
In Mailand forderte Nahles, dass die EU-Kommission die Mittel jetzt auch | |
schnell bewilligen müsse. Es gehe jetzt wirklich darum, „die Arbeit auf | |
europäischer Ebene zu effektivieren“. Zwar sei wirklich etwas in Bewegung | |
gekommen, hatte sie zuvor der Nachrichtenagentur dpa in Berlin gesagt. | |
„Aber zugegeben: Wir stehen am Anfang und die Mühlen mahlen langsam.“ Bei | |
dem Gipfel stand auch ein Treffen der Leiter der Arbeitsagenturen auf dem | |
Programm. Neben der Umsetzung bisheriger EU-Programme sollen | |
Strukturreformen im Zentrum stehen. | |
20 Staaten mit besonders großen Beschäftigungsproblemen bei Jugendlichen | |
reichten mittlerweile 34 Umsetzungsprogramme in Brüssel ein. Von der | |
Kommission bewilligt seien nunmehr 1,1 Milliarden Euro für Italien, 432 | |
Millionen Euro für Frankreich sowie Gelder für Litauen, hieß bei der | |
Bundesregierung. Die Staaten förderten damit unter anderem die | |
Arbeitsvermittlung, Beratung und Umschulung gering Qualifizierter sowie die | |
Mobilität der Betroffenen. | |
Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann forderte ebenfalls eine bessere | |
Umsetzung der Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Geld sei | |
reichlich vorhanden, würde aber nicht in die Realwirtschaft investiert, | |
zudem würden bereitgestellte Mittel nicht abgerufen, sagte Hoffmann im | |
Deutschlandfunk. „Wir haben ja mittlerweile mehr Leute, die mit der | |
Verwaltung und Kontrolle der Mittel beschäftigt sind, als Menschen, die | |
sich darum kümmern, dass Projekte auf den Weg gebracht werden.“ | |
Die deutsche Industrie forderte konkrete Schritte – auch von Italien. „Der | |
Beschäftigungsgipfel darf keine Symbolpolitik bleiben“, sagte BDI-Präsident | |
Ulrich Grillo der dpa. Jedes Land müsse sich dabei auch selbst seinen | |
Aufgaben stellen. Grillo, der am Donnerstag ein deutsch-italienisches | |
Unternehmerforum in Bozen eröffnen wird, appellierte an die Regierung in | |
Rom: „Ministerpräsident Renzi muss jetzt Kurs halten und Italien | |
wettbewerbsfähiger machen.“ | |
## Gipfel nur Werbeveranstaltung? | |
Dass die eintägige Konferenz in Italien stattfand, war kein Zufall: In dem | |
südeuropäischen Land haben 44 Prozent der jungen Leute unter 25 Jahren | |
keine Arbeit. Schlimmer ist in den 28 EU-Ländern nur die Lage in Spanien | |
und Griechenland, wo mehr als jeder zweite der Jugendlichen arbeitslos ist. | |
Die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, | |
kritisierte den Gipfel als „reine Werbeveranstaltung“ für Renzi, der sich | |
als „Macher gegen Arbeitslosigkeit“ in Szene setzen wolle. „Statt sich | |
immer wieder medienwirksam auf dem roten Teppich zu zeigen, sollten die | |
EU-Regierungen endlich konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie sie | |
gegen die Arbeitslosigkeit nicht nur von Jugendlichen vorgehen wollen“, | |
forderte Harms. Italien hat den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und die | |
Forderung nach mehr Wachstum zu Schwerpunkten seiner EU-Ratspräsidentschaft | |
in diesem Halbjahr gemacht. | |
8 Oct 2014 | |
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