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# taz.de -- IS-Prozess in Frankfurt: Angeklagter ist geständig
> Kreshnik B. sucht einen Deal mit der Bundesanwaltschaft und dem Gericht.
> In der Hoffnung auf Strafmilderung gesteht er seinen Eid auf die
> IS-Miliz.
Bild: Der Angeklagte und sein Anwalt Mutlu Günal (re.)
FRANKFURT/MAIN taz | Am dritten Prozesstag hat sich Kreshnik B. doch für
die Aussage entschieden – und damit für einen Deal mit der
Bundesanwaltschaft und dem Gericht, der ihm eine deutliche Strafmilderung
bringen kann. Selbst sprechen aber wollte der 20-Jährige Deutsche, dessen
Eltern aus dem Kosvo stammen, am Freitag Vormittag in Saal II des
Frankfurter Oberlandesgericht noch nicht.
Er ließ seinen Anwalt eine Erklärung verlesen. Darin gab er zu, nach Syrien
gereist zu sein, dort den Treueschwur auf die Terrormiliz „Islamischer
Staat“ geleistet und für diese an Kampfeinsätzen teilgenommen zu haben.
„Ich war wütend und fassungslos darüber, was in Syrien passiert und dass
keiner den Menschen dort hilft“, liest Anwalt Mutlu Günal vor. Langsam sei
der Entschluss gereift selbst einzugreifen. „In meinem Freundeskreis waren
wir uns einig, dass man etwas tun muss.“
Kreshnik B. steht seit Mitte September vor Gericht; es ist der erste
Prozess gegen einen IS-Dschihadisten in Deutschland. Die Anklage:
Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Weil B.
eine Waffenausbildung durchlaufen und sich eine Schusswaffe besorgt haben
soll, wirft der Bundesanwalt ihm auch vor, eine schwere staatsgefährdende
Gewalttat vorbereitet zu haben.
Über die Türkei sei er nach Syrien gereist und dort in einem Stützpunkt des
„Islamischen Staat im Irak und Großsyrien“ (ISIG) gelandet, der sich heute
kurz „Islamischer Staat“ (IS) nennt, heißt es in B's Erklärung. Dort habe
er einen Treueid geschworen, allerdings nicht auf ISIG selbst, sondern auf
eine Unterorganisation, was er selbst aber erst später bemerkt haben will.
Dann folgte ein zweiter Schwur – diesmal auf ISIG. „Ich habe mich damit dem
Willen von ISIG unterworfen, mich seiner Gewalt unterstellt“, liest Günal
weiter. Kreshnik B., dessen Bart wieder etwas länger geworden ist, blickt
starr nach vorn.
## Vom Kampf nichts mitbekommen
In einer Art Crashkurs sei er an Pistolen und Sturmgewehren ausgebildet
worden. Bei der ersten Operation aber, an der „tausend Kämpfer“
teilgenommen hätten, mussten er und die anderen Europäer ganz hinten
stehen. Vom Kampfgeschehen habe er fast gar nichts mitbekommen. „Die
Tschetschenen und Araber haben uns nicht viel zugetraut.“ Diese seien nicht
davon aus gegangen, „dass wir ihnen viel helfen können“. Bei zwei weiteren
Kampfeinsätzen sei es ähnlich gewesen.
In Telefongesprächen mit seiner Schwester habe er das ganze etwas
„heldenhafter“ darstellen wollen und seinen Beitrag zum Kampf „geschönt�…
Wie B. weiß, wurde das Telefon abgehört, die Mitschnitte sind wichtige
Beweismittel der Bundesanwaltschaft.
## Festnahme in Frankfurt
Als Auseinandersetzungen zwischen ISIG und anderen aufständischen Gruppen
begonnen hätten, seien ihm „Zweifel“ gekommen, heißt es in der Erklärung
weiter. „ISIG wollte alle zwingen, sich unterzuordnen.“ Er habe nicht gegen
andere Muslime kämpfen wollen, die sich gegen das Assad-Regime stellen.
„Ich wollte nach Hause, ich wollte weg. Aber ich wollte kein Verräter
sein.“
Schließlich sei er mit Hilfe seines Onkels, der bei der Freien Syrischen
Armee (FSA) gekämpft habe, in die Türkei gefahren und von dort mit seiner
Schwester weiter nach Frankfurt. Am 12. Dezember 2013 wurde er am
Frankfurter Flughafen festgenommen, ein halbes Jahr nach seiner Ausreise.
Mit seiner Einlassung hat Kreshnik B. die erste Bedingung für einen Deal
erfüllt. Am nächsten Prozesstag, am 30. Oktober, muss er sich den Fragen
der Richter und der Bundesanwälte stellen. Als Gegenleistung wollen sie die
Anklage wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat
fallen lassen, es bliebe die Mitgliedschaft in einer ausländischen
terroristischen Vereinigung und eine Jugendstrafe von maximal vier Jahren
und drei Monaten.
10 Oct 2014
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Terrorismus
„Islamischer Staat“ (IS)
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Dschihadisten
Salafisten
Schwerpunkt Syrien
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